Implantologie 11.12.2013
Präklinische und klinische Aspekte moderner Implantatsysteme
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Heutzutage existieren über 200 Implantatsysteme und auch immer mehr „Billigimplantate“ ohne jeglichen wissenschaftlichen Background versuchen sich am stark gewachsenen Markt der Implantologie zu etablieren. Jedoch sollten Merkmale wie höchste Präzision, maximale Biokompatibilität, technische Ausgereiftheit und auch ein einfaches durchdachtes Handling nicht der Theorie oder womöglich dem Zufall überlassen sein, sondern wissenschaftlich fundiert, dokumentiert und durchdacht entwickelt werden.
Um möglichst evidenzbasiert und einfach alle Indikationen der dentalen Implantologie abdecken zu können, sollten Implantate von sehr kurzer (~ 5 mm) bis ausreichend großer (~ 16 mm) Länge und reduziertem (~ 3 mm) bis groß (~ 5 mm) dimensioniertem Durchmesser im verwendeten System vorhanden sein. Somit sollte in Standardsituationen, mit ausreichendem Knochenangebot, das ausgewählte Implantat dem zu ersetzenden Zahn in Durchmesser und Länge innerhalb der genannten Range, unter Berücksichtigung der „allgemeinen Implantologieregeln“, entsprechen. Bei reduziertem Knochenangebot wird häufig durch Hartgewebsaugmentationen (z.B. Sinusbodenelevation, laterale Augmentation mit GBR, Blockaugmentation etc.) versucht, wieder eine Standardsituation mit ausreichend dimensioniertem knöchernen Implantatlager zu schaffen. Jedoch gibt es auch evidenzbasierte Möglichkeiten und Techniken, diesen Knochenaufbau, welcher häufig mit mehr Belastung für den Patienten und Aufwand verbundenen ist, zu umgehen. Beispielsweise durch stark anguliert inserierte oder kurze Implantate mit vergrößerter Oberfläche.
Ein System, welches unter all den genannten Prinzipien entwickelt und wissenschaftlich untersucht wurde, ist das F2- und F3-System (OT medical). Das OT-F2-Implantat ist ein selbstschneidendes Schraubimplantat mit doppelt geätzter Oberfläche (Abb. 1). In Kombination mit dem OT-F3-, einem konischen Press-fit-Implantat mit gesinterter dreidimensionaler Oberfläche, für die Insertion im stark atrophierten Kiefer, können alle sich bietenden Situationen gelöst werden (Abb. 2). Die gemeinsame Innenverbindung „FourByFour“ weist alle modernen Features (Platform Switch, konische Eintrittsfläche, hoch präzise Rotationssicherung, zylindrisches Gegenlager) auf und vereint die beiden Systeme zu einem umfassenden Konzept.
In einer groß angelegten Studie von Dr. Duddeck (Universität Köln) wurden über 90 verschiedene Implantate mittels Rasterelektronenmikroskop auf Oberflächentopografie (Produktionsgenauigkeit), Materialbestandteile/-verteilung (Verunreinigungen) und Elementzusammensetzung untersucht. Die beiden Implantatsysteme F2 und F3 schnitten in der Untersuchung, neben einigen anderen, am besten ab (Abb. 3 und 4). Es wurden keinerlei Produktionsungenauigkeiten oder organische Verunreinigungen festgestellt. Außerdem wurde in der Produktion nur reines Titan (Grad 4/5) verwendet. Um die Biokompatibilität mit knochenbildenden Zellen zu untersuchen, wurden in vitro SaOs-2-Zellen auf Titanplättchen mit geätzter F2- und gesinterter F3-Oberfläche für die Dauer von sieben Tagen kultiviert. Die Messung des ATP-Gehaltes, als Maß für Zellvitalität und Zellzahl, lässt Rückschlüsse im Rahmen dieses Proliferationstests auf die Biokompatibilität der untersuchten Titanoberflächen mit SaOs-2-Zellen zu. Bei adhärenten Zellen ist die Anhaftung an Oberflächen notwendig zur Proliferation (Abb. 5 und 6).
Wie im beigefügten Diagramm dargestellt, erwiesen sich beide Titanoberflächen innerhalb der ersten sieben Tage als durchaus biokompatibel für die Proliferation von SaOs-2-Zellen (Abb. 7).
Nachdem die präzise Produktion und die Biokompatibilität mit knochenbildenden Zellen nachgewiesen war, wurde im Rahmen einer tierexperimentellen Untersuchung am Hund die schnelle Osseointegration (Knochenanlagerung an Implantatoberfläche) der F2- und Osseoinkorporation (Knochenanlagerung und Knocheneinwachsen in die dreidimensionale Implantatoberfläche) der F3-Implantate gezeigt. Bereits nach zwei Wochen der gedeckten Einheilung zeigten die F2-Implantate einen BIC-Wert (Knochen-Implantat-Kontakt) von 69 % (Abb. 8 und 9). Die F3-Implantate zeigten nach acht Wochen im Hund und sechs Monate im Menschen eine vollständige Integration im Knochen und ein knöchernes Einwachsen in die gesamte dreidimensionale Oberfläche (Abb. 10 und 11). Klinisch bestätigten sich die durchweg positiven wissenschaftlichen Erkenntnisse. Die F2-Implantate zeigen vorhersehbar sehr gute Ergebnisse bei allen Indikationen. So kann von Standard- über Sofortimplantationen auch jegliche Art von Augmentationen (ein- und zweizeitig) erfolgreich durchgeführt werden (Abb. 12–17). Und auch implantologische Konzepte wie angulierte Implantate mit abgewinkelten verschraubbaren Abutments (4 plus 6-Line) sind einfach durchführbar (Abb. 18–21).
Dank des neuen Bohrprotokolls mit den weltweit ersten „parallel-konisch-parallel“ gestalteten Bohrern ist das modifizierte Tray (Abb. 22) hinsichtlich Übersichtlichkeit und Einfachheit optimal. Es gibt pro Implantatlänge und Durchmesser nur noch einen Bohrer mit abnehmbarem Tiefenstopp. Somit ist ein sicheres und zeiteffizientes Arbeiten im Alltag besser möglich.
Die kurzen F3-Implantate werden stets im kompromittierten Implantatlager inseriert. Deshalb sollte der Grundsatz gelten: je länger und je breiter das Implantat, desto besser. Entsprechend dem, was der ortsständige Knochen zulässt. Jedoch ohne simultane Verwendung von Knochenersatzmaterial. TierexperimentelleStudien haben gezeigt, dass bei einzeitigen Augmentationen mit Implantation ein erhöhtes Risiko der weichgeweblichen Einscheidung der dreidimensionalen Implantatoberfläche besteht. Im Oberkiefer erfolgt die Implantation meistens mit internem Sinuslift, welcher sich mit dem „Internal Lift Kit“ sehr kontrolliert und einfach durchführen lässt (Abb. 23–25). Abbildung 26 zeigt die Stabilität dieses minimalinvasiven Vorgehens nach einem Jahr.
Durch das Hochklopfen des Kieferhöhlenbodens mit den apikal konkaven, schneidenden Osteotomen erreicht man in der Regel einen Höhengewinn formkongruent zu den einzelnen Implantatkonturen von 1–2 mm. Ein zirkulärer Tiefenstopp verhindert ein zu tiefes Eindringen in die Kieferhöhle und somit eine Perforation der Schneider’schen Membran (Abb. 26). Zusammenfassend ist zu sagen, dass die prothetische Kompatibilität der beiden Implantatsysteme, F2 und F3, ein einfaches, durchdachtes und umfassendes Konzept darstellt. Die wissenschaftliche Evidenz und stetige Weiterentwicklung trägt mit Sicherheit zu dem Erfolg dieser noch jungen, aber bereits in über 30 Ländern der Welt im Einsatz befindlichen Systeme bei.



