Branchenmeldungen 22.09.2020

3D-Drucker speziell für die Kieferorthopädie



3D-Drucker speziell für die Kieferorthopädie

Es ist eine Tatsache, dass die Digitalisierung in der Kieferorthopädie heute schon weit fortgeschritten ist. Abrechnungen und Patientenakten sind fast überall digitalisiert, und auch in der Röntgendiagnostik ist die digitale Radiografie nicht mehr wegzudenken. Der nächste Schritt ist somit das Ersetzen der konventionellen Kieferabdrücke durch einen digitalen 3D-Scan und der Gipsmodelle in STL-Datensätze. Noch müssen diese digitalen Abdrücke zur Herstellung der kieferorthopädischen Apparaturen in physische Modelle umgewandelt werden. Aus diesem Grunde entsteht sehr schnell in jeder Praxis mit einem Intraoralscanner die Überlegung, sich einen 3D-Drucker anzuschaffen.

Der Markt der 3D-Drucker ist groß und bietet Lösungen für viele Anwendungen. Die Drucker, welche im Bereich der Kieferorthopädie angeboten wurden, sind in den meisten Fällen bestehende Systeme, die mehr oder weniger angepasst worden sind. Drucker, die nur für die Anforderungen in der Kieferorthopädie konzipiert worden sind, gibt es nur wenige, und diese Drucker beschränken sich allesamt auf den Druck mit Resin. Zudem ist für viele Kieferorthopäden das 3D-Drucken eine neue Welt mit eigenen Problemen, die meist erst nach dem Kauf eines Druckers erkannt werden. Dr. Kai Vahle-Hinz entwickelte gemeinsam mit mit World Class Orthodontics GmbH und einem deutschen 3D-Druckerhersteller den neuen OrthoCube® 3D-Drucker, der gezielt an die Bedürfnisse von KFO-Praxen angepasst ist und auf Filament als Druckmaterial setzt.

Wie kamen Sie auf die Idee, einen speziellen KFO-Drucker zu entwickeln?

Es war eigentlich ein logischer Schritt. Denn als ich für meine Praxis 2017 einen 3D-Scanner gekauft hatte, entstand nach einiger Zeit der Wunsch, selbst Modelle zu drucken. Ich habe mich daraufhin auf dem Markt umgesehen. Mir wurden zwar etliche Drucker, basierend auf SLA- und DLP-Technik angeboten, aber sie haben mich nicht überzeugt. Denn mich haben vor allem der Einsatz von Chemikalien, Umweltaspekte sowie die Nachbearbeitung der Modelle so abgeschreckt, dass ich mich über andere Drucktechniken informiert habe. Nach dieser Recherche war und bin ich der festen Überzeugung, dass die FDM-Technik die Technik der Wahl für die Kieferorthopädie ist. Leider gab es zu diesem Zeitpunkt keine für mich befriedigenden FDM-Drucker auf dem Markt, und zwar weder in Bezug auf ausreichende Präzision noch auf Standfestigkeit bei häufigem Einsatz. Das war erst einmal enttäuschend für mich, aber es hat mich auch motiviert, hierfür eine Lösung zu finden.

Wie ging es dann weiter?

Aufgrund dieses Mangels und der Enttäuschung habe ich mich daran gemacht, einen FDM-Drucker mit entsprechendem Lastenheft für die Kieferorthopädie zu entwickeln. Dazu habe ich folgende Kernpunkte definiert:

  • Vergleichbar hohe Präzision mit Modellen hergestellt aus Alginatabformungen
  • Eignung für Dauerbetrieb mit hochwertigsten Komponenten auf Industriestandard
  • Eignung für Schaumodelle, Arbeitsmodelle, Zahnkränze, Trays für indirektes Kleben
  • Autonivellierung der Druckplatte
  • Einfache Usability
  • Modulare, an die Praxis anpassbare Bauweise
  • Kein Einsatz gesundheitsgefährdender oder biologisch bedenklicher Chemie.

Dann ging es an die Umsetzung. Zunächst habe ich in Eigenregie und mit der Unterstützung technisch versierter Freunde einen Prototyp gebaut, welcher die oben genannten Anforderungen erfüllte. Die Tests in meiner Praxis verliefen sofort sehr zufriedenstellend, sodass ich zeitnah einen Produktionspartner gesucht und im süddeutschen Raum gefunden habe. Durch das Know-how des Produktionspartners im Bereich 3D-Druck konnten wir einen speziellen FDM-Drucker für die Kieferorthopädie in Kleinserie herstellen: OrthoCube – vom Kieferorthopäden für Kieferorthopäden.

Wir haben den OrthoCube so entwickelt, dass sämtliche Prozesse und Druckparameter voreingestellt sind und direkt verwendet werden können. Gerade diese Einfachheit in der Anwendung war mir wichtig, da sich nicht alle Kieferorthopäden mit dem Thema 3D-Druck in der Tiefe auseinandersetzen können und möchten. Mit dem OrthoCube kann nach einer Schulung jede Praxis problemlos Modelle, Zahnkränze oder auch Trays fürs indirekte Kleben drucken.

Warum haben Sie sich für Filament und nicht für Resin als Druckmaterial entschieden?

Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei der großen Anzahl der 3D-Drucker im dentalen Umfeld weitestgehend um Drucker mit Resin als Basis für den Druck handelt; diese Technik ist ausgereift und bietet im zahnärztlichen Bereich einige Vorteile. Allerdings ist das Anforderungsprofil in der Kieferorthopädie ein anderes. Denn in der Kieferorthopädie werden die ganzen Kiefer und nicht nur Teilbereiche benötigt, zudem ist die Anforderung an die Präzision der Modelle eine andere als in der Restaurativen Prothetik. Aus diesem Grunde ist die Verwendung der auf die Restaurative Zahnmedizin ausgelegten 3D-Drucker zwar möglich, für mich aber nicht unbedingt sinnvoll.

Die Probleme der Drucker mit Resin als Druckmaterial liegen genau in diesem Material begründet. Da bei der Verwendung gesundheitliche und biologische Schutzmaßnahmen beachtet werden müssen, arbeite ich nicht mit Resin. Während der Verarbeitung entstehen gesundheitsschädigende Dämpfe, die eine gezielte Absaugung erfordern. Auch ein Kontakt mit dem flüssigen Resin sollte unbedingt vermieden werden. Zusätzlich müssen die gedruckten Objekte mit Alkohol zum Lösen flüssiger und somit giftiger Resinbestandteile gewaschen und im Lichtofen nachgehärtet werden. Dies ist ein zusätzlicher Arbeitsschritt, und auch die Abfallprodukte, die beim Waschen anfallen, sind hochbrisant. Es besteht Feuer- und Explosionsgefahr, auch die spezielle Entsorgung der kontaminierten Abfallprodukte ist aufwendig und teuer. Das sind die Gründe, warum ich auf Resin verzichte.

In der Kieferorthopädie wird, anders als in der Restaurativen Zahnmedizin, mit Alginat als Standardabformmaterial gearbeitet. Bei Alginat liegt die durchschnittliche Präzision der Modelle im klinischen Alltag zwischen 50–100 µm. Diese Präzision wird auch mit dem Filament-Druckverfahren (FDM) erzielt – allerdings, und das schätze ich, ohne die oben genannten Nachteile. Der Vorteil der FDM-Technik ist in der Einfachheit der Technik begründet. Es gibt bei diesem Verfahren keine chemisch-biologisch bedenklichen Materialien, zudem ist keine Nachbearbeitung notwendig, und die Kosten der Druckmaterialien liegen bei lediglich circa 20 Prozent im Vergleich zu den anderen Verfahren.

Wo sehen Sie die Vorteile und Stärken des OrthoCube 3D-Druckers?

Der Vorteil des OrthoCube 3D-Druckers im Vergleich zu anderen FDM-Druckern ist, dass er gezielt für die Kieferorthopädie entwickelt und gebaut wird. Der Drucker ist für den Dauerbetrieb ausgelegt, sodass auch das notwendige Druckvolumen einer Praxis abgedeckt ist. Zudem kann durch eine Modifikation auf ein Heizbett im OrthoCube verzichtet werden. Somit entsteht während des Druckens keine Hitzeabstrahlung, der Drucker kann also überall in der Praxis aufgestellt werden – ein denkbares Brand- oder Stromschlagrisiko ist ausgeschlossen.

Durch individuelle Druckprozesse können für FDM-Drucker kurze Druckzeiten erreicht werden. Das Material zum Drucken zeichnet sich, wie alle Filamente, durch niedrige Druckkosten aus und ist biologisch abbaubar. Durch die Verwendung von hochwertigsten Bauteilen im OrthoCube und der Reduktion der Optionen auf das kieferorthopädisch Notwendige wurde ein Drucker geschaffen, der „easy to use“ ist und im Grunde kaum einem Verschleiß unterliegt. Dabei wird der Drucker in Deutschland in Kleinserie gefertigt. Diese kurzen und direkten Wege zu den Ingenieuren und der Fertigung bringen es mit sich, dass sich Änderungen oder Anregungen direkt und ohne Zeitverlust umsetzen lassen. Folglich sind auch Nachrüstungen durch Weiterentwicklungen des OrthoCube ohne großen Aufwand möglich. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass unser Vertriebspartner World Class Orthodontics/Ortho Organizers GmbH* eine umfangreiche Schulung sowie effizientes Troubleshooting bei Problemen, auch als Vor-Ort-Service, gewährleistet.

Was bedeutet die Anschaffung eines 3D-Druckers für den Praxisalltag?

Sie bringt in meinen Augen vor allem viele Vorteile. So lassen sich mit einem 3D-Drucker für die Praxis die durch den Intraoralscanner gewonnenen Daten – oder auch durch weitere Software erstellten Daten – direkt in 3D-Modelle umsetzen. Hierdurch wird nicht nur Zeit eingespart, auch die Wertschöpfungskette bleibt vollständig in der Praxis. Ich zum Beispiel nutze den 3D-Drucker aktuell zur Erstellung von Modellen für den Gutachter, für Arbeitsmodelle zur Erstellung herausnehmbarer Apparaturen, zum Drucken von Zahnkränzen zur Alignerherstellung sowie zur Erstellung von Trays fürs indirekte Kleben von Brackets. Und was in der Praxis für Aufsehen und positive Reaktionen sorgt: Der Drucker steht bei mir im Wartezimmer in einer individuell gefertigten Vitrine. Hier können die Patienten und Eltern dem Drucker bei der Arbeit zu sehen. Das schafft Vertrauen und unterstreicht die Innovationsfreude unserer Praxis.

Natürlich weiß ich, dass jeder Schritt hin zu einer weiteren Digitalisierung der Praxis eine notwendige Schulung des Personals und das Überdenken und Anpassen der Arbeitsweisen und -abläufe bedeutet. Ich kann nur alle Kollegen ermutigen, sich generell der digitalen Welt der Kieferorthopädie zu öffnen. Zugegeben, es ist zunächst mit Aufwand verbunden und man steht vor etlichen neuen Problemstellungen. Aber im Nachhinein wird man feststellen: Es lohnt sich! Wir Kieferorthopäden sollten zudem nicht die komplette Fertigung auslagern und unsere Kompetenz damit abgeben, vielmehr sollten wir uns als der Partner positionieren, der alle Arbeitsschritte in der Hand hat und somit der Garant für höchste Qualität in der Kieferorthopädie ist.

Vertrieb durch:
*World Class Orthodontics
Ortho Organizers GmbH
Lauenbühlstraße 59
88161 Lindenberg
Tel.: 08381 89095-0
info@w-c-o.de 

Der Beitrag ist in KN Kieferorthopädie Nachrichten erschienen.

Foto Teaserbild: Autor

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