Branchenmeldungen 14.02.2019
Eine Zahnarzt-Dynastie in dritter Generation ...
Eine Passion für etwas zu haben, heißt, sich einer Sache in großem Umfang und mit leidenschaftlicher Neigung hinzugeben. Genau das tut – in Bezug auf die Zahnmedizin – eine Familie seit Generationen im Münchner Großraum: Die Karlsfelder Familie Albrecht ist eine klassische Zahnarzt-Dynastie. Ob Onkel, Tante, Großvater, Vater, Mutter oder Sohn – sie alle waren oder sind Zahnärzte mit Leidenschaft. Wie das neueste Glied in der Kette, Dr. Marcus Albrecht, trotz anfänglicher Skepsis, bewusst die Tradition seiner Familie fortsetzt und das gemeinsame Arbeiten zweier Generationen unter einem Praxisdach gelingt, verrät der folgende Einblick.
Dr. Marcus Albrecht, Jahrgang 1985, ist im Januar 2014 in die Praxis seiner Eltern Dr. Irene und Dr. Heinz Albrecht in Karlsfeld eingestiegen. Dem voraus gingen das 2011 abgeschlossene Zahnmedizinstudium an der Berliner Charité und eine Assistenzzeit unter anderem in Fürstenfeldbruck, München, Tirol und Wolfenbüttel. Doch die Entscheidung, in die Fußstapfen der familiären Tradition zu treten, war nicht selbstverständlich. Ganz im Gegenteil! „Der Name Albrecht stand in Karlsfeld ja mehr oder weniger synonym mit der Zahnmedizin. Da war ich zu Kindergarten- und Schulzeiten immer der Zahnarzt-Bub und jeder meinte, zu wissen, dass auch ich eines Tages wie meine Eltern und mein Großvater in der Praxis stehen würde. Das ging mir, ehrlich gesagt, ziemlich auf die Nerven. Deshalb war für mich als Teenager klar: Ich werde alles, außer Zahnarzt! Doch dann hatte ich ein Schlüsselerlebnis, in dessen Folge mir bewusst wurde, was die Zahnmedizin, fernab von Kontrollterminen, eigentlich ist und leisten kann.“ Ein schwerer Fahrradunfall mit 15, bei dem Marcus Albrecht sämtliche Schneidezähne verliert und seinen Kieferknochen komplett zerstört, verdeutlicht dem Sohn, wie sehr der Zahnarzt-Vater ihm als Unfallpatient hilft. „Ich dachte, ich könnte nie wieder reden oder lachen. Dann folgte ein jahrelanger Prozess mit Provisorium und Knochenaufbau. Durch das eigene Erleben einer solchen Katastrophe und anschließender Versorgung verstand ich den vollen Umfang der Zahnmedizin. Und da mich die Medizin sowieso interessierte, war der Schritt nicht weit. Im Studium hat sich dann zudem gezeigt, dass mir die Zahnmedizin liegt. Das hat dann die Mischung aus Tradition und Fügung noch abgerundet.“
Obwohl sich Marcus Albrecht, auch aufgrund des erwähnten Unfalls, auf implantatgetragenen Zahnersatz und minimalinvasive Eingriffe konzentriert, bietet die Praxis mit derzeit drei Behandlern das ganze Spektrum der Zahnmedizin. Hierin liege, so Marcus Albrecht, bei allem MVZ-Zuwachs und dem fast schon überstrapazierten Trend hin zu Spezialisierungen, ein Alleinstellungsmerkmal der Karlsfelder Gemeinschaftspraxis. „Also ich brauche kein dreistöckiges Gebäude mit meinem Namen drauf. Mir reicht meine Praxis mit meinen Patienten, die uns kennen und die ich vor allem kenne. Bei uns ist kein Patient eine Nummer, wir wissen, wen wir versorgen und was eventuell schon vor Jahren gemacht wurde. Das ist für uns die beste Grundlage für eine erfolgreiche Versorgung und schafft zudem Vertrauen. Das setzt natürlich voraus, dass wir gute und präzise Arbeit leisten, und das tun wir. Und dass wir ehrlich sind. Das hat mir mein Vater und ihm wiederum sein Vater vorgelebt.
Ist der Patient oder bin ich mit einem Ergebnis nicht zufrieden, kann ich einfach sagen ‚Ich mach Ihnen das neu‘ und fertig. Das ist mein Anspruch, und in einer kleinen eigenen Praxis dann auch meine Freiheit.“ Natürlich fordere das Unternehmen Familienpraxis heraus, bringe viele Kosten, viel Verantwortung und Mehrarbeit, aber „mir macht das Drumherum Spaß“, sagt Marcus Albrecht überzeugt. „Und ich bin gerne mein eigener Chef.“ Und wie ist die Zusammenarbeit mit dem Vater? „Gut. Jeder hat seine eigenen Patienten, denn die einen wollen lieber zu ihm, die anderen lieber zu mir. Zur Zahnmedizin gehört immer auch eine zwischenmenschliche Komponente, aus der heraus Vertrauen zwischen Patient und Behandler wächst. Neben der individuellen Patientenbetreuung tauschen wir uns aber hinter den Kulissen über Fälle aus und profitieren dann von unseren jeweiligen Kenntnissen. Das ist ein großer Pluspunkt unserer Zusammenarbeit. Ich habe über die Jahre viel von meinem Vater und meinem Großvater gelernt. Das ist ein Wissen, das es zum Teil so, mit allen Spezialisierungen, heute gar nicht mehr gibt. Dafür bin ich natürlich dankbar. Besprechen wir Fälle, sind wir uns oftmals fachlich überraschend einig. Unterschiede ergeben sich meist aus Materialpräferenzen oder bestimmten Vorgehensweisen.
Und natürlich haben wir andere Arbeitsstile. Mein Großvater, mein Vater und ich – wir alle unterscheiden uns in dem, wie wir mit Patienten und dem Personal umgehen. Mein Vater hat ein anderes Verhältnis zu unserem Assistenzteam als ich, der bei mancher Mitarbeiterin noch als kleiner Junge auf dem Schoß saß. Das bringt einfach das lange Bestehen unserer Praxis mit sich.“ Gibt es in diesem interfamiliären Arbeitsgefüge dennoch Nachteile? „Nicht wirklich, vielleicht nur in der Hinsicht, dass das finale Loslassen schwererfällt. Mein Opa hat noch mit 82 Jahren behandelt. Der Abschied aus dem Beruf ist durch die enge Verbundenheit bestimmt nicht leicht. Vielleicht ist das aber schon wieder etwas Positives, dass man so lange den Beruf ausüben kann.“
© Thorsten Jochim
Herr Dr. Heinz Albrecht, welchen beruflichen Weg sind Sie gegangen?
Ich habe von 1973 bis 1978 in Köln Zahnmedizin studiert, danach meine Assistenzzeit zunächst in einer sehr stark frequentierten Landpraxis und später in der Kieferchirurgie in München bei Dr. Hochreiter absolviert. Dadurch haben sich vor allem mein Interesse und meine Freude an chirurgischer Tätigkeit entwickelt. Da mein Vater schon seit 20 Jahren eine Zahnarztpraxis in Karlsfeld führte – übrigens die erste am Ort –, war es naheliegend, dort einzusteigen. Ich kenne also die generationsübergreifende Zusammenarbeit von zwei Seiten, damals als „Junior“ und heute als „Senior“.
Wie würden Sie die Zusammenarbeit mit Ihrem Sohn beschreiben?
Obwohl mein Sohn ja schon immer Einblicke in den beruflichen Alltag unserer Praxis hatte, sich viele Gespräche in der Familie zwangsläufig um die „Zahnarzterei“ drehten, war unsere direkte Zusammenarbeit anfangs sicher etwas schwierig. Als „alter Hase“ macht man doch vieles anders als die Jungen, die oft eben einen anderen Blickwinkel haben und zum Teil auch noch mehr Idealismus. Wir versuchen aber, so viel wie möglich, gemeinsam zu lösen. Ich habe über die letzten 40 Jahre einen reichen Erfahrungsschatz angesammelt, den ich natürlich auch gerne wei tergeben möchte. Insofern ist es schön, und ich bin stolz darauf, die Praxis und damit indirekt auch meine geleistete Arbeit an mei nen Sohn und damit die dritte Generation übertragen zu können.
Welche Unterschiede in der Herangehensweise an Aufgaben in der Praxis bestehen zwischen Ihnen und Ihrem Sohn?
Fachlich sind wir uns erfreulicherweise erstaunlich einig. Mein Sohn ist natürlich noch experimentierfreudiger und Neuerungen gegenüber sehr viel aufgeschlossener. Ich arbeite lieber in bewährter und gewohnter Manier, bei der mir der Erfolg sicherer erscheint.
Welche Herausforderungen bestehen für Sie in der Führung einer eigenen Praxis? Und erleben Sie die Zusammenarbeit mit Ihrem Sohn als Erleichterung?
Die größte Herausforderung für mich besteht darin, mein Lebenswerk abzugeben. Die Führung abzugeben – vor allem wenn anders geführt wird –, ist nicht leicht. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse wurden während meiner Studienzeit weder im Studium noch in der Assistenzzeit vermittelt, und das scheint ja heute immer noch so zu sein. Daher bedeutet es eine große Erleichterung für mich, dass mein Sohn den Computer perfekt beherrscht und viele Dinge der Praxisorganisation übernimmt.
Worin liegen die Chancen der Zusammenarbeit verschiedener Generationen? Oder anders gefragt: Wer lernt von wem?
Ich denke, man lernt, wenn man sich grundsätzlich versteht, voneinander. Vieles habe ich damals von meinem Vater gelernt, vieles zeigt mir heute mein Sohn. Und ich hoffe, dass auch er der Meinung ist, dass mein Ratschlag zählt und ihn unsere Zusammenarbeit weiterbringt.
Der Beitrag ist in der dentalfresh erschienen.