Branchenmeldungen 03.11.2011

Das SSRD Nachwuchsforum begeisterte die Zuhörer

Das SSRD Nachwuchsforum begeisterte die Zuhörer

Foto: © SSRD

Einen neuen Weg wagte die SSRD mit dem Nachwuchsforum am diesjährigen Jahreskongress am 1. September in Bern.

Unter dem Titel „Wazzup“ präsentierte der wissenschaftliche Nachwuchs der vier Schweizer Kliniken für rekonstruktive Zahnmedizin der Universitäten Basel, Bern, Genf und Zürich in 20 Kurzvorträgen Schwerpunkte ihrer Arbeit. Dass dabei auch ungewöhnliche Forschungsarbeiten präsentiert wurden - wie zum Beispiel der Einfluss der dentalen Okklusion auf die Gangsicherheit -  bewies den Ideenreichtum und auch den Mut unvoreingenommen an die Arbeit zu gehen. Die Ergebnisse lösten im Plenum den einen oder anderen Aha-Effekt aus und regten zu Fragen an.

In alphabetischer Reihenfolge präsentierten sich die Zentren vorab mit einem Einblick in ihre Arbeit, wobei immer eine oder zwei Kliniken stellvertretend für das ganze Zentrum sprachen.

What’s up in Basel

Prof. Dr. Jens Türp vom UZM Basel führte durch die Präsentation und kommentierte kurz die Ergebnisse. Dr. Christina Luzi begann den Präsentationsreigen mit ihrer Arbeit über den Zusammenhang zwischen Zahnverlust und Gangsicherheit. Ihre Schlussfolgerung, gemessen auf dem Ganganalyseteppich des Mobility Centers in Basel: Abnehmbar Versorgte liefen langsamer als Patienten mit festsitzemden Zahnersatz.

Aus Patientensicht wirkt sich eine schlechte Mundgesundheit genauso auf die Lebensqualität aus, wie andere ernsthafte Erkrankungen, so das Ergebnis einer Studie: Einfluss der oralen Gesundheit auf die Lebensqualität, die PD Dr. Pedram Sendi vortrug.

Wie lange hält zum Beispiel eine Adhäsivbrücke im Durchschnitt? Diese Frage lässt sich mit Langzeitstudien beantworten oder man benutzt das Markov-Modell. Der russische Mathematiker Andrei A. Markov gilt als Begründer Wahrscheinlichkeitstheorie. Mit dem sogenannten stochastischen Markov-Prozess lassen sich zukünftige Entwicklungen auf der Grundlage des gegenwärtigen Wissens bestimmen. Dr. Dominik Mahl zeigte verblüffende Beispiele und Prof. Türp betonte, die Resultate seien keine Spielereien sondern klinisch relevant. Patienten interessieren sich für die Prognose, während für den Behandler die Diagnose im Vordergrund stehe.  

Mit den Vorträgen von Dr. Martha Galindo, die einen Spezialisierungsfall vortrug und dem Referat von Dr. Adrian Büttel, der den Team-Approach zwischen Zahnarzt und Zahntechniker bei der festsitzenden Versorgung betonte, kamen die Vertreter der ZMK Bern an die Reihe.

What’s up in Bern

Mit sieben Vorträgen präsentierten sich die ZMK Bern. Zu Beginn gab Dr. Urs Kremer einen Einblick in die Rekonstruktiven Institutionen der ZMK. Den Sinuslift bezeichnete er als sein persönliches Steckenpferd. Die Indikationen für einen Sinuslift als prothetische Indikation sieht Dr. Kremer in folgenden Fällen: Transcrestal als Indiktion für Einzelzahn und kleine Brücken, bei totaler Atrophie als prothetisches Konzept, welches weniger invasiv als augmentative Verfahren sei und eine bessere Prognose zeige, sowie beim strategischen Implantat zur Erhaltung einer minimalen Restbezahnung und Verbesserung bei abnehmbaren Prothesen.

Platform-Switching – Mythos oder Wahrheit? Dieser Frage ging Dr. Dr. Norbert Enkling nach. Seine Recherche ergab eine uneinheitliche Datenlage. Danach haben konventionelle Verbindungen und Platform-Switching ihre Indikation. Die Stabilität des krestalen Knochens sei nicht abhängig vom Platform-Switching. In seinem Ausblick kündigte er auch eine klinische Studie an, in welcher die Abdichtung der Spalträume im Implantat untersucht werden soll.

In seinem Vortrag „Geführte Implantologie ohne Totalprothetik?“ stellte Dr. Joannis Katsoulis die Frage: Wo stehen wir in der Zahnmedizin? Und präsentierte mit dem „Implantologie Homunkulus“ einen interessanten Ansatz. Die neuronalen Beziehungen zwischen den kortikalen Bereichen mit dem Gyrus präcentralis und dessen Einfluss auf die Motorik und dem Gyrus postcentralis in dem die sensorischen Felder repräsentiert sind, ermöglichen ein besseres Verständnis der Bio psychosozialen Aspekte im Hinblick auf die Möglichkeiten der virtuellen Diagnostik.

Vor- und Nachteile geklebter CAD/CAM-Verblendungen untersuchte Dr. Sybille Scheuber. Die Vorteile sind Wirtschaftlichkeit, Stabilität und die variablen Fertigungsmöglichkeiten. Als Nachteil wurde okklusale Reduktion von 1.5 bis 2 Millimeter genannt sowie das Fehlen von Langzeitdaten. Fazit: Die adhäsivtechnische Verklebung zwischen Gerüst und Verblendung darf  im Vergleich zur traditionellen Verblendtechnik als praxistauglicher Verbund gelten.

Zirkonbrücken aus aller Welt untersuchte Dr. Esther Schneebeli in einer randomisierten in vitro-Studie, die auch von der SSRD unterstützt wurde. Bei den präsentierten Daten handelte es sich um vorläufige Ergebnisse, die Studie läuft noch. Je ein Labor in der Schweiz, Türkei, Thailand und 2 Labors in China wurden mit der Herstellung eines Brückengerüstes beauftragt. (Anm. der Redaktion: Einer der in der Schweiz ansässigen Importeure wurde nicht eingeschlossen). Eines steht fest: Die Preise variieren heftig und man darf gespannt auf die endgültige Auswertung sein.

Zum Abschluss zeigten die Berner noch einen SSRD-Spezialisierungsfall, bei dem es um die komplette Sanierung eines multimorbiden Patienten ging, mit einer Hypridprothese auf vier Implantaten im OK und konservierenden Versorgung des UK.

What’s up in Genf

Die Genfer Gruppe begann mit Dr. Giovanni Garavaglia, der den Zusammenhang zwischen den physikalischen und biologischen Eigenschaften von Nitride-Oxid Beschichtungen auf Implantaten untersuchte. Die Erkenntnisse könnten für die Oberflächenbeschichtung von Implantaten wichtig sein.

Dr. Philippe Rieden präsentierte einen Fall der mit „Guided surgery“ geplant und anschliessend Vollkeramisch versorgt wurde. Die oro-faziale Beeinträchtigung nach einem Schlaganfall untersuchte Dr. Martin Schimmel. Dabei ging es aber auch um Wiederherstellung der Kau- und Lippenkraft, die stark beeinträchtigt waren.

What’s up in Zürich

Getreu dem Alphabet war Zürich der Schlussakkord vorbehalten. PD Dr. Ronald Jung begrüsste die Zuhörer im Namen des ZZM und Dr. Fidel Ruggia stellte kurz die Kliniken für Kaufunktionsstörungen und die Klinik für Kronen- und Brückenprothetik und zahnärztliche Materialkund vor. Interessant waren seine Schilderung der gemeinsamen Forschung, des Fallplanungskolloqiums, der Weiterbildung und nicht zuletzt der Interdisziplinären Periimplantitis Sprechstunde.  

Als erstes präsentierte Dr. Goran I. Benic ein retrospektive Studie „Bukkaler Knochenaufbau – fünf Jahre später“, die zeigte, dass  das Niveau des bukkalen Knochens vergleichbar ist mir den Daten aus Langzeituntersuchungen über approximale Knochenhöhe für ein- und zweiteilige Implantate.

„Perio Overdenture – ein biologischer, ästhetischer und sozialer Erfolg über 30 Jahre“, Dr. Pietro Guzzi präsentierte, die in Zürich entwickelte prothetische Gestaltung einer Prothese. Die Perio Overdenture zeitigt sehr gute biologische, funktionale und ästhetische Ergebnisse und ist eine gut voraussagbare Langzeit-Lösung zur Therapie teilbezahnter Patienten.

Dr. Karin Wolleb zeigte drei Fälle aus dem Studentenkurs, die fünf Jahre nachuntersucht wurden. Dabei ging es um Überlebens- und Komplikationsraten von Rekonstruktionen

In Ihrer Schlussfolgerung wies sie auf die hohe Überlebens- und niedrigen Komplikationsraten in einer Patientenkohorte mit guter Mundhygiene hin. Die häufigsten biologischen und technischen Komplikationen: 5 Prozent endodontischer Art und 3.9 Prozent Chipping.

Eine schwierige Aufgabe ist die Zahnbehandlung dementer Patienten. Dr. Marion Kreissl widmete sich dem Thema: Der demente Patient – in Narkose kein Problem?! Für die Praxis gilt es die 4 C zu beachten: Communication (Angst, Schmerzen, Hauptbeschwerden), Competence (Prothesenträger, orale- und Zahnersatzhygiene) Compliance (Mundhygiene, Untersuchungen, Interventionen, Consent  (gesetzliche Vertreter, informelle Zustimmung). Die Planung ist durch eine Demenz limitiert. Eine Narkose erleichtert die Behandlung, trotzdem ist eine Nutzen-Risiko-Abwägung erforderlich.

 „Vollkeramik in der Implantatprothetik“ war das Thema von Dr. Daniel Thoma und Dr. Dr. Nenad Lukic sprach als letzter Redner des Nachmittags über die „(Un)Wirksamkeit von Wurzelbehandlungen für die Therapie neuropathischer Schmerzen“. Trotz Wurzelkanalbehandlung können Schmerzen persistieren. Schmerzen verändern sich oder wandern. Es hilft dem Patienten daher wenig, Zahn um Zahn zu devitalisieren und mit Wurzelkanalfüllungen zu behandeln. Am ZZM Zürich wurde dafür eine interdisziplinäre Schmerzsprechstunde eingerichtet, die mit modernsten diagnostischen und therapeutischen Methoden arbeitet.

Der Schlussapplaus liess erkennen, dass die SSRD mit ihrem Konzept, Nachwuchswissenschaftlern der vier Universitäten eine Plattform zu bieten, von den Zuhörern gut aufgenommen wurde. Selten bietet sich die Chance während eines halben Tages einen kompakten Einblick in die Arbeit der Kliniken zu erhalten. So dankte auch PD Dr. Ronald Jung in seiner Funktion als Präsident der wissenschaftlichen Kommission der SSRD, allen Referenten für ihre Präsentationen und den Zuhörern für ihr Interesse.

www.ssrd.ch

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