Branchenmeldungen 11.06.2020

Moderner Meisterkurs mit digitalen Lehrinhalten



Moderner Meisterkurs mit digitalen Lehrinhalten

Die Meisterschule Zahntechnik in Freiburg im Breisgau knüpft mit ihrer Ausbildung an die Prozessveränderungen der Zahnmedizin und der Zahntechnik an. Seit 2014 werden in der Meistervorbereitung und den Meisterprüfungen digitale Fertigungen vorgenommen. Das Interesse an der digitalen Umsetzung wächst stetig, die immer häufigeren Einsätze und Erfolge sprechen für sich. Im Interview spricht ZTM Guido Bader, Fachbereichsleiter und Dozent der Prothetik, über den Gedanken hinter dem Kompetenzzentrum Digitale Zahntechnik, die Gewichtung digitaler Ausbildungsinhalte und die Herausforderungen, die eine moderne Berufsausbildung meistern sollte.

Herr Bader, die Meisterschule Zahntechnik in Freiburg setzt in ihrem Ausbildungskonzept verstärkt auf digitale Technologie. Welcher Grundgedanke treibt diesen Schwerpunkt in Ihrem Ausbildungsangebot an?

Die technische Entwicklung sämtlicher digitaler Komponenten im Zahntechniker-Handwerk ist bemerkenswert. Die Möglichkeit, in fast allen Bereichen der modernen Zahntechnik digitale Herstellungsformate zu wählen, ist der große Gewinn und die Chance für unseren modernen Beruf. Jede Fachfrau, jeder Fachmann sollte mit der Technologie umgehen können, wie in den Zeiten, in denen noch viel Feinmotorik und manuelle Fähigkeiten gefragt waren. Abstreifen sollten wir die handwerklichen Qualitäten jedoch nicht, schon gar nicht das umfassende Wissen darüber. Die gute Ausbildung ist in allen Bereichen unserer Branche unverzichtbar. Wenn die Bildungseinrichtungen mit dieser Entwicklung nicht mithalten, zerfallen das gute Ausbildungsniveau und damit die solide Wertigkeit unseres Berufes. Deshalb haben wir unser Bildungszentrum fit für die Gegenwart und die Zukunft gemacht – mithilfe aller Fördermaßnahmen, die sich anboten. Mit der Entwicklung des Kompetenzzentrums Digitale Zahntechnik, dessen Fördergeber Bund und Land waren und die die Förderlinien noch immer unterstützen, haben wir mit unserer Bildungseinrichtung die nötige Richtung eingeschlagen. Die Meisterausbildung ist und bleibt ein Befähigungs- nachweis von Qualität und Wissen, und dies soll auch weiterhin in unserem Handwerk so bleiben. Unsere Richtung ist klar erkennbar. Wer unsere Ausbildung kennengelernt hat, weiß, dass kaum noch Wünsche für digitale Ausbildungsformate offen sind. Die Einrichtung, die gängigen Soft- und Hardwarekomponenten sowie das Wissen der spezialisierten Dozenten sind vorhanden.

Abb.1: Benjamin Jaino und Fabienne Wischniowski, Meisterschüler im aktuellen Kurs, bereiten die Maschine Imes 450i zum Fräsen von Wachsteilen vor. © Handwerkskammer Freiburg

Was macht Ihr Ausbildungskonzept besonders?

Mit der Entwicklung des Kompetenzzentrums sind nicht nur Einrichtung, Maschinen und Software angeschafft worden. Viel aufwendiger war die Entwicklung von Kursen für diese Technologien. Hier entstand unter anderem auch der Kurs „CAD-/CAM-Fachkraft Zahntechnik“, der als anerkannter und zertifizierter Kurs in Vollzeit, aber auch in Teilzeit besucht werden kann. Die digitalen Ausbildungskomponenten machen unsere Meisteranwärter fit für das individuelle Meisterprojekt ihrer Prüfung und natürlich nicht zuletzt für die persönliche berufliche Zukunft. Nach Bekanntgabe der Prüfungsaufgabe dürfen die Meisteranwärter selbst ihren Fertigungsweg wählen und entwickeln. Kaum ein Brückenersatz wird daher noch gegossen.

Welche Inhalte vermitteln Sie genau in Ihrem Lehrgang „CAD-/ CAM-Fachkraft Zahntechnik“?

Der im Meisterkurs integrierte Fachkraftkurs besitzt diverse Schwerpunkte, die sich entsprechend ihrer Anforderungen auffächern. In den Themenbereichen werden gemäß der dynamischen Entwicklung die unterschiedlichen Softwareleistungen regelmäßig nachgebessert, also durch Updates aktualisiert. Kaum eine Woche vergeht, in der die Software keine neuen Qualitäten und Möglichkeiten bereitstellt.

Nur Übung macht den Meister. Daher stehen nicht nur das allgemeine Kennenlernen der Softwaretypen im Fokus, sondern auch der Umgang und das Training mit der Software, d. h. ein sicheres Umsetzen in den entsprechenden hochwertigen physischen Zahnersatz. Moderne Zahnmedizin und Zahntechnik bedeuten aber auch, den Workflow von der Praxis bis hin zum Laboralltag abzubilden. Der im Meisterkurs integrierte Fachkraftkurs beschäftigt sich daher auch mit Schulungen am Intraoralscanner und den technischen Möglichkeiten des Datentransfers. Die Schwerpunkte der Ausbildung liegen in den Softwarekomponenten 3Shape, exocad und hyperDENT. Damit verbunden sind die schon angesprochenen diversen Trainings- einheiten zu umfänglichen Zahnersatztypen, z. B. Implantatkonstruktionen, Brücken, Schienen, Stege, Teleskope, Modelbuilder usw. Ein weiterer Schwerpunkt besteht in der Arbeit mit CAM und der Bedienung der CNC-Technologie. Die Schüler begeben sich beim Thema Frässtrategien sowie beim Verstehen und Bearbeiten von Templates oftmals auf neues Terrain. Auch das Arbeiten mit der navigierten Implantatsoftware wird im gesamten digitalen Workflow abgebildet.

Die Fachkraft der Meister wird in einem 200-stündigen Schulungspaket gebündelt unterrichtet und mit einer freiwilligen theoretischen wie auch praktischen Prüfung abgeschlossen. Damit erhalten unsere Schüler eine zusätzliche abgeschlossene und anerkannte Ausbildung zur CAD-/CAM-Fachkraft Zahntechnik. Die Teilnahme an der Prüfung ist jedoch nicht zwingend für die weitere Meistervorbereitung und auch keine Teilnahmebedingung für die Meisterprüfung. Allein die gewonnenen Erkenntnisse der digitalen Ausbildung bilden eine Grundlage für die eigentliche Meisterprüfung bzw. die Durchführung des Meisterprüfungsprojektes. Wenn es dann auf die Zielgerade der Meisterprüfung geht, erhalten unsere Schüler eine umfängliche Grundlage, ihre Prüfungsaufgabe mit digitalen Fertigungsmethoden zu planen und umzusetzen.

Abb. 2: Übungen im 3Shape. © Handwerkskammer Freiburg

Welche Inhalte oder Themen sollten in der deutschen Berufsbildungslandschaft verstärkt Teil einer modernen Meisterausbildung sein?

Zusammenfassend ist anzumerken, dass wir mit den neuen Technologien die Herstellung von modernem Zahnersatz sicherstellen – und dies mit einer Vielzahl sehr innovativer,  biokompatibler Werkstoffe. Unser Berufsstand geht kontinuierlich diese neuen Wege, und nur diese Wege sollten wir in der Aus- und Weiterbildung weiterverfolgen. Eine moderne Ausbildung beinhaltet genau genommen die Prognose von Berufsentwicklungen und die schnelle Umsetzung neuer Lehrinhalte. Wir dürfen hierbei den Entwicklungen, die sich uns anbieten, nicht hinterherhinken. Grundlagen unserer modernen Ausbildung sind der sichere Umgang mit aktuellen Konstruktionssoftwaretypen und letztlich die Wege der Herstellungsverfahren, ob additiv oder subtraktiv. Die künstlerischen Fertigkeiten und Forderungen in unserem Handwerk lassen sich auch digital umsetzen und weiterentwickeln – eine spannende Entwicklung, wie ich finde.

Welche mittelbaren Ziele möchten Sie verwirklichen?

Die vier Aufgaben oder Teilarbeiten im Meisterprüfungsprojekt sind nach wie vor in der aktuellen Prüfungsordnung Gesetz und werden in dieser Form in allen Meisterprüfungen im Zahntechniker-Handwerk gefordert. Hier variieren jedoch die Anforderungen je nach Prüfungsausschuss oder Konzept der Schule. Dies sind im Einzelnen: die Brücke (Teilarbeit 1), der kombinierte Zahnersatz (Teilarbeit 2), die Totalprothetik (Teilarbeit 3) und die Kieferorthopädie (Teilarbeit 4). Alle Aufgaben lassen sich mehr oder weniger mit digitalen Fertigungsmethoden umsetzen. In der Totalprothetik wie auch in der Kieferorthopädie sind sicherlich noch Überlegungen anzustellen, wie diese Aufgabenstellung zu bewerten ist oder ob man noch auf analoge Techniken zurückgreift. In der Kombitechnik lassen sich Doppelkronen digital vorbereiten oder sogar ganz umsetzen. Der zeitgemäße Zahnersatz ist nicht unbedingt eine mehrfach geteilte Brücke oder eine Kombi mit diversen unterschiedlichen Halteelementen und komplexen Riegeln. Die Prüfungsordnung im Zahntechniker-Handwerk zielt mehr auf die richtige Entwicklung eines soliden und zeitgemäßen Zahnersatzes ab.

In modernen Ausbildungsplänen muss meiner Meinung nach der Schwerpunkt auf dem vom Implantat getragenen Zahnersatz liegen: Digitale Konstruktionsmöglichkeiten sind hier sehr vielfältig einsetzbar, die darauf entwickelten Suprakonstruktionen können individuellen und ästhetischen Ansprüchen voll genügen, und auch die Vollblutkeramiker kommen auf ihre Kosten. Wenn wir die Komplexität des Zirkons, also dessen ästhetische und werkstoffkundliche Wertigkeit, betrachten, hat die Dentalbranche hier viel erreicht.

Abb. 3: Elena Faißt und Jan-Hendrik Ertz, ebenfalls Meisterschüler im aktuellen Kurs, arbeiten mit exocad und stellen Brückenkonstruktionen für die OK-Front her. © Handwerkskammer Freiburg

Für die Umsetzung der vielen digitalen Lehrkonzepte ist die Ausstattung der Ausbildungsplätze mit entsprechender Software und Hardware notwendig – und nicht zuletzt gut ausgebildete Lehrkräfte.

Eine logistische Herausforderung ist und bleibt auch die gleichberechtigte Durchführung der Prüfungen. Dies ist nicht immer ganz einfach umzusetzen, da sich die Prüfungsgruppen für die Fertigungen ein entsprechendes Konzept der technischen Abwicklung ihrer Aufgaben überlegen müssen. Den Schülern stehen jedoch vier spezialisierte Fräseinheiten bereit – genug, um bei einem sauber strukturierten Workflow alle nötigen Einheiten je Prüfung abarbeiten zu können.

Herr Bader, vielen Dank für dieses interessante Gespräch!

Das Interview ist in ZT Zahntechnik Zeitung erschienen.

Foto Teaserbild: Handwerkskammer Freiburg

 

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