Branchenmeldungen 01.07.2022

FAQ #3: Keramikimplantate – eine echte Alternative zu Titan?

FAQ #3: Keramikimplantate – eine echte Alternative zu Titan?

Foto: eliahinsomnia – stock.adobe.com

Die klinische Anwendung von insbesondere zweiteiligen Keramikimplantatsystemen galt lange Zeit als nicht ausreichend dokumentiert, weshalb sich Anwender vielerorts noch immer davor scheuen, Zirkonimplantate in ihr implantologisches Versorgungsspektrum zu integrieren. Neuste wissenschaftliche Daten belegen allerdings, dass Zirkonimplantate auf der Langzeitachse einen Vorteil gegenüber anderen Implantatmaterialien haben.

Bekannt ist, dass Keramikimplantate insbesondere in ihrem transmukosalen Bereich entscheidende klinische Vorzüge bieten. Dank des weitgehend fehlenden Entzündungsreizes, den Zirkonimplantate im umliegenden Gewebe produzieren, erlauben die Oberflächen dieser chemisch inerten und besonders gewebefreundlichen Zahnimplantate, dass (abhängig von Implantatdesign und Oberflächenbearbeitung) periimplantäres Weichgewebe fest und weitgehend reizfrei an ihnen anhaftet. Neben den damit verbundenen ästhetischen Vorteilen liegt auch der immunologische Mehrwert auf der Hand. So gibt es heute fortschrittliche Zirkonimplantate, die dank einer maximierten Weichgewebsanhaftung an ihrem transmukosalen Anteil in der Lage sind, das Körperinnere gegen Angriffe von bakteriellen Erregern in der Mundhöhle regelrecht abzudichten – ein Mechanismus, der mitunter eine Grundvoraussetzung für die langfristige Vermeidung von biologischen Komplikationen wie Periimplantitis ist.

Die historisch größte Herausforderung von Zirkonimplantaten lag lange Zeit in ihrer Osseointegration. Heute ist bekannt, dass der Schlüssel zu einer zuverlässigen Osseointegration von Zirkonimplantaten mitunter in ihrer Oberflächentopographie liegt: Der enossale Oberflächenanteil von Zirkonimplantaten, der in den Knochen eingebracht wird, muss eine hohe Rautiefe aufweisen, um eine sichere Einheilung in den Knochen zu erzielen – je mikro- und makrorauer die enossale Oberfläche eines Zirkonimplantats, desto verlässlicher dessen Knocheneinheilung. So hatten Zahnimplantate aus Oxidkeramiken früherer Generationen mit weitgehend glatten Oberflächen beispielsweise mit hohen Ausfallraten während der Einheilung zu kämpfen. Mit konventionellen Oberflächenbearbeitungsverfahren war es bislang nicht möglich, eine hohe Oberflächenrautiefe von Zirkonimplantaten zu erreichen, ohne Mikrorissigkeiten im Material und somit Einbußen bei der Bruchfestigkeit des Implantats in Kauf zu nehmen. Infolge technologischer Entwicklungssprünge haben sich in jüngster Vergangenheit jedoch besonders zukunftweisende Herstellungsprozesse etabliert, die es ermöglichen, im Rahmen der Oberflächenbearbeitung eine hohe Rautiefe durch Bestrahlung zu erzeugen, ohne das Endprodukt in puncto Bruchzähigkeit und Biegefestigkeit zu kompromittieren.

Dass die Herausforderung der Osseointegration von Zirkonimplantaten dank solch fortschrittlicher Technologien erfolgreich gemeistert werden konnte, ist heute wissenschaftlich belegt. Aktuelle Studien zeigen, dass zweiteilige Zirkonimplantate hohe Überlebensraten erreichen, die mit denen von Titanimplantaten vergleichbar sind. Allerdings liegt auf der Hand, dass der Anspruch an die implantologische Zahnmedizin des 21. Jahrhunderts mit Blick auf die Erhaltung der langfristigen Patientengesundheit nicht lediglich im Erreichen hoher Überlebensraten liegen darf. Vielmehr sollte der nachweislich erreichbare Langzeiterfolg („long-term success“) einer Versorgung – nach einer Funktionsdauer von mehr als zehn Jahren – als grundlegendes Bewertungs- und Vergleichskriterium herangezogen werden. In diesem Sinne ist heute auch durch aktuelle Langzeitstudien zu zweiteiligen Zirkonimplantaten belegt, dass sich mit diesen nicht nur langzeitgesunde Weichgewebeverhältnisse (mit einer Gingivarezession von weniger als 1 mm) erreichen lassen, sondern dass auch die Stabilität der marginalen Knochenniveaus um zweiteilige Zirkonimplantate auf der Langzeitachse erhalten bleibt.

Angesichts solch überzeugender Erkenntnisse aus der Wissenschaft stellen Zirkonimplantate der neusten Generation zweifelsfrei eine langzeitfunktionelle Alternative dar, wenn es um implantatgetragenen Zahnersatz geht. Keramische Implantatsysteme sind mittlerweile langzeitdokumentiert, sie heilen dank fortschrittlicher Herstellungsprozesse komplikationslos und zuverlässig ein und sie sind – abhängig von Produkt und Hersteller – nachweislich in der Lage, die Integrität, Gesundheit und Stabilität des periimplantären Weich- und Hartgewebes langfristig zu erhalten.

Beim klinischen Einsatz von Zirkonimplantaten sind Anwender stets dazu angehalten, die Produkte, die sie verwenden, auf das Vorhandensein der notwendigen wissenschaftlichen Nachweise zu prüfen. Damit eine größtmögliche Patientensicherheit gewährleistet ist, sollten sie ausschließlich auf Medizinprodukte zurückgreifen, deren klinischer Einsatz hinreichend mit wissenschaftlichen Daten unterfüttert ist. Auch ist es ratsam, die klinischen Richtlinien und Behandlungsprotokolle der jeweiligen Herstellerfirmen strikt zu befolgen, da nur so der bestmögliche Langzeiterfolg einer Keramikimplantatversorgung garantiert werden kann.

Autor: Johannes Liebsch

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