Branchenmeldungen 26.07.2023
GOZ-Punktwert: BZÄK bereitet Verfassungsbeschwerde vor
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Antiker als antik: Auch 2023 ist der GOZ-Punktwert unverändert wie im Jahr 1988 – für viele Zahnärzte und standespolitisch Wirkende ein Skandal! Dagegen läuft die Bundeszahnärztekammer seit Jahren Sturm. Für eine faire und zeitgemäße Vergütung bereitet sie jetzt eine Verfassungsbeschwerde vor. Die Frage bleibt: Wird 2023 endlich die Wende bringen? Dr. Romy Ermler, BZÄK-Vizepräsidentin, erläutert die Verfassungsbeschwerde der BZÄK.
Theoretisch lautet der Deal mit der Politik bezüglich der zahnärztlichen Gebührenordnung (GOZ): Die Zahnärzteschaft gestaltet ihre Preise nicht frei, dafür verpflichtet sich der Verordnungsgeber, die Vergütung regelmäßig an die wirtschaftliche Entwicklung anzupassen. Soweit die Theorie. In der Praxis wissen wir leider alle, dass der Verordnungsgeber seit mittlerweile fast 35 Jahren seiner Verpflichtung zur Anpassung nicht nachkommt. Und das Bundesgesundheitsministerium macht sehr deutlich, dass es auch in absehbarer Zeit nicht bereit ist, die GOZ fachlich wie betriebswirtschaftlich an den aktuellen Stand anzupassen.
Deshalb hat sich der Vorstand der BZÄK dazu entschlossen, gemeinsam mit einem angesehenen Verfassungsrechtler eine Verfassungsbeschwerde gegen die verweigerte Anpassung des GOZ-Punktwertes vorzubereiten. Diese Entscheidung ist nicht leichtgefallen, nicht zuletzt im Hinblick auf Kosten und Aufwand der Verfassungsbeschwerde. Zudem gibt es mögliche Risiken zu berücksichtigen. Dennoch möchte die BZÄK das Bundesverfassungsgericht anrufen, weil sie es den Kollegen schuldig ist, alle Wege zu beschreiten, um die Politik zur Einsicht zu bringen. Auch wenn die Erfolgsaussichten nicht einschätzbar sind, will die BZÄK die Beschwerde vor allem als starkes Signal Richtung Politik verstanden wissen, dass sie hier ihrem Auftrag seit Jahrzehnten nicht nachkommt.
11 PfennigEin Mauerfall, eine Wiedervereinigung und eine neue Währung, neun Gesundheits minister, sieben US-Präsidenten und sogar drei Päpste hatten wir seit 1988. Geblieben ist lediglich der GOZ-Punktwert für die Bewertung privatzahnärztlicher Leistungen, der seit 1988 unverändert bei 11 Pfennig liegt. Denn seit 30 Jahren weigert sich der Gesetzgeber, diesen Punktwert in der Gebührenordnung für Zahnärzte anzupassen. (Quelle: BZÄK) |
Dabei wäre eine Anpassung des GOZ-Punktwertes angesichts hoher Energie-, Material-, Hygiene- und Digitalisierungskosten sowie einer konstant hohen Inflationsrate notwendiger denn je. Des Weiteren stehen Zahnarztpraxen auch mit großen Unternehmen und dem Öffentlichen Dienst in Konkurrenz um Personal – und können dabei oft nicht mithalten. Sie sind bei der Lohnentwicklung schlicht nicht mehr konkurrenzfähig. Durch eine GOZ-Anpassung erhielten die Praxen die notwendigen Spielräume, um Gehaltssteigerungen für ihre Mitarbeiter sowie die hohen Grundkosten zu finanzieren. Deshalb unser wiederholter Appell an den Verordnungsgeber: Kommen Sie endlich Ihrer Pflicht nach – wie es die Kollegen jeden Tag bei der Patientenversorgung tun!
Auch BDIZ EDI agiert und stellt Ultimatum an Lauterbach
Nicht nur die BZÄK, auch der Bundesverband der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa e.V. (BDIZ EDI) ist der Nichtanpassung der Gebührenordnung überdrüssig: Vor über zehn Jahren initiierte der Verband bereits eine Verfassungsbeschwerde gegen die GOZ. Derzeit wird eine Klage vor dem Verwaltungsgericht vorbereitet.
Mit einem offiziellen Schreiben Anfang Mai forderte der BDIZ EDI in Person seines Justiziars Prof. Dr. Thomas Ratajczak eine Stellungnahme von Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) hinsichtlich der Nichtanpassung des GOZ-Punktwertes seit 65 Jahren. Die Rechtsanwaltskanzlei Ratajczak & Partner aus Sindelfingen vertritt dabei sechs klagewillige Zahnärzte. Gegenstand des Schreibens ist die jahrzehntelange Nichtbeachtung der gesetzlichen Vorgaben des § 15 ZHG durch Nichtanpassung der Gebührenordnung für Zahnärzte (und damit auch der Gebührenordnung für Ärzte). Dabei hebt das Schreiben hervor, dass die Bundesregierung keine Probleme hat, die Gebührenordnung für Tierärzte regelmäßig an die Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen, zuletzt zum 1. Oktober 2022. Diese Ungleichbehandlung verletzte den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und die Berufsausübungsfreiheit der Zahnärzte (Art. 12 Abs. 1 GG). Sollte bis zum 30. Juni 2023 keine positive Antwort auf die Frage erfolgen, ob in dieser Legislaturperiode mit einer Anhebung des GOZ-Punktwertes zu rechnen sei, wird die Kanzlei Ratajczak & Partner Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin erheben.
Zu den sechs Klägern des BDIZ EDI gehören: Vorstandsmitglieder des BDIZ EDI Christian Berger, Univ.-Prof. Dr. Dr. Joachim E. Zöller, Dr. Stefan Liepe, Dr. Wolfgang Neumann sowie Dr. Michael Frank und Dr. Wilfried Beckmann. |
Quelle: BDIZ EDI
Dieser Beitrag ist in der ZWP spezial 06/2023 erschienen.