Branchenmeldungen 18.08.2021
MDR: 7 häufige Fragen zur Umsetzung in Praxis und Labor
1. Wen betrifft die MDR?
Die Pflicht zur Umsetzung liegt zum größten Teil bei der Industrie, also den Herstellern von Medizinprodukten wie beispielsweise Dental- oder Praxislaboren. Da Zahnersatz, Schienen und kieferorthopädische Geräte als Sonderanfertigungen gelten, zählen Labore als Sonderhersteller. Aber auch Zahnarztpraxen sind als Anwender davon betroffen. MDR in der Zahnarztpraxis Die MDR betrifft sowohl Praxis- und Dentallabore als auch Zahnarztpraxen. Während Zahnarztpraxen bereits seit 2016 ein Qualitätsmanagement vorweisen müssen, lag es bislang im Ermessen des Laborinhabers, ob er ein Qualitätsmanagement betreibt oder nicht. Mit der MDR werden die Praxis- und Dentallabore verpflichtet, ein Qualitätsmanagement einzuführen. Qualitätsmanagement ist dabei ein Oberbegriff, der u. a. die Bereiche Arbeits-, Betriebs- und Gerätesicherheit sowie Notfall-, Risiko- und Beschwerdemanagement und Hygiene abdeckt.
1.1 Warum gibt es die MDR?
Durch die neue EU-Medizinprodukteverordnung sollen Patient:innen durch ein internes Qualitätsmanagement vor fehlerhaften oder risikobehafteten Medizinprodukten geschützt werden. Ausschlaggebend für die neue Verordnung waren Brustimplantate, die mit Industriesilikon gefüllt waren.¹ Dieser Skandal führte zur Forderung von Experten, Materialien, die im Körper der Patient:innen verbleiben, zu deren Schutz besser zu dokumentieren.
„Zudem sollen europaweit alle medizinischen Wirtschaftsakteure und Gesundheitseinrichtungen miteinbezogen werden, die nun für den gesamten Lebenszyklus eines Medizinprodukts verantwortlich sind. Hierbei heißt es deutlich, jeder der am Wertschöpfungsprozess beteiligt ist, ist für die vor- und nachfolgende Stufe (mit-)verantwortlich“¹, so die DZW.
1.2 Wer kontrolliert die Durchführung?
Die Verordnung sieht regelmäßige stichprobenartige Überprüfungen der Dokumentation durch „Benannte Stellen“ vor. Benannte Stellen sind zur Überprüfung und zum Audit berechtigte Einrichtungen (öffentlich oder privatwirtschaftlich). Zu Strafen liegen uns derzeit noch keine endgültigen Informationen von den Innungen oder Zahnärztekammern vor.
2. Welche Materialien müssen dokumentiert werden?
Die Implementierung bzw. Überarbeitung eures Qualitätsmanagementsystems ist zwingend notwendig, um im Fall eines Audits durch eine Benannte Stelle auf der sicheren Seite zu stehen. Auch euer Risikomanagementsystem muss gut dokumentiert sein.
Besonders wichtig ist der Aspekt der Rückverfolgbarkeit; ebenso schwierig ist es aber auch, bei diesem Punkt eine klare Aussage zu treffen.
QM-Expertin Carmen Rinker sieht das Thema so: „Alle implantierbaren Medizinprodukte, die mindestens 30 Tage im Mund der Patient:innen bleiben, müssen zurückverfolgt werden können. Dazu zählt beispielsweise auch Material wie Keramikmasse, Primer und Opaker. Und auch KFO-Materialien wie Brackets, Zahnspangen und Retainer – egal ob lose oder festsitzend. Reparaturarbeiten müssen jedoch nicht dokumentiert werden, sondern lediglich Neuanfertigungen.“
Der Gesetzestext besagt an dieser Stelle: „‘Implantierbares Produkt’ bezeichnet ein Produkt, auch wenn es vollständig oder teilweise resorbiert werden soll, das dazu bestimmt ist, durch einen klinischen Eingriff
—
ganz in den menschlichen Körper eingeführt zu werden oder
—
eine Epitheloberfläche oder die Oberfläche des Auges zu ersetzen und nach dem Eingriff dort zu verbleiben. Als implantierbares Produkt gilt auch jedes Produkt, das dazu bestimmt ist, durch einen klinischen Eingriff teilweise in den menschlichen Körper eingeführt zu werden und nach dem Eingriff mindestens 30 Tage dort zu verbleiben.“²
3. Wie wird die MDR im Tagesgeschäft umgesetzt?
Das theoretische Wissen, was dokumentiert werden muss, nun umzusetzen, ist eine große Herausforderung. Je besser deine Praxis oder ein Labor von Anfang an organisiert sind, desto effizienter geht die Arbeit im Alltagsgeschäft von der Hand. Überlegt werden sollte zunächst, ob beispielsweise die Rückverfolgbarkeit von Chargen bis zu zum Patient:innen oder nur bis zur Lieferung gewährleistet wirs. Beide Varianten sind rechtskonform, gehen jedoch mit unterschiedlichem Aufwand einher.
Anforderungen für die Rückverfolgbarkeit...
...bis zum Patienten | ...bis zur Lieferung |
internes Chargenbuch mit folgenden Angaben: | internes Chargenbuch mit folgenden Angaben: |
|
|
|
|
|
|
*Grundsätzlich reicht es auch aus, die Chargennummer in einer Praxissoftware oder Akte zu vermerken, damit liegt die Verantwortung allerdings ausschließlich in der Praxis.
4. Rückruf: Was ist zu tun?
Im Rahmen des Qualitätsmanagements sollte eine Verfahrensanweisung erstellt werden, in der genau geregelt ist, wie bei einem Rückruf vorgegangen wird. Dabei kann man sich von erfahrenen Experten helfen lassen. Zusätzlich muss entweder das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder das Paul-Ehrlich-Institut benachrichtigt werden. Beide Institute sind für sämtliche Rückrufe zuständig, es ist also egal, an welches ihr euch wendet. Auch für die Kommunikation zwischen Praxis und Labor benötigt man im Schnittstellenmanagement eures Qualitätsmanagements eine klare Regelung mit Verfahrensanweisung.
5. Anfertigung neuer Arbeiten: Was wird dokumentiert?
Die gute Nachricht zuerst: Entgegen vieler Befürchtungen muss man im Labor nicht jeden einzelnen Schritt bei jeder neuen Arbeit dokumentieren. Vielmehr muss einmalig eine Verfahrensanweisung festgelegt werden, wie die Anfertigungen im Labor gemacht wird. Eine solche Verfahrensanweisung ist tatsächlich für jeden Arbeitsablauf in Praxis und Labor vonnöten.
6. Was muss in die Konformitätserklärung?
Folgende Daten müssen in der Konformitätserklärung festhalten werden:
- Hersteller (inkl. aller Adressen, falls es mehrere Standorte gibt)
- Verordnender Arzt
- Pat.-Name oder Pat.-Nummer laut Karteikarte
- Produktbezeichnung (z. B. „Einzelkrone aus Zirkon“)
- Materialien
- Charge
- CE-Kennzeichen
- Der Hinweis, dass das hergestellte Medizinprodukt ausschließlich für den bestimmten Patienten hergestellt ist
Die Chargennummer muss übrigens auch bei Fremdanfertigungen mitgeliefert werden. Die Konformitätserklärung gibt man dem Patienten mit; QM-Expertin Carmen Rinker empfiehlt außerdem, immer auch einen Scan für die Patient:innenakte anzufertigen.
7. Geht das auch mit wenig Aufwand? Ja – mit Wawibox Pro
Die Wawibox Pro ist eine Online-Materialverwaltung, die die Bestände durch einfaches Ein- und Ausscannen in Echtzeit erfasst und somit Transparenz und Kontrolle in das Lager bringt. Dank druckbarer Chargenetiketten kann man die MDR-Dokumentationspflicht ganz entspannt und modern mit wenigen Klicks erledigen. Pro Produkt lassen sich übrigens beliebig viele Chargenetiketten drucken. So muss die Charge auch bei Produkten, die häufiger in Verwendung sind, nicht jedes Mal manuell notiert werden – eine Fehlerquelle und Arbeitslast weniger. Auch Sicherheitsdatenblätter können mit einem Klick abgespeichert und von allen Geräten abgerufen werden.
Quellen
¹ https://www.dzw.de/sites/default/files/2021-04/MDR-Soforthilfe.pdf
² https://lexparency.de/eu/MDR/ART_2/
Quwllw: Wawibox