Branchenmeldungen 25.09.2025

Nachgefragt: Experten zum Thema „Digitale Implantologie“



Durch den Einsatz modernster Technologien wie 3D-Bildgebung, computergestützte Planungssysteme und präzise Bohrschablonen wird der gesamte Prozess der Implantatbehandlung effizienter, sicherer und vorhersehbarer. Diese Innovationen ermöglichen nicht nur eine höhere Genauigkeit bei der Platzierung von Implantaten, sondern verbessern auch den Patientenkomfort und verkürzen die Heilungszeit. Nachfolgend berichten Experten über diese spannende Entwicklung, die sowohl zahlreiche Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringt.

Nachgefragt: Experten zum Thema „Digitale Implantologie“

Foto: Salman – stock.adobe.com

Dr. Stefan Scherg zertifizierter Implantologe


Moderne Verfahren in der Zahnmedizin

Die digitale Implantologie stellt einen zentralen Fortschritt in der zahnärztlichen Chirurgie dar und basiert auf der Integration bildgebender Verfahren, computerunterstützter Planung und additiver Fertigungstechnologien. Das Hauptanwendungsfeld liegt in der präzisen Diagnostik, Planung und Umsetzung von dentalen Implantaten. Mithilfe von 3D-Bildgebung wie der digitalen Volumentomografie (DVT) und intraoralen Scans können anatomische Strukturen detailliert erfasst und virtuell rekonstruiert werden. Dadurch wird eine patientenindividuelle Planung ermöglicht, die sowohl funktionelle als auch ästhetische Aspekte berücksichtigt. Zu den wichtigsten Vorteilen zählen die gesteigerte Genauigkeit bei der Implantatplatzierung, die Reduktion chirurgischer Risiken sowie eine Ver- kürzung der Behandlungsdauer. Patienten profitieren von minimalinvasiven Eingriffen, beschleunigter Heilung und einer höheren Vorhersagbarkeit der Ergebnisse. Für Behandler erleichtern visuelle Planungsmodelle zudem die Kommunikation mit Patienten und Zahntechnikern. Die digitale Implantologie basiert auf mehreren Kerntechnologien: bildgebende Systeme (DVT, CT, intraorale Scanner), spezialisierte Planungssoftware, CAD/CAM-Technologien sowie 3D-Druckverfahren zur Herstellung von Bohrschablonen oder provisorischem Zahnersatz. Zudem stehen heute sowohl statische als auch dynamische Navigationssysteme zur Verfügung, die die präzise chirurgische Umsetzung der Planung im Mund ermöglichen. Diese Elemente bilden zusammen mit digitalen Bildgebungssystemen für die prothetische Phase einen geschlossenen digitalen Workflow, der Dia- gnostik, Planung und Restauration verbindet. Trotz der Vorteile bestehen relevante Herausforderungen. Dazu gehören hohe Investitionskosten für Technologie und Ausbildung, Fragen der Datensicherheit sowie die eingeschränkte Interoperabilität unterschiedlicher Systeme. Zudem bleibt die chirurgische Erfahrung des Behandlers unersetzbar, da digitale Werkzeuge nur unterstützend wirken. Schließlich sind weitere Langzeitstudien notwendig, um die Evidenzbasis der digitalen Implantologie zu festigen.

Dr. Kay Vietor Zahnarzt für Implantologie und Oralchirurgie


Was bedeutet digitale Implantologie heute?

Die Digitalisierung in vielen Bereichen der Gesellschaft schreitet schnell voran und mit vergleichbarer Geschwindigkeit entwickelt sich auch die digitale Transformation in der Implantologie. Auch wenn es noch große Unterschiede in der Akzeptanz dieser Veränderung innerhalb unserer Berufsgruppe gibt, wird die digitale Transformation in der Implantologie zügig weiter an Bedeutung gewinnen und zunehmend integraler Bestandteil der Arbeitsprozesse – von der Befunderhebung bis zur prothetischen Versorgung. Die Kombination digitalisierter Patientendaten, beispielsweise aus dem Intraoralscan und der DVT, der digitalen Implantatplanung sowie der statisch und dynamisch unterstützten Implantatchirurgie führt zu prothetisch korrekt eingesetzten Implantaten. Digitale Sofortversorgungskonzepte ergänzen dieses Spektrum. Diese Technologien bilden das „digitale Wunderland“ der Zahnmedizin. Sie sind keine Vision der Zukunft, sondern bieten bereits heute zahlreiche interessante Möglichkeiten. Bisher wurde mit digitaler Planung und deren statischer oder dynamischer Umsetzung am Patienten vor allem eine bessere Präzision bei der Implantatinsertion verbunden. Doch sollten wir uns die Frage stellen, ob es mit digitaler Planung und Ausführung nicht vielmehr darum geht, ein besseres Gesamtbehandlungsergebnis zu erzielen und Behandlungen minimalinvasiv zu ermöglichen, die vorher so nicht durchführbar waren. Nachdem lange Zeit über Workflows gesprochen wurde, die in der Praxis noch nicht wirklich existierten und die Erhebung der Daten im Vordergrund stand, wachsen die digitalen Arbeitsprozesse nun zusammen. Moderne funktionelle Cloudlösungen machen es möglich, die er- hobenen Daten effizient und sicher zu verwalten und zu teilen. Zunehmend wird auch künstliche Intelligenz in diese Prozesse integriert, um viele Abläufe in Zukunft noch effizienter zu gestalten. Die digitale Implantologie wird aus der Behandlungsstrategie der Zukunft nicht mehr wegzudenken sein und wird kurz- bis mittelfristig zum „Standard of Care“ werden.

Dr. Christian Buhtz, MSc., MSc. dentimedicum Hamburg


Effizienz, Präzision und Patientenzufriedenheit

Bereits während meines Studiums wurde an der Uni Mainz mit digitalen Planungen gearbeitet. Schon damals war ich fasziniert von den Möglichkeiten, die sich daraus ergeben konnten. Anfänglich waren digitale Techniken sehr aufwendig. Es mussten Scanschablonen aus Bariumsulfat angefertigt werden. Für die Anfertigung der 3D-Aufnahme war eine Überweisung zum CT mit der Scanschablone notwendig. Zusätzlich war die Planungssoftware mit hohen Anschaffungs- und Unterhaltskosten verbunden. So blieben solche Planungen umfangreichen Behandlungen vorbehalten. Nachdem ich 2007 mein erstes DVT angeschafft hatte, konnten die Bilder mit deutlich reduzierter Strahlendosis angefertigt werden. Auf dem Markt etablierten sich verschiedene Anbieter, was eine deutliche Kostensenkung für die Software bedeutete. Inzwischen haben wir zwei 3D-Drucker im Eigenlabor. Bohrschablonen können aus sterilisierbaren Kunststoffen gedruckt werden, sodass auch ein hygienisch einwandfreier Workflow gewährleistet ist. Auch einen Großteil der festsitzenden Prothetik stellen wir heute auf Basis eines Intraoralscans her. Für mich ist hier die Möglichkeit, Bereiche auszuschneiden und nachzuscannen, ein wesentlicher Vorteil im Vergleich zur konventionellen Abformung. Und sehr viele Patienten sind begeistert, wenn auf die Abformungen verzichtet werden kann. Digitale Techniken sind für mich aus dem Praxisalltag nicht mehr wegzudenken.

Dr. Mathias Sperlich, M.Sc. Implantologe, Freiburg im Breisgau


Effizienzsteigerung durch KI und moderne Technologien

Die digitale Implantologie ist mittlerweile in aller Munde und nicht mehr aus den einschlägigen Medien wegzudenken. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff aus unserer Sicht? Alles beginnt mit der Gewinnung digitaler Daten und den darin enthalten Informationen über den Patienten. Es erfolgt dann deren Verarbeitung in diversen Verarbeitungsprogrammen. Die Daten werden im DICOM-Format aus der DVT-Aufnahme, im STL-Format aus dem Intraoralscan (IO) und im JPG-Format aus der digitalen Fotografie generiert. Verarbeitet werden diese Datenformate dann in Smile Design – und in Implantatplanungsprogrammen. Wir arbeiten bei unseren implantologischen Behandlungen nach wie vor streng nach dem Konzept des Backward Planing von Einzelzahnversorgung bis hin zum Full Arch. Im digitalen Workflow fertigen wir hier, auf Grundlage des Smile Design, in den entsprechenden Programmen digitale Planungen an. Im Rahmen unseres „Freiburger Sofortbehandlungskonzeptes“ spielt die digitale Implantatplanung in unserer Praxis schon seit über zehn Jahren eine zentrale Rolle. Früher bestand die große Kunst darin, die Datenströme so zu lenken, dass sie einfach für alle im Behandlungsteam verfügbar waren. Dies war häufig für alle Beteiligten mühsam und zeitaufwendig. Heutzutage bieten zentrale cloudbasierte Plattformen, wie das digitale Ökosystem AXS von Straumann, die lange gesuchte Lösung. Durch diese Lösung wird den Nutzern die digitale Vernetzung untereinander einfach gemacht, eine Plattfom zum Informationsaustausch geschaffen und letztendlich die Grundlage für digitale Transaktionen gegeben. Hierdurch wird der digitale Workflow in einem hohen Maße effizient und deutlich einfacher. In den letzten Jahren hat sich die Komplexität, welche anfangs vorhanden war, deutlich reduziert. Schon heute bieten KI-Unterstützungen, beispielsweise in Implantatplanungsprogrammen, Hilfe an. So wird das Matching von DICOM- und SLT-Daten in der Software durch KI übernommen, was wiederum den Prozess beschleunigt und erleichtert. Spezielle Features wie zum Beispiel die KI gesteuerte virtuelle digitale Zahnextraktion ermöglichen es uns, Emergenzprofile nach Extraktion durch die entsprechende präoperativ gefertigte CAD/CAM-Prothetik optimal zu unterstützen und hierdurch die Schrumpfung der Gewebe im Zuge der Heilung auf ein Minimum zu reduzieren. Mit den im Workflow gewonnenen Informationen ist es dann ein leichtes, etablierte CAD/CAM-Programme zu füttern und beispielsweise präoperative Prothetik für Einzelzahnversorgungen oder Full Arch-Konzepte herzustellen. Aus der Auswertung von sogenannten Patient Reported Outcome Measurements (PROMS) wissen wir, dass die digitale Implantologie der analogen Implantologie aus Patientensicht überlegen ist. Weniger Visits, effizientere Behandlungsabläufe und hierdurch letztendlich geringere Kosten begeistern den Patienten. Hinzu kommt die Möglichkeit, mit präoperativer Prothetik Patienten in einer Sitzung zu rehabilitieren, und dies mit geringem Zeitaufwand. Wir gehen davon aus, dass sich die Digitale Implantologie weiter rasant entwickeln wird, beispielsweise durch Chairside-3D-Drucker und wei-terem Einzug von KI. Wir freuen uns auf diese Entwicklung!

Nachgefragt! Nach den wertvollen Erkenntnissen unserer Experten möchten wir Sie herzlich einladen, an einer anonymen Umfrage zum Thema „Biologisierung in der Implantologie“ teilzunehmen. Jetzt teilnehmen!

Implantologie Journal 09/25

Implantologie Journal


Dieser Beitrag ist im Implantologie Journal erschienen.

Das Implantologie Journal hat sich als eine unverzichtbare Informationsquelle für Fachleute der zahnärztlichen Implantologie etabliert. Das Themenspektrum reicht von Fachbeiträgen über aktuelle Entwicklungen in der Forschung bis hin zu Expertenmeinungen, Kongressberichten und Neuigkeiten zu den Aktivitäten der DGZI sowie Industrie. Jede Ausgabe widmet sich einem spezifischen Fokusthema, das einen Teilbereich der Implantologie vertieft.

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