Branchenmeldungen 06.06.2025

Nachgefragt: Experten zum Thema „Patienten­individuelle Konzepte in der Implantologie“



In der zahnärztlichen Implantologie gewinnen patientenindividuelle Konzepte zunehmend an Bedeutung. Von der digitalen Behandlungsplanung über individuell gefertigte Implantatkomponenten bis hin zu maßgeschneiderten prothetischen Versorgungen – moderne Technologien ermöglichen heute Lösungen, die präzise auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Patienten abgestimmt sind. Im folgenden Abschnitt geben erfahrene Implantologinnen und Implantologen Einblicke in aktuelle Entwicklungen aus der Praxis.

Nachgefragt: Experten zum Thema „Patienten­individuelle Konzepte in der Implantologie“

Foto: Clipart Collectors – stock.adobe.com

Dr. Aleksandra Bittner, MSc. Inhaberin/Zahnärztin Bittner.Dental, Dresden


Festsitzende Hybridversorgung mit minimaler Implantatzahl – In der modernen Prothetik stellt die Hybridversorgung – die Kombination von natürlichen Zähnen und Implantaten als Pfeiler – eine besonders effiziente und patientenfreundliche Möglichkeit dar, festsitzenden Zahnersatz auch in komplexen Ausgangssituationen zu realisieren. Gerade bei reduzierter Bezahnung, wo ein herausnehmbarer Zahnersatz aus konventioneller Sicht oft als alternativlos galt, eröffnen Implantate heute neue Wege für festsitzende, langfristig belastbare Versorgungen.Mit dem gezielten Einsatz einer minimalen Anzahl von Implantaten, können bestehende Zähne funktionell eingebunden und prothetisch genutzt werden. Dadurch entstehen Pfeilerverhältnisse, die eine festsitzende Versorgung ermöglichen. Das Resultat ist eine stabile, ästhetisch ansprechende Rekonstruktion, die den Patienten hohen Komfort und Lebensqualität bietet – besonders im Vergleich zu rein herausnehmbaren Prothesen.Diese Form der Versorgung ist in Fällen mit limitierter Implantatanzahl, anatomisch eingeschränkten Verhältnissen oder wirtschaftlichen Begrenzungen besonders wertvoll. Die Hybridprothetik vereint dabei die Vorteile der Implantologie mit dem Erhalt natürlicher Zähne, was biologische, funktionelle und psychologische Vorteile bietet. Dank moderner Planungssoftware, digitaler Abformung und CAD/CAM-gefertigter Suprakonstruktionen lässt sich diese anspruchsvolle Versorgung präzise und effizient umsetzen. Die Hybridversorgung ist damit eine zukunftsorientierte Therapieoption – patientenindividuell, wirtschaftlich und nachhaltig – und verdient mehr Aufmerksamkeit in der implantatprothetischen Praxis.

Marcus Bilek, Zahntechniker, Geschäftsführer Slomski Zahntechnik GmbH


Zahntechnik im Zentrum moderner Versorgungsqualität – Die zunehmende Individualisierung in der Zahnmedizin eröffnet für das zahntechnische Handwerk herausragende Chancen: Patienten-individuelle Konzepte stehen heute für eine integrative Versorgungsphilosophie, in der Zahnarzt und Zahntechniker gemeinsam maßgeschneiderte, funktionelle und ästhetisch anspruchsvolle Lösungen entwickeln. Gerade in den letzten fünf Jahren hat sich die Zusammenarbeit entscheidend weiterentwickelt – digitale Technologien, neue Werkstoffe und strukturierte Kommunikationsprozesse ermöglichen eine nie dagewesene Präzision und Effizienz. Für die Zahntechnik bedeutet dies eine Stärkung ihrer Kernkompetenzen: Analyse komplexer funktioneller Zusammenhänge, gestalterische Individualisierung unter ästhetischen Gesichtspunkten und materialtechnische Expertise bilden das Fundament hochwertiger Patientenlösungen. Gleichzeitig wächst die Rolle des Zahntechnikers als interdisziplinärer Planungspartner. Frühzeitiger fachlicher Input – etwa bei implantatgetragenen Rekonstruktionen oder funktionellen Rehabilitationen – steigert nicht nur die Qualität des Endergebnisses, sondern auch die Prozesssicherheit für das gesamte Behandlungsteam. Gerade in einer Zeit, in der zahnärztliche Ausbildungen zunehmend digitale Verfahren fokussieren, ergänzt das zahntechnische Know-how den klinischen Blick durch material- und verarbeitungsspezifisches Detailwissen. Diese Synergie eröffnet neue Versorgungsmodelle – etwa im Bereich digitaler Mock-ups, individualisierter CAD/CAM-Prozesse oder ästhetisch-funktioneller Prototypen. Das Ergebnis ist ein klarer Mehrwert für alle Beteiligten: Für den Zahnarzt ein verlässlicher Partner in Planung und Umsetzung, für den Patienten eine Lösung, die in Funktion, Passung und Erscheinung höchsten Ansprüchen gerecht wird, und für den Zahntechniker eine Rolle als aktiver Mitgestalter einer innovativen, patientenorientierten Zahnmedizin. In diesem Dreiklang liegt die Zukunft einer exzellenten Versorgungskultur.

Dr. Christian Ortmeier, Zahnarzt, Praxis Landau an der Isar


Indikationsgerechte Planung und Umsetzung – Standardlösungen scheiden in der Zahnmedizin als integraler Bestandteil der Medizin wegen der Individualität unseres Patientengutes aus. Die Bandbreite der implantologisch zu versorgenden Patienten reicht vom Einzelzahnimplantat nach Frontzahntrauma bis zur Versorgung des zahnlosen Kiefers mit ausgeprägter Atrophie. Es ist ein großer Unterschied, ob ein zahnloser hochbetagter Patient mit ASA-Klasse 2–3 und entsprechender Polypharmazie behandelt werden soll oder ein im Berufsleben stehender Patient mit einer Lücke im Bereich der oberen Frontzähne. Im ersten Fall bietet sich eine rasch und mit geringem chirurgischem Aufwand zu realisierende Hybridkonstruktion an, die aber durchaus für dieses Patientenkollektiv eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität bewirkt. Im zweiten Beispiel können natürlich alle Mittel der digitalen Behandlungsplanung und -durchführung genutzt werden. Dies beginnt bei der Planung mit Schablone und Nutzung einer 3D-Aufnahme und setzt sich fort mit einer vollgeführten Implantatinsertion und einem scanbaren anatomischen Gingivaformer. Dieser Datensatz kann dann im Labor zur Herstellung einer labial verblendeten Zirkonoxidkrone auf Hybridaufbau verwandt werden. Eine entsprechende Abstimmung und das Vorhandensein einer passenden Schnittstelle im zahntechnischen Labor ist natürlich eine „conditio sine qua non“. Vor einer unkritischen Anwendung all dieser aufwendigen und auch teuren Möglichkeiten kann aber nur gewarnt werden. Einfache Situationen wie Schaltlücken können durchaus ohne diese Technik ästhetisch hochwertig versorgt werden. Patientenindividuell sollten auch die zahntechnische Ausführung, egal ob festsitzend oder abnehmbar, geplant und besprochen werden. Nicht jeder Patient wünscht bei seiner Neuversorgung die Darstellung von Füllungen bzw. von Dreh- und Engständen. Entsprechende zahntechnische Lösungen mit individualisierter Gingiva und mit Malfarben führen aber zu hochästhetischen Ergebnissen.

Dr. Christoph Blum, Fachzahnarzt für Oralchirurgie, Praxis Bad Ems


Satt und warm – und damit häufig vergessen – Über fünf Millionen Menschen in Deutschland sind im Alter, wegen Erkrankungen oder aufgrund von Behinderungen auf Pflege angewiesen, aber nur ein Teil ist in stationären Einrichtungen untergebracht. Eine große Vielzahl dieser pflegebedürftigen Menschen lebt aber zu Hause, in Wohngemeinschaften und wird von Angehörigen und ambulanten Pflegediensten versorgt. Damit sind ein paar der Grundbedürfnisse wie Wärme und Essen abgedeckt, aber einige andere, wie die Gesunderhaltung oder Wiederherstellung verloren gegangener Fähigkeiten, gestalten sich oft viel mühsamer bis unerreichbar. Dabei trägt die Oralmedizin in erheblichem Maße zur gesamten Gesundheit und Gesunderhaltung bei. Karies, Parodontitis und Co. haben neben gesellschaftlichen Einschränkungen und Verlust von Lebensqualität beim Essen auch ganz banale Auswirkungen auf die Endokrinologie und das Immunsystem.

Wenn aber der Mensch aufgrund körperlicher, geistiger oder sozialmedizinischer Gründe den Weg zum Zahnarzt nicht mehr bewältigen kann, muss es unsere zahnärztliche Pflicht sein, diesen Menschen entgegenzukommen.

Mit ein wenig Kreativität und gar nicht mal so viel finanziellem Aufwand lassen sich vor Ort schon viele Maßnahmen wie Zahnsteinentfernung oder auch Extraktionen nicht erhaltbarer Zähne zur Reduktion von Keimnischen und Entzündungen umsetzen. Aber auch durch Prothesenreparaturen, Erweiterungen oder Neuanfertigungen wird im hohen Maße die Lebensqualität durch Wiederherstellung der Funktion verbessert. Im Praxisteam, mit Fachkollegen anderer Fachbereiche und etwas mehr Engagement und Aufwand kann das aufsuchende Konzept letztlich auch bis zur Maximalversorgung multimorbider oder hoch dementer/abwehrender Patienten in Sedierung oder Narkose vor Ort weiter aus- und aufgebaut werden. Diese Tätigkeit der Vorort-Versorgung bedürftiger Mitmenschen ist dabei nicht nur finanziell gut auskömmlich gestaltbar, sondern gibt auch dem Team eine hohe Wertschätzung und Zufriedenheit in der Tätigkeit zurück.

Nachgefragt! Nach den wertvollen Erkenntnissen unserer Experten möchten wir Sie herzlich einladen, an einer anonymen Umfrage zum Thema „Patientenindividuelle Konzepte“ teilzunehmen. Ziel der Umfrage ist es, ein Verständnis für aktuelle Ansätze und Herausforderungen im Bereich der patientenindividuellen Konzepte in der Implantologie zu erhalten. Wir bedanken uns für Ihre Teilnahme! Jetzt teilnehmen!

Dieser Beitrag ist im IJ Implantologie Journal erschienen.

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