Branchenmeldungen 16.07.2014

paroknowledge© 2014 Fachnachlese



paroknowledge© 2014 Fachnachlese

Foto: © OEMUS MEDIA AG

450 TeilnehmerInnen kamen vom 05. bis 07. Juni 2014 zu den 22. Parodontologie Experten Tagen der ÖGP nach Kitzbühel, um sich unter dem Motto „lernen-wissen-anwenden“ aktuelles Praxiswissen anzueignen und neuste Erkenntnisse über die Volkskrankheit Parodontitis mit ReferentInnen, KollegInnen und der Industrie auszutauschen.

Im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Programms standen dieses Jahr Prof. Dr. Peter Eickholz und sein Team aus Frankfurt am Main, die ihr ganzheitliches parodontologisches Behandlungskonzept unter dem Namen „Parodontologie von A–Z“ an beiden Vortragstagen im wissenschaftlichen Hauptprogramm für ZahnärztInnen und Prophylaxeassistentinnen (PAss) sowie in den Workshops am Donnerstag präsentierten.

Impressionen aus Kitzbühel

Praxis-Workshops für Fachdisziplinen

Am Donnerstag startete die paroknowledge© mit dem bewährten Workshoptag für ZahnärztInnen, PAss/ZAss und das Praxisteam. Vom Hands-On-Kurs am Schweinekiefer, über Debridement mit Handinstrumenten (DH van der Lans), Ultraschall (Dr. Mayr, Cornelia Bernhardt), motivierende Gesprächsführung (Dr. Wölber) bis zur problemorientierten Therapieplanung (Prof. Dr. Eickholz, Dr. Schacher) oder Fotografie (R. Simon) wurde für jeden Geschmack ein Workshop geboten. 

Im Workshop „Regenerative Parodontaltherapie“ wiesen Dr. Åslund und PD Dr. Kapferer-Seebacher deutlich darauf hin, dass ein parodontal-chirurgischer Eingriff erst nach erfolgreich durchgeführter Basistherapie (Plaque- und Blutungswerte unter 20%) und Behandlung systemischer Faktoren (Rauchen, Diabetes) durchgeführt werden soll. Zudem betonten sie die Bedeutung der präoperativen Aufklärung über Inhaltsstoffe regenerativer Materialien, mögliche Allergien mit Kollagenen und die Wichtigkeit der häuslichen Mundhygiene. Postoperativ darf der regelmäßige Recall nicht außer Acht gelassen werden.

Im Workshop „Weichgewebemanagement um Implantate – Zeitgemäße Konzepte für biologische-ästhetische Langzeiterfolge“ stellte Dr. Zuhr Konzepte zur Schaffung einer funktionell und ästhetisch stabilen Weichgewebsarchitektur um Implantate und natürliche Zähne vor. Diese basieren auf chirurgischen und mikro-chirurgischen Vorgangsweisen unter Verwendung autologer Bindegewebstransplantate. Autologe Transplantate scheinen dabei vorteilhafter als Transplantate azellulärer, dermaler Matrices tierischer Herkunft zu sein.

Für die Verwendung azellulärer Matrices spricht eine Vermeidung einer zweiten OP-Region und der damit einhergehenden Morbidität in diesem Bereich. Autologe Transplantate jedoch zeigen sich als volumenstabiler und weniger technik-sensitiv. Am Schweinekiefer wurden unter anderem eine Tunnelierung mit Einbringung eines Bindegewebstransplantats und ein palatinaler Z-Entlastungsschnitt mittels zweier gegengleich durchgeführter Spaltlappen in unterschiedlicher Ebene zur spannungsfreien Defektdeckung geübt.

In „Von Fall zu Fall: Therapieplanung problemorientiert“ diskutierte Prof. Dr. Eickholz über das Gesamtkonzept einer zahnärztlichen Behandlung anhand konkreter Patienten mit unterschiedlicher Ausprägung von Parodontitis. In der Kleingruppe lag das Hauptaugenmerk auf einer patientenfreundlichen, ökonomischen und rationellen Behandlungssystematik. Dabei wurde der Zahnerhalt von auch primär zweifelhaften Zähnen betont, vor allem in Bezug auf ältere Patienten (z.B. Erhalt von prothetischen Pfeilern mittels Hemisektion zur Vermeidung von aufwändigen Neuversorgungen). Extraktionen und anschließende Implantation sollten erst nach Ausschöpfung aller anderen Therapiemöglichkeiten durchgeführt werden. Mit einem konservativen, abwartenden Vorgehen ohne chirurgische Intervention erreicht man sehr oft  ähnlich gute Ergebnisse wie durch einen chirurgischen Eingriff. Voraussetzung ist dabei die gute Compliance des Patienten. 

Eröffnungsempfang – Casino Kitzbühel

Am Abend des Workshop-Tages fand im großes Rahmen des Casino Kitzbühel der Eröffnungsempfang unter dem Motto „Get-Together, Music & Games“ statt, bei dem den Industriepartnern, Sponsoren, Ausstellern  und ReferentInnen für ihr außerordentliches Engagement gedankt wurde.

Das wissenschaftliche Haupt- und Parallelprogramm

Das bestens besuchte wissenschaftliche Hauptprogramm für ZahnärztInnen startete am Freitag unter der Schirmherrschaft des Frankfurter Teams von Prof. Dr. Peter Eickholz. 

Er eröffnete das Hauptprogramm mit seinem Vortrag über „Die Parodontitisepidemie“. Obwohl es nach konservativer Schätzung etwa 8 Millionen schwere, behandlungsbedürftige Parodontitis Fälle in Deutschland gibt, werden nur ca. 1 Million parodontale Behandlungen abgerechnet. Es wird von der Krankenkasse zwei Mal mehr für Kieferorthopädie als für Parodontal-Behandlungen gezahlt. Von den 11 Milliarden Euro, die im Jahr 2012 für zahnärztliche Behandlungen ausgegeben wurden, bezogen sich nur 3,3% auf parodontale Behandlungen. Dies beweist, dass auch in Deutschland, wo nicht-chirurgische parodontale Behandlungen von den Kassen bezahlt werden, ein eklatanter Widerspruch zwischen in der Bevölkerung vorhandener und tatsächlich behandelter Parodontitis besteht. In Österreich sind dazu keine aktuellen epidemiologischen Daten vorhanden, man kann aber von einer ähnlichen Unterversorgung ausgehen.

Dr. Schacher zeigte auf, wie Parodontitis durch Anwendung einer Screeninguntersuchung (entsprechend der parodontalen Grunduntersuchung -PGU, die von der ÖGP seit langem propagiert wird) rechtzeitig erkannt werden kann und wies auf die Wichtigkeit einer 2-jährlichen PGU hin. In Deutschland wird diese Maßnahme durch die Krankenkasse bezahlt, in Österreich leider nicht, was dazu führt, dass sie zu selten angewandt wird.

Antibiose ist immer ein Eingriff in ein im gesunden Organismus fein abgestimmtes Ökosystem. Voraussetzung für jede systemische Antibiotikagabe ist neben der Etablierung einer effektiven individuellen Plaquekontrolle die subgingivale mechanische Bearbeitung der Wurzeloberflächen zur Glättung und gleichzeitigen Entfernung des pathogenen Biofilms (Dr. Klein). Während in der Therapie der chronischen Parodontitis in der konservativen Phase mit dem Debridement alleine zufriedenstellende Ergebnisse erzielt werden können, hat sich für die Therapie der aggressiven Parodontitis die zusätzliche Administration der Antibiotikakombination aus Amoxicillin + Metronidazol in zahlreichen Studien – wenngleich mit abweichenden Dosierungen – als überlegen herausgestellt (PD Dr. Dannewitz). Es existieren derzeit mehrere Konzepte zur systemischen Antibiose: In Frankfurt wird nur bei Nachweis von A.a. adjuvant systemisch behandelt (Prof. Dr. Eickholz).

Wann man versuchen sollte, einen Zahn zu erhalten, und wann er vielleicht doch lieber durch ein Implantat ersetzt werden sollte, erläuterte Dr. Zuhr. Durch die Möglichkeit, fehlende Zähne mit durch Implantate ersetzen zu können, scheint auf den ersten Blick die Entscheidung zugunsten von Implantaten leicht. In der Literatur werden jedoch zunehmende Prävalenzen biologischer, implantatbezogener Langzeitkomplikationen beschrieben, die ein kritischeres Abwägen nötig machen. Die Verantwortung für den Behandler ist umso grösser, je jünger die Patienten sind, die mit Zahnverlusten konfrontiert sind. Eine Literaturübersicht über die Langzeiterfolge von Zähnen wurde denen von Implantaten gegenübergestellt: es zeigte sich, dass der Zeitpunkt der Implantation möglichst spät im Leben eines Patienten erfolgen sollte. Der häufig gefürchtete Knochenverlust durch Zahnerhalt kommt laut Dr. Zuhr so gut wie nie vor.

Dr. Schacher beschrieb Diagnostik, Klassifikation und Therapie von Endo-Paro-Läsionen, die häufig Ursache für therapieresistente Zähne darstellen. Hier zeigen sich deutliche Vorteile eines Mikroskops bei der Erkennung derartiger Läsionen.

Eine parodontale Erkrankung bei Kindern oder Jugendlichen ist immer ein Hinweis auf systemische Erkrankungen und muss in dieser Hinsicht abgeklärt werden: Dr. Nickles referierte über das seltene, aber umso dramatischere Papillon-Lefèvre Syndrom (PLS) anhand zweier Patientenfälle. Typisch für PLS ist progressive Parodontitis bereits im Kindesalter: Palmo-plantare Hyperkeratosen sind Hinweise auf das Vorliegen eines PLS, nicht notwendigerweise begleitet von systemischen Zusatzbefunden. Auffällig ist eine Störung des Immunsystems, die mit einer erhöhten Infektanfälligkeit der Kinder einhergeht. Überrascht zeigte sich das Publikum über die Verordnung des Winkelhoff-Cocktails (Amoxicilling + Metronidazol) bereits in sehr jungem Alter, was aber durch eine Anpassung der Dosis in Absprache mit dem Kinderarzt  sehr gut möglich ist. In der Erhaltungstherapie ist engmaschig die Keimkonzentration von A.a. zu monitieren und die Mitbehandlung von Eltern/Geschwistern durchzuführen (Reinfektionsquelle).

Über „parodontale Chirurgie“ referierten Prof. Dr. Eickholz, Dr. Zuhr und Dr. Dannewitz. Eine neue Studie wurde vorgestellt: Sollen bei schwerer Parodontitis stabile parodontale Verhältnisse bei möglichst maximalem Zahnerhalt realisiert werden, führt kein Weg an parodontaler Chirurgie vorbei.

Das Frankfurter Konzept sieht zuerst konsequente antiinfektiöse Therapie vor. Frühestens 3 Monate später wird der parodontale Befund überprüft: sollten trotz effektiver Plaquekontrolle seitens des Patienten noch immer parodontale Taschen vorhanden sein, wird operiert. Je nach Ziel, das in Entfernung der Tasche oder Gewinn von Attachment liegen kann, kommen kostengünstige und wenig aufwändigen Zugangslappen, oder resektive Verfahren, die gute stabile Langzeitergebnisse zeigen (z.B. Tunnelierung, Wurzelamputation) bis hin zu teuren/aufwändigen regenerativen Techniken zum Einsatz. Obwohl es wissenschaftlich kaum Evidenz für die Verwendung von Mikroskopen in der Parodontalchirurgie gibt, haben sich diese in der Praxis als sehr nützlich erwiesen: Vor allem im ästhetischen Bereich können sie laut Dr. Zuhr sehr effizient zum Einsatz gebracht werden und erhöhen die Sicherheit des Operateurs.

Am Samstag wurde das Hauptprogramm mit „Parodontologie von A–Z“ und regenerativer Therapie fortgesetzt. Ist ein Implantat verlässlicher als ein natürlicher Zahn? Mit der provokanten Frage „Halten Gelenkendoprothesen länger als natürliche Gelenke?“ wurde die Diskussion von Prof. Dr. Eickholz eröffnet. Unter günstigen Bedingungen halten natürliche Zähne 60, 70 Jahre oder länger. Regenerative Verfahren sind bei indikationsgerechtem Einsatz (tiefe Knochentasche, Grad-II-Furkationsbeteiligung, vor allem im UK oder im OK bukkal) eine wertvolle Bereicherung des Therapiespektrums. Unter Beachtung der Evidenz für die diversen am Markt befindlichen Materialien und der Faktoren, durch die der Therapieerfolg beeinflusst wird, kann der Griff zur Zange häufig unterbleiben.

Dr. Klein widmete sich der Frage, wie Implantate in der täglichen Praxis untersucht und nachgesorgt werden sollen: neben der radiologischen Verlaufskontrolle wird in regelmäßigen Abständen wie an natürlichen Zähnen sondiert. Interzeptive Methoden zur Behandlung periimplantärer Mukositis und aktuelle Therapieverfahren der Periimplantitistherapie wurden vorgestellt. Es zeigt sich, dass diese noch nicht derart vorhersagbar und einfach durchzuführen sind wie pardontale Therapie. Daher muss alles getan werden, durch richtige Patientenauswahl und korrekte prothetische Versorgung das Risiko zu minimieren.

Im Rahmen des Vortrags-Blockes „Parodontale Medizin“ wurde die große Bedeutung des Diabetes mellitus (DM) erläutert. DM führt zu einer überschießenden Entzündungsreaktion und begünstigt so die Entstehung einer Parodontitis. Die Rate sowie Dunkelziffer der DM-Erkrankungen in Mitteleuropa ist hoch (Prävalenz in Österreich lt. Diabetesbericht 2013 = 9%). Hinter dem Versagen einer Parodontitistherapie könnte also ein unentdeckter DM stecken. Und, die Beziehung von Parodontitis und DM ist wechselseitig: Eine chronische Entzündung, wie Parodontitis, kann auch die metabolische Kontrolle des DM erschweren. „Die versteckte chronische subgingivale Wunde bei Parodontitis ist vergleichbar mit einer großflächigen Wunde am Arm“ (Prof. Eickholz). Eine erfolgreiche Parodontitistherapie kann die metabolische Kontrolle des DM verbessern und das HbA1c um durchschnittlich 0,4% senken.

Dr. Dannewitz stellte die multifaktorielle Ätiologie und Therapie von Gingivawucherungen vor: Die systemische Einnahme von Ciclosporin, Calciumkanalblockern und Phenytoin in Verbindung mit Plaque führt häufig zu Gingivawucherungen. In vielen Fällen kann hier eine antiinfektiöse Therapie im Sinne einer Full Mouth Desinfection deutliche Verbesserung und manchmal Remission bringen.

Dr. Schacher beleuchtet in ihrem Beitrag auch die neuen Leitlinien der  Europäischen Kardiologischen Gesellschaft (2009), die in Hinsicht auf AB-Prophylaxe zur Vermeidung des Endokarditisrisikos (IE) ein wesentlich restriktiveres Vorgehen vorsehen: Es wird die hohe Bedeutung einer guten Mundhygiene hervorgehoben und die prophylaktische AB Gabe (30-60 Min. vorab 2g Amoxicillin oder 600 mg Clindamycin) nur noch für PatientInnen mit dem höchsten Risiko (Klappenprothesen oder anderes nicht-endothelialisiertes prothetisches, stattgehabte IE oder bestimmte angeborene Vitien) Herzfehlern) empfohlen. Denn Bakteriämien treten nicht nur bei Zahneingriffen, sondern auch bei alltäglichen Handlungen wie Zahnreinigung und Kauen auf, AB-Gabe birgt jedoch ein Risiko für Anaphylaxie und zunehmende Resistenzentwicklung.

Zur Ätiologie und Diagnostik Rezessionen sprach Dr. Nickles, die verschiedenen Therapien mittels klassischer Verschiebelappen, Transplantationsverfahren oder regenerativer Maßnahmen wurde von Prof. Ratka-Krüger behandelt. Nach wie vor stellen Bindegewebstransplantate vom Gaumen den Goldstandard dar, wobei der koronale Verschiebelappen in Verbindung mit Schmelz-Matrix- Proteinen vergleichbare Ergebnisse liefert.

Grundsätzlich sollte auch im parodontal kompromittierten Gebiss eine festsitzende Versorgung realisiert werden. Insbesondere der Einsatz von Langzeitprovisorien spielt eine entscheidende Rolle im von Dr. Klein vorgestellten Konzept.

Zum Abschluss des Frankfurter Konzeptes referierte Prof. Ratka-Krüger in systematischer Weise über mögliche Misserfolge im Verlauf der unterschiedlichen Schritte einer Parodontalbehandlung. Diese können sowohl auf Patienten- wie auch Zahnarztseite liegen und z.B. in falscher Indikationsstellung, mangelnder Aufklärung oder fehlender Compliance liegen.

Das Schlusswort lag bei Prof. Eickholz, der ein Plädoyer für die eigenen Zähne hielt: „Selbst ein Zahn, der schon mehr als 60% parodontalen Knochenabbau aufweist, kann – wie viele Langzeitstudien beweisen – nach erfolgreicher Therapie der Entzündung noch -zig Jahre sinnvoll erhalten werden; es liegt ein zwar reduziertes, aber gesundes Parodont vor.“

Im Parallelprogramm „Zahnarztpraxis 3.0“wurde über neue Technologien des Digital Smile Design (Dr. Mory) berichtet und man konnte sich über die Schnittstellen zwischen den perio-implantologisch-prothetischen Bereichen (Dr. Ackermann) informieren. Weiteres wurde man in die Möglichkeiten zur Errichtung einer eigenen Praxis-Website und dem Online-Marketing für Zahnarztpraxen eingeführt (G. Lichtner) und über die Gefahren bezüglich der im Computer gespeicherten Patientendaten informiert (DI Exler).

Die Vortragsschiene „Aus der Praxis für die Praxis“ am Samstag bot eine Auswahl aktueller Themen aus der Allgemein- und Zahnmedizin:

Dr. Albert-Kiszely stellte einen in ihrer Praxis vorgenommenen erfolgreichen Versuch der Revaskularisation eines Milchzahnes mittels triple antibiotic paste (TAP) vor. Das Management von Patienten unter Bisphosphonat-Therapie (BPT) wurde von Prof. Baumann entsprechend aktueller Therapie-empfehlungen und Leitlinien präsentiert: Das Risiko für Osteonekrosen steigt mit der Dauer der BPT. Bei oraler Gabe ist es bis zu einer Dauer von 4 Jahren eher gering. Intravenöse Verabreichung erhöht das Risiko bereits nach 2 Jahren um das Vierfache. Die zahnärztliche Sanierung sollte möglichst vor Beginn der BPT erfolgen, chirurgische Eingriffe bei i.v. Therapie sind auf den Notfall zu beschränken und nur sollten nur nach strengster Indikationsstellung, mittels atraumatischer Arbeitsweise, ausreichender AB-Abdeckung (1 Woche vor und 2 Wochen nach dem Eingriff) und CHX-Spülungen erfolgen.

Diskutiert wurde die Frage, ob ein Patient, der zur Mundhygiene kommt und so gut wie keine Taschen vorweist, trotzdem antibiotisch abgeschirmt werden muss, was Prof. Baumann auf jeden Fall bestätigte.

Bei Vorliegen einer Osteonekrose Stadium 0/1 wird auf perfekte Mundhygiene geachtet und regelmäßige Kontrolluntersuchungen veranlasst. Stadium 2 erfordert eine AB-Gabe, CHX-Spülungen und eventuell ein oberflächliches Debridement,  um Weichgewebsirritationen zu reduzieren. In Stadium 3 müssen Abtragungen der Knochennekrosen und kieferchirurgische Sanierungsmaßnahmen vorgenommen werden.

PD Dr. Kapferer-Seebacher stellte anhand einer Tiroler Familie, deren Mitglieder alle an aggressiver Parodontitis erkrankt sind, Methoden und Fragestellungen der Genetik sowie die Bedeutung der genetischen Grundlage von Parodontitis vor. Am Nachmittag rechnete Dr. Haririan anhand konkreter Zahlen vor, wie eine vernünftige Preisgestaltung für Parodontitistherapie aussehen könnte, bei der man auch wirtschaftlich nicht auf der Strecke bleibt. Es stellte sich heraus, dass sich „Parodontitistherapie immer lohnt“, wenn Zeit-/Materialaufwand und finanzieller Erfolg gegenübergestellt werden.

Die neue Gesetzlage des Bleichens bezüglich Konzentrationen bis zu 6% H2O2 stellte DDr. Laky vor. Diese dürfen seit 2011 nur mehr durch ZahnärztInnen verordnet werden und auch die erste Anwendung muss unter deren Aufsicht erfolgen. Bei In-Office-Bleaching kann die Einwirkzeit des H2O2 durch Einsatz von Laser verkürzt und damit Schmelzerosionen reduziert werden. Allerdings liegen noch für keine Form des Bleaching Langzeitstudien vor.

DDr. Durstberger referierte über die neuen oralen Antikoagulantien (NOAK): Sie bedürfen keines permanenten Monitorings und sind einfach zu dosieren, jedoch kaum zu antagonisieren. Als präoperatives Management werden NOAKs am Tag (Xarelto®) bzw. am Abend (Pradaxa®) vor dem Eingriff abgesetzt. Eine erneute Einnahme ist 4 bis 6 Stunden nach dem Eingriff nötig. Die Wichtigkeit einer exakten Blutstillung nach jedem chirurgischen Eingriff wurde hervorgehoben.

Dr. Rössler präsentierte Socket Preservation, Ridge Preservation und Socket Seal vor. Das beste Zeitfenster für eine Implantation liege bei 30 Tagen nach der Extraktion, da hier mineralisierter Knochen vorliegt, danach sinkt dessen Mineralgehalt wieder ab. Er machte auf den „Bündelknochen“ (Bundle Bone) aufmerksam, mit dessen Verlust man nach einer Extraktion immer zu rechnen hat, von dem man jedoch nie genau weiß, wie viel Prozent des Gesamtknochens er beträgt.

Haupt- und Parallelprogramm für PAss/ZAss

Für Prophylaxe Assistentinnen wurde an beiden Tagen ein dichtes Programm über die verschiedensten Aspekte der Prophylaxe und Parodontaltherapie – im Hauptprogramm vom  Frankfurter Team, im Parallelprogramm von Spezialisten für Parodontologie der ÖGP geboten: neben den Grundlagen der Diagnostik und der Epidemiologie wurden die Abgrenzung zwischen Prophylaxe und Therapie, das Vorgehen bei multimorbiden und alten PatientInnen, der Aufbau einer Halitosis-Sprechstunde, Strategien zur Vermeidung und Behandlung von Zahnhalsempfindlichkeiten, Probiotika und der Umgang mit Facebook & Co. behandelt.

Intensivseminare mit speziellem Fokus

Intensivseminare für fortgeschrittene PAss beschäftigten sich darüber hinaus in Blöcken zu 1,5 Stunden mit Themen wie Zahnpasten, Bleichen, Implantatnachsorge, Vorgehen nach Strahlentherapie, Recallmanagement oder Raucherentwöhnung. Hier zeigte die einleitende Frage nach dem Raucherstatus der PAss, dass 25% rauchen. Eine Kohlenmonoxid-Messung in der Ausatmungsluft bei einer Freiwilligen ergab den erwarteten Durchschnittswert von 25 ppm. Der Vergleich mit der Abgasmessung einer Gasheizung (29 ppm) löste entsprechende Betroffenheit aus, die das Interesse an diesem Thema enorm steigerte.

Industrie Round-Table Gespräch

Auch in diesem Jahr lud der ÖGP-Vorstand zum Industrie-Round-Table Gespräch. Mit den Vertretern der ÖGP-Partner und paroknowledge© Sponsoren und Ausstellern wurde über neuen Ideen und Verbesserungen des Kongresses diskutiert. Eine vor Ort durchgeführte Online-Umfrage bei allen Ausstellern ergab eine Kongress Gesamtbewertung der Note 1,5 nach dem Schulnotensystem. Für die Industrieausstellung 2016 wurden einige Neuerungen verabschiedet um neue Impulse zwischen Industrie und Teilnehmer zu setzen.

PAss Round-Table Gespräch

Erstmalig fand dieses Jahr unter der Leitung der ÖGP PAss-Delegierten Cornelia Bernhardt der PAss-Round-Table für ÖGP PAss-Mitglieder statt, der sehr großen Zuspruch unter den Assistentinnen fand. Insbesondere das Thema „Fortbildungspunkte für PAss“ wurde ausführlich diskutiert und zukünftiger Handlungsbedarf adressiert. Als Resumee wurde deutlich, dass eine enorme Informations-, Kommunikations- und Weiterbildungsnachfrage bei der Berufsgruppe der Assistentinnen besteht. Hierzu wird die ÖGP zukünftig entsprechende Aktivitäten als Interessensvertretung starten, die auf die Wünsche und „Sorgen“ der PAss/ZAss eingehen.

Side-Event Highlight „Alm-Lounge-Party“

Das Highlight der Side-Events bei der paroknowledge© war auch dieses Jahr wieder die legendäre Alm-Lounge-Party am Freitag Abend im Rasmushof, bei der unter enormer Beteiligung des Publikums das schönste Dirndl- und das schönste Lederhosen-Outfit mit Sportalm© Gutscheinen prämiert wurden.

Der als Almhütte umgestaltete Veranstaltungssaal im Rasmushof war bis auf den letzten Platz „ausgebucht“ und die Stimmung, angeheizt von einem hervorragenden DJ, hätte besser nicht sein können. Die Alm-Lounge-Party ist bereits Kult, und obwohl nicht verpflichtend, kamen fast 80% der Gäste im Trachten-Outfit, das manch eine/einer mit erstaunlich kreativer Gabe zusammenstellte.

Auch das Wetter spielte dieses Jahr hervorragend mit. Trotz Sonnenscheins und Temperaturen um die 30° C, die zum Kaffee-Trinken und Eis-Essen auf den Terrassen in der Kitzbüheler Altstadt einluden, waren Vorträge, Workshops und die Industrieausstellung auch dieses Jahr wieder bestens besucht.

Für das nächste Jahr, in dem mit der Europerio 8 der weltweit größte Parodontologie Kongress der EFP in London stattfinden wird, sind bereits fokussierte Spezial-Veranstaltungen der ÖGP für ZahnärztInnen und AssistentInnen in Planung. Eine davon wird vom neu gegründeten YOUNGSTER-Komitee der ÖGP organisiert werden.

paroknowledge© 2016

Die nächste paroknowledge© findet vom 09. bis 11. Juni 2016 statt.

Mehr News aus Branchenmeldungen

ePaper