Branchenmeldungen 16.07.2024
Sind DiGAs auch im zahnärztlichen Bereich sinnvoll?
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Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) sind verschreibungsfähige mobile Apps oder Webanwendungen mit einem medizinischen Zweck. Sie helfen dabei, Erkrankungen zu erkennen und zu behandeln. DiGAs können auch Menschen mit Verletzungen oder Behinderungen unterstützen. Im Gegensatz zu Gesundheits-Apps, die man ohne Rezept bekommt, gelten DiGAs jedoch als Medizinprodukte zur Behandlung von Erkrankungen. Inwieweit sie auch in der Zahnmedizin zum Einsatz kommen könnten, erwägt dieser Beitrag.
DiGAs werden in einem Verfahren des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingehend geprüft. Reine Fitness- oder Präventions-Apps sowie Apps zur Gesundheitsförderung, die ohne Rezept verfügbar sind, zählen in der Regel nicht zu den DiGAs. Verschreibt ein Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte oder Psychotherapeuten) dem Patienten eine DiGA aus medizinischen Gründen, so tragen die gesetzlichen Krankenkassen deren Kosten. Zudem sind DiGAs werbefrei. Alle aktuell zugelassenen digitalen Gesundheitsanwendungen finden sich im DiGA-Verzeichnis des BfArM. Aber ist das Thema auch für Zahnärzte interessant? Dabei hilft zunächst ein Blick auf den allgemeinen Ablauf einer DiGA-Verordnung:
Der Ablauf: Von der Diagnose bis zur Nutzung
1. Diagnose und Therapieplanung
- Der Patient sucht den Zahnarzt aufgrund von Beschwerden, Vorsorgeuntersuchungen oder ästhetischen Anliegen auf.
- Der Zahnarzt führt eine gründliche Untersuchung durch, die Röntgenbilder, Abdrücke und andere diagnostische Maßnahmen umfassen kann.
- Basierend auf der Diagnose erstellt der Zahnarzt einen Therapieplan. Hier kommen DiGAs ins Spiel.
2. Verordnung der DiGA
- Der Zahnarzt entscheidet, ob eine DiGA für den Patienten sinnvoll ist.
- Falls ja, kann er ein Rezept für die DiGA ausstellen. Dies ist jedoch nicht zwingend erforderlich.
- Alternativ kann der Patient nämlich direkt einen Antrag bei seiner Krankenkasse stellen, um die Kosten für die DiGA übernehmen zu lassen.
3. Nutzung der DiGA durch den Patienten
- Der Patient lädt die DiGA-App auf sein Smartphone oder Tablet herunter.
- Er registriert sich und gibt relevante Gesundheitsdaten ein.
- Die DiGA bietet verschiedene Funktionen:
Überwachung: Der Patient kann seine Symptome, Medikamenteneinnahme oder Fortschritte dokumentieren.
Erinnerungen: Die App erinnert an Termine oder die Medikamenteneinnahme.
Informationsbereitstellung: Der Patient erhält je nach Diagnose ausführliche Informationen zum Umgang mit der Krankheit.
Nutzen auch für Zahnärzte und deren Patienten?
Was in der Theorie vor allem im allgemeinmedizinischen und psychotherapeutischen Bereich sinnvoll klingt, muss nicht zwingend auf den zahnärztlichen Bereich übertragbar sein. Und in der Tat: Es gibt aktuell im DiGA-Verzeichnis keine dezidiert zahnärztliche App, das heißt keine App, die spezifisch (nur) für zahnärztliche Diagnosen bereitgestellt wird.
Das heißt aber nicht, dass nicht in Zukunft eine oder mehrere der vielen zahnmedizinischen Apps, die es bereits gibt, den Aufnahmeprozess des BfArM erfolgreich durchlaufen könnten und dann in das Verzeichnis aufgenommen werden. Zudem gibt es im DiGA-Verzeichnis bereits Apps, die, wenngleich nicht ursprünglich und nicht ausschließlich dafür konzipiert, dentale Therapien unterstützen können.
Dies betrifft den Bereich der Schmerzbehandlung und der Behandlung von Tinnitus, welcher nicht selten zahnmedizinische (Mit-)Ursachen aufweist (beispielsweise Bruxismus/CMD). Im DiGA-Verzeichnis gibt es mit den Apps „Hello Better chronischer Schmerz“, „Kalmeda“ und „Meine Tinnitus App – Das digitale Tinnitus Counseling“ bereits einige Anwendungen, die sich diesem Thema widmen.
Bessere Therapieentscheidung, größere Patientenbindung
Was würde in diesen – und möglicherweise künftig noch hinzukommenden weiteren – Fällen die Verschreibung von Apps für die Praxis bedeuten? Denkbar sind, bei kontinuierlicher Anwendung, bessere Therapieentscheidungen: Da der Zahnarzt in Absprache mit dem Patienten die Daten der App auslesen darf, kann er den Therapieverlauf besser einschätzen und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen. Auch ist eine erhöhte Patientenbindung denkbar: Die App fördert die aktive Mitarbeit des Patienten und stärkt die Bindung an die Praxis. Auch im Bereich Prävention und Aufklärung können DiGAs unterstützen: Sie können wertvolle Informationen zur Zahngesundheit bieten und die Prävention aufseiten der Patienten unterstützen.
Fazit
DiGAs können eine vielversprechende Ergänzung auch für Zahnärzte sein. Noch steckt das Thema im dentalen Bereich aber in den Kinderschuhen. Dennoch kann es lohnen, wenn auch Zahnärzte Möglichkeiten von DiGAs gezielt nutzen, das DiGA-Verzeichnis im Blick behalten und ihre Patienten über diese neue digitale Möglichkeit der unterstützenden Behandlung informieren.
Dieser Artikel ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.