Branchenmeldungen 30.11.2021
Xenogene Bone Lamina – das Multitalent für die Augmentation
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Knochenaugmentationen gehören zur täglichen implantologischen Praxis. Hierbei sind immer zwei grundlegende Prinzipien zu beachten: Zum einen benötigt das Augmentat Stabilität und damit Ruhe für die Einheilung. Die grundlegenden Einheilmechanismen folgen hierbei den Bedingungen der Frakturheilung. Makrobewegungen im Augmentat durch Druck oder Zug führen regelhaft zu unzureichendem Einheilerfolg. Ein zweites zu beachtendes Prinzip ist das Trennen der Gewebearten in der Einheilphase. Das Augmentat und damit der Knochenbereich muss vom rascher regenerierenden Weichgewebe während der frühen Phase der Einheilung im Sinne der „Guided Bone Regeneration“ getrennt werden. Dies gilt insbesondere für Knochenersatzmaterialien, deren Einheilmechanismus definitionsgemäß osteoinduktiv und damit gegenüber rein autologen Transplantaten in der Heil- und Durchbauungsphase etwas zeitverzögert osseointegriert.
Die xenogene Bone Lamina deckt beide Bereiche, Stabilität und GBR, in sehr guter Weise ab. Aus porcinem Material gewonnen, liegt die Lamina aus kortikalem Knochen – in getrockneter Form und steril verpackt – in einer Schichtdicke von 0,5mm vor (Abb. 1). Nach 15 Minuten Rehydrierung nimmt die Bone Lamina eine flexible Struktur an, die es erlaubt, die kortikale Knochenlamelle jeglicher Defektgeometrie anzupassen (Abb. 2). Gleichzeitig ist das Material jedoch deutlich stabiler als eine Kollagenmembran. Die Lamina kann einfach und für den Patienten wenig belastend mit Pins (Abb. 3) oder Durchzugsnähten befestigt werden (Abb. 4). In dieser Weise können mit der Bone Lamina vorhersehbar kleinere bis mittlere Defekte der kortikalen Knochenwand des Patienten rekonstruiert werden. Da die Bone Lamina nach Rehydrierung einfach mit der Schere zurechtgetrimmt werden kann, lassen sich die Außenkonturen von Kieferkammdefekten intraoperativ individuell einfach und sicher anpassen (Abb. 5). Die Standzeit beträgt zwischen vier und sechs Monaten und reicht damit solide auch für größere Augmentationen mit entsprechend notwendiger Heilzeit.
Indikationen
Die Indikation für die xenogene Bone Lamina ist breit gefächert. Eine wichtige Domäne für die Lamina ist die Rekonstruktion der vestibulären Lamelle im Rahmen der Rekonstruktion nach Zahnextraktion. Präpariert man einen schmalen subperiostalen Knochenstreifen von ca. 0,5 bis 1mm rings um den Defekt frei, so kann in diese Tasche von koronal ein exakt angepasstes Laminastück geschoben werden (Abb. 6). In der subperiostalen Tasche fixiert, ist damit die vestibuläre Wand einfach und sicher rekonstruiert. Der jetzt wieder vierwandige Defekt kann mit partikulärem Aufbaumaterial aufgefüllt und zur ossären Durchbauung geführt werden. Bei horizontalen Defekten im ossären Envelop des Kieferkamms kann in ähnlicher Weise, jedoch mit PinFixierung der Bone Lamina, eine Rekonstruktion der Defektwand mit gleichzeitiger GBR zum Einsatz kommen (Abb. 7 und 8). Der so als „Kasten“ rekonstruierte Defekt wird wiederum mit Augmentat aufgefüllt und der ossären Einheilung überlassen. Aber nicht nur zur Rekonstruktion des Kieferkammes eignet sich die Bone Lamina, auch größere Defekte in der Kortikalis durch Zysten oder auch zur Abdeckung des Zuganges nach externem Sinuslift können schnell und sicher mit dieser Technik verschlossen werden und bieten dabei eine deutlich längere Standzeit und stabilere Rekonstruktion als die Anwendung von Kollagenmembranen (Abb. 9–11).
Pearls & Pitfalls
Die Bone Lamina hat sehr viele positive Eigenschaften. Neben ihrer Stabilität und guten Verarbeitbarkeit wie auch der Fixierungsmöglichkeiten mit Pins und Nähten, besticht die kortikale Lamina durch ihre lange Standzeit bei gleichzeitig sehr hoher Biokompatibilität. Die Lamina wird vollständig resorbiert, sodass – außer den Befestigungs-Pins – kein Fremdmaterial dauerhaft im Körper verbleibt. Sollte die Bone Lamina exponieren, verzeiht sie dies ausgesprochen gut. Wird zügig reagiert, kann die Lamina mit einer diamantierten Kugel rotierend angefrischt werden. Nach anschließendem erneutem Wundverschluss ist die Wahrscheinlichkeit für einen weiterhin guten und unkritischen Heilverlauf ohne Gefährdung für die Augmentation hoch. Bleibt die Lamina exponiert, löst sie sich allerdings nach ein bis zwei Wochen unter dem Einfluss der Speichelenzyme auf – mit entsprechenden Folgen für das Augmentat. Einschränkend ist zu vermerken, dass sich die Bone Lamina nicht für große horizontale – zwei Zahnbreiten oder mehr – und vertikale Defekte als alleinige Wandrekonstruktion eignet. Durch ihre Duktilität kann sie den hierbei auftretenden Kräften nicht ausreichend entgegenwirken. Das Prinzip der Stabilität und Ruhe bei der ossären Einheilphase wird verletzt. Bei großen Defekten sind entweder zusätzliche Maßnahmen zur Stabilisierung der Defektaußengrenzen wie etwa UmbrellaScrews in Verbindung mit der Bone Lamina oder stärkere, schraubbare kortikale Knochenplatten anzuraten (Abb. 12 und 13).
Fazit
Die xenogene Bone Lamina ist ein Arbeitspferd für die tägliche Augmentationspraxis mit einem ausgesprochen breiten Anwendungsbereich. Ihre Applikation ist aus technischer Sicht einfach. Gleichzeitig bietet das Verfahren einen großen Sicherheitsbereich, der es erlaubt, auch kleinere Misserfolge während der Einheilphase positiv zu korrigieren.
Dieser Artikel ist im Implantologie Journal erschienen.