Wissenschaft und Forschung 10.06.2025
Frühkindliche Ernährung: Stillen, Flasche und Co. formen den Kiefer
share
Um die Studiendaten zu erheben, wurden die Eltern der Kinder zu den Ernährungsgewohnheiten befragt. Besonderes Augenmerk legten die Forscher dabei auf das Stillverhalten, die Flaschen- und Schnullernutzung sowie die Einführung von Beikost. Die vorgenommenen Messungen zur Bestimmung der Okklusionsparameter basierten auf direkten kephalometrischen Untersuchungen mittels Messschieber im Mund der Kinder. Zu den betrachteten Kieferfehlentwicklungen zählten Malokklusionen, Veränderungen im Primate Space (natürlicher Zahnzwischenraum bei Milchzähnen), der offene sowie der Kreuzbiss, Distal- und Mesialbiss sowie ein übermäßiger Overjet oder Overbite. Die Ergebnisse liefern spannende Erkenntnisse darüber, welche Faktoren der Essgewohnheiten eine gesunde Kieferentwicklung fördern – und welche möglicherweise langfristige kieferorthopädische Probleme verursachen können.
Stillen: Natürliches Training für den Kiefer
Die Studie identifiziert das Stillen als wesentlichen Faktor für die richtige Entwicklung des Kieferkomplexes. Die durch das Saugen erzeugten Kräfte und Bewegungen stimulieren das Wachstum des Unterkiefers und des prämaxillären Bereichs. Die Untersuchungen zeigten, dass gestillte Kinder günstigere Werte für eine ideale Okklusion aufwiesen. Ein früheres Abstillen sowie künstliche Milch standen in Zusammenhang mit einem größeren Overbite. Kinder, die künstliche Milch erhielten, zeigten zudem einen reduzierten Primate Space.
Flaschen und Schnuller
Immerhin 72 % der Eltern nutzten zur Fütterung ihres Kleinkindes eine Flasche. Im Durchschnitt endete der Flaschengebrauch nach 24 Monaten. Obwohl ein Trend zu einem inversen Zusammenhang zwischen Overbite und Flaschennutzung beobachtet wurde, blieb dieser Befund statistisch unbedeutend.
Etwa 50 % der Kinder nutzten ihren Schnuller vorwiegend in der Nacht. Eine Korrelation zwischen der Schnullernutzung und dem oberen Primate Space wurde festgestellt. Somit zeigten sich Tendenzen zur Beeinflussung der Okklusion.
Beikost
Der Zeitpunkt und die Art der Beikosteinführung spielten ebenfalls eine zentrale Rolle.
Kinder, die ihre Beikost mit fester Nahrung begannen, zeigten ein größeres Diastema zwischen den oberen Schneidezähnen im Vergleich zu jenen, die mit Püree starteten. Zudem wurde ein Zusammenhang zwischen einer frühzeitigen Beikosteinführung und einer Vergrößerung des rechten unteren Primate Space festgestellt. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine frühere Einführung von fester Nahrung tendenziell mit Werten assoziiert ist, die auf eine gleichmäßigere Ausrichtung der hinteren Zähne schließen lassen.
Konsistenz und Quantität der Nahrung
Auch die Konsistenz der Nahrung sowie die Quantität der wöchentlichen Nahrungsaufnahmen wurden von den Forschenden einer genaueren Betrachtung unterzogen. So untersuchte die Studie den Einfluss des wöchentlichen Konsums von Flüssigkeiten, Halbfesten/Pürees und festen Nahrungsmitteln auf die Kieferentwicklung. Kinder, die wöchentlich mehr Flüssigkeit und Pürees konsumierten, wiesen dabei niedrigere Overjet-Werte auf. Nahmen die Kinder regelmäßig feste Nahrung zu sich, war dies wiederum mit einem schmaleren Diastema assoziiert.
Frühkindliche Ernährungsgewohnheiten scheinen einen Einfluss auf die Entwicklung von Kiefer und Zähnen zu haben. Langfristige Studien sind notwendig, um die genauen Mechanismen und Zusammenhänge weiter zu entschlüsseln und damit einen Beitrag zur Prävention von Malokklusionen zu leisten.
Quelle: Marqués Martínez et al. (2024): Relationship between Nutrition and Development of the Jaws in Children: A Pilot Study. PubMed Central