Abrechnung 20.05.2016

Überschreiten des Schwellenwertes in der Beihilfe



Überschreiten des Schwellenwertes in der Beihilfe

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Aus § 5 der GOZ ergibt sich, dass es dem Zahnarzt überlassen bleibt, die individuell „richtige“ Höhe der Gebühr zu bestimmen. Dass hierbei ein „Telegrammstil“ verwendet wird, ist nicht nur zulässig, sondern praxis
üblich und nicht zu beanstanden.

Unabhängig davon bestimmt ein Runderlass des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen (MBl. NRW. 5.12.2012), dass folgende Begründungen in der Regel keine Überschrei
tung des 2,3-fachen Gebührensatzes rechtfertigen: a) pulpanahe Präparation, b) starker Speichelfluss, c) erschwerter Mundzugang, d) divergierende Pfeilerzähne, e) subgingivale Präparation, f) Verblendung und Farbaus-wahl, g) erhöhter Zungen- und Wangendruck, h) kurze oder lange klinische Krone, i) tiefe Zahnfleischtaschen, j) festhaftende Beläge/Konkremente.

Wie kann man auf solche willkürlichen Streichungen durch die Beihilfestelle 
reagieren?

Grundsätzlich besteht für den Zahnarzt die Möglichkeit, für eine Begründung, die für 
den Sachbearbeiter nicht stichhaltig oder fachlich genug erscheint, ergänzende Details nachzureichen. So stellte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen mit Beschluss vom 12.8.2009 (Az.: 5 LA 368/08) fest, dass ein Zahnarzt die in einer Liqui
dation niedergelegte Begründung für das Überschreiten des 2,3-fachen Gebührensatzes (Schwellenwert) ergänzen, nachholen oder korrigieren kann, und zwar entsprechend allgemeinen prozessualen Grundsätzen bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung. Hierzu ein paar Beispiele:

1. Verwaltungsgericht (VG) Hannover, 
Urteil vom 14.5.2014 (Az.: 13 A 8004/13)

Der 3,0-fache Gebührensatz der GOZ-Nr. 2210 war in der Rechnung wie folgt be
gründet: „Überdurchschnittlicher Zeitaufwand u. Schwierigkeitsgrad, da weit subgingiv. 
Präparation, Einfassung des sichtbaren oberen palt. Wurzelbereichs.“In einer Ergänzung zur Faktorsteigerung führte der Zahnarzt weiter aus: „Präparation einer zirkulären Stufe zur Aufnahme einer Keramikkrone. Dabei wurde aufgrund eines Defektes in der palatinalen Wurzel diese 
mit in die Präparation einbezogen. Aufgrund des naheliegenden Wurzelkanals ist dies 
ein zeitaufwendiger und schwieriger Vor-gang, da nicht zu viel und dennoch aus-
reichend Substanz abgetragen werden muss.“Das Gericht: Es ist nachvollziehbar, dass 
dies eine erhöhte Aufmerksamkeit und 
einen erhöhten Zeitaufwand für den Zahnarzt bedeutet, zumal im Fall des Klägers 
der Zahnnerv nur einen Millimeter entfernt war. Diese Begründung lässt eine Über-
schreitung des Schwellenwertes und den 
Ansatz eines Faktors von 3,0 zu.

2.Verwaltungsgericht (VG) Köln, Urteil vom 10.6.2015 (Az.: 10 K 4705/13)

Die Faktorüberschreitung der GOZ-Nrn. 
8010 und 8020 war bei Rechnungsstellung mit „erschwerte Gesichtsbogenüber
tragung wegen vorhandener cranio-
manibulären Dysfunktionen, stark eingeschränkte Mundöffnung“ begründet worden. Der Zahnarzt hatte im Verlauf des 
Verfahrens die schweren Dysfunktionen näher dargelegt und weiter festgestellt: 
„Extrem eingeschränkte Mundöffnung, nur 30 bis 32 mm.“Das Gericht: Auch wenn im Falle des beklagten Landes davon auszugehen ist, dass eine kleine Mundöffnung in der Regel nicht 
die Überschreitung des Schwellenwertes rechtfertigt und eine kleinere Mundöffnung 
als 4 cm bei Erwachsenen ein seltener 
Ausnahmefall ist, so liegt hier ein solcher 
Ausnahmefall vor.

Zu den Faktorüberschreitungen der GOZ-Nr. 2270 „äußerst erschwerte Einordnung in 
ein bestehendes Okklusionskonzept“ und GOZ-Nr. 2210 mit „hoher Zerstörungsgrad 
der klinischen Krone, stark erschwerte Kontaktpunktgestaltung, Platzmangel durch tiefen palatinalen Einbiss der UK-Front-Eckzähne“ stellte der Zahnarzt ergänzend fest: „Sämtliche Manipulationen im Mundraum 
wie Präparieren, Exkavieren, Anprobe, Einpassen, Eingliedern,  Entfernen der Zement-/Kleberüberschüsse und Okklusionskontrol
len sowie Artikulationsadjustierungen sind 
extrem erschwert und gehen exorbitant 
weit über den im Rahmen des 2,3-fachen 
Schwellenwertes bewerteten Leistungsumfang hinaus.

“Vor dem Hintergrund der ergänzenden Erläuterungen des behandelnden Zahnarztes 
ist die Überschreitung des Schwellenwerts 
gerechtfertigt.Die Begründung zu GOZ-Nr. 2197 „Schmelz- Dentinanomalien, extrem erschwerte Dentinkonditionierung, bedingt durch pathologisch veränderte Dentinglobuli“ ließ sogar ohne 
nähere Erläuterung des Zahnarztes für das 
Gericht eine patientenbezogene deutliche 
Abweichung vom durchschnittlichen Fall der adhäsiven Befestigung konkret erkennen.Fazit: Diese Urteile bestätigen einmal mehr, wie wichtig es ist, die – nicht nur, aber ge-
rade auch – von der Beihilfe beanstandeten Begründungen für das Überschreiten des 2,3-fachen Gebührensatzes für den Richter nachvollziehbar zu erläutern und ggf. zu 
ergänzen. Allerdings empfiehlt es sich 
natürlich, möglichst von vornherein alle 
maßgeblichen Umstände in die Begründung aufzunehmen.

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