Businessnews 01.04.2019
„Wir sind bei Medentika deutlich auf das Labor ausgerichtet“
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Medentika ist ein schnell wachsender Implantatprothetik-Anbieter für die meisten führenden Implantat- und CAD/CAM-Systeme, vertreibt aber auch eigene Titanimplantate und Instrumente. Als Teil der Straumann Group erweitert Medentika nun seine digitale Kompetenz vor allem im Bereich der Laborscanner sowie den 3D-Druckern und Fräsmaschinen durch Kooperationen mit Dental Wings und Rapid Shape. Im Interview mit Georg Isbaner, Redaktionsleiter Implantologie Journal, sprachen Roger Svensson, Head of Sales Medentika, Udo Wolter, Regionalverkaufsleitung Süd, und Andreas Abels, Key Account Brand Medentika, u.a. über Expansionspläne und das Thema Originale versus Kopien in der Implantatprothetik.
Vor Kurzem haben strategische Zusammenführungen stattgefunden, und Medentika ist nun Teil der Straumann Group. Wie ist der derzeitige Stand bei Medentika?
Udo Wolter: Mit April dieses Jahres werden wir für Straumann den Bereich des digitalen Labors übernehmen. Bisher wurden Produkte für diesen Bereich, wie etwa Laborscanner von Dental Wings oder 3D-Drucker und Fräsmaschinen von Straumann vertrieben. Allerdings nehmen wir den Vertrieb für diese Bereiche nun bei uns mit auf, da wir bei Medentika schlichtweg viel deutlicher auf das Labor ausgerichtet sind. Der Vorteil hierbei ist, dass wir die Verkaufsgebiete so etwas verkleinern konnten. Wir erweitern damit die Anzahl der Verkaufsgebiete von 11 auf 16. In diesem Zuge sind wir derzeit auch dabei, bundesweit acht neue Mitarbeiter einzustellen, und mit dem Recruiting sind wir jetzt auch insoweit fertig, als dass von den acht Vakanzen bereits sieben definitiv besetzt sind. Vier von den neuen Mitarbeitern haben Anfang März bereits angefangen und sind schon stark in unser Schulungskonzept eingebunden.
Wie sehen diese Schulungen aus und wo finden sie statt?
Udo Wolter: Wir schicken unsere neuen Mitarbeiter grundsätzlich erst einmal nach Freiburg im Breisgau in das deutsche Headquarter von Straumann, denn dort laufen einfach viele administrative Fäden zusammen, und das sollen die neuen Mitarbeiter alles kennenlernen. Zudem erhalten sie in Freiburg bereits Einblick in die einzelnen Bereiche, in denen sie auch später arbeiten werden. Was den digitalen Bereich angeht, so ist in Freiburg beispielsweise auch der First-Level-Support angesiedelt. Die neuen Mitarbeiter werden in Freiburg auch zum Teil über die Straumann-Produkte geschult. Anschließend sind sie dann meist für eine Woche in Hügelsheim, um dort das Medentika-Portfolio kennenzulernen, bevor es für sie weiter nach Renningen geht, wo Medentika einen Produktionsstandort betreibt. In Renningen werden alle Implantate und fast sämtliche Prothetikteile produziert. Mittlerweile sind wir bei einer Eigenfertigung von etwa 80 Prozent angelangt. Darüber hinaus gibt es aber noch ein zweites Fertigungswerk, ehemals Etkon, welches im sächsischen Markkleeberg ansässig ist.
Roger Svensson: Mittlerweile schicken wir nach und nach immer mehr Mitarbeiter zur Schulung in unser Fertigungswerk nach Sachsen. Sobald wir alle unsere neuen Mitarbeiter an Bord haben, planen wir, zusammen die Werke zu besuchen, die für die Zukunft besonders relevant sind – und dazu gehört mitunter die individuelle Prothetik. So werden wir sowohl den Produktionsstandort in Markkleeberg nahe Leipzig besuchen als auch Createch im spanischen San Sebastián. Ein Teil unserer Mannschaft war bereits schon dort. Createch ist wichtig für uns, da sie individuelle Stege oder Brücken herstellen und für über 600 Implantatplattformen prothetische Lösungen anbieten.
Andreas Abels: Für uns ist das alles auch einfach eine umfassende Sortimentserweiterung und ein Mehrwehrt für das Auftreten von Medentika auf dem Markt. Wir werden zu Recht als Marktführer in der Implantatprothetik wahrgenommen. Durch die neue Technologie von Createch oder Rapid Shape zum Beispiel kommt jetzt die Herausforderung dazu, dass wir unseren Kunden kommunizieren, wofür wir eigentlich stehen. Bisher waren wir doch eher analog aufgestellt, mit einem leichten digitalen Einschlag. Jetzt verstärken wir allerdings diesen digitalen Anspruch und genau darin liegt auch die Herausforderung für die nächste Zeit. Wir haben mit Rapid Shape und Createch zwei wundervolle Partner im Haus, sodass das eigentlich nur eine Erfolgsgeschichte werden kann – da bin ich mir sicher.
Wie wird innerhalb der Straumann Group das Thema „original vs. originalgetreu“ diskutiert? Gibt es in dieser Hinsicht Konflikte?
Udo Wolter: Ich kann dieses Thema persönlich nicht wirklich ernst nehmen. Am Ende bieten doch alle großen Implantathersteller Abutments für andere Systeme an – sei es nun Straumann mit Etkon, CAMLOG mit Dedicam oder Dentsply Sirona mit Atlantis. Man kann das nicht auf der einen Seite verteufeln und es auf der anderen Seite dann selbst so machen.
Roger Svensson: Zwar sind die Garantiebestimmungen bei Medentika- und Straumann-Produkten fast dieselben, allerdings gibt es ein Differenzierungsmerkmal: Bei den Roxolid-Implantaten bietet Straumann eine Lifetime Plus Garantie an. Dies ist ein zusätzliches Honorar in einer Höhe von 1.000 Euro, welches im Schadensfall gezahlt wird. Natürlich gibt es eine offizielle Freigabe für Medentika-Abutments auf Straumann-Implantate, und am Ende entscheidet immer der Zahntechniker oder der Zahnarzt, welches Abutment er verwendet. Wenn ein Medentika-Abutment in ein Straumann Roxolid-Implantat kommt, gibt es natürlich die normalen, standardmäßigen Garantien. Allerdings würde das eben genannte zusätzliche Honorar entfallen. Ansonsten sind fast alle Garantiebestimmungen gleich. Für Medentika gilt außerdem, dass es nicht nur auf das Abutment, sondern auch auf das Implantat Garantieleistungen gibt, welche auch in Zukunft unverändert bleiben. Die einzige Ausnahme ist eben die Lifetime Plus-Garantie.
Udo Wolter: Im Wettbewerb wird oft gern Unwahres erzählt, und Kunden werden verunsichert, frei nach dem Motto: „Wenn du ein Originalimplantat nimmst und setzt dazu ein Fremdabutment ein, dann bist du als Zahnarzt quasi Hersteller und trägst demnach auch die volle Haftung.“ Wenn du allerdings ein Originalimplantat und ein Originalabutment zusammenbringst, bildest du dadurch auch ein neues Produkt, und dann bist du in deiner Rolle als Hersteller genauso in der Produkthaftung – das ist nichts anderes. Eine Angst in puncto Fremdprodukte zu schüren, ist demnach völlig unnötig. Zudem möchte ich gerne Folgendes anmerken: Wenn ein Originalimplantat verwendet wird und unser Aufbau kommt darauf, dann hat der Kunde eine volle, lebenslange Garantie auf unsere Teile. Im Falle, dass sich der Originalhersteller, der eigentlich für sein Produkt geradestehen sollte, aus der Verantwortung windet, gibt Medentika auch Garantie auf das Fremdimplantat. Wenn er beispielsweise ein neues Implantat von uns braucht, so kann er dies erwerben und wir übernehmen die Kosten. Der Kunde hat also die gleiche Absicherung, wie wenn er alles nur bei einem Hersteller kaufen würde. Dies klarzustellen, ist uns sehr wichtig.
Roger Svensson: Garantieleistungen sind ein Thema, welches aus Wettbewerbsgründen oft anders argumentiert oder dargestellt wird. Allerdings haben wir für uns innerhalb der Straumann Group diesen Kreis jetzt geschlossen. Bisher war es so, dass wir oft nur auf unserer Originalprothetik herumgeritten sind – durch die Beteiligung an Medentika hat sich für uns nun ein riesengroßer neuer Markt aufgetan. Die Integration ist anfänglich natürlich immer etwas holprig, keine Frage. Medentika war bis vor zwei Jahren immerhin einer der Hauptmitbewerber im Feld der Prothetik. Allerdings glaube ich, dass die Mitarbeiter mittlerweile verstanden haben, was es auf einmal für neue Chancen und Möglichkeiten gibt. Neben den 16 Medentika-Mitarbeitern haben wir über 60 Kolleginnen und Kollegen, die parallel zu uns Labore und Zahnärzte besuchen und dabei helfen, diese neuen Möglichkeiten in den Markt hineinzutragen. Wir haben schlichtweg die geballte Manpower, und wir erhoffen uns dadurch auch weiterhin tolle Zuwachsraten.
Medentika will sich trotz der Zusammenführung weiterhin als eigenständige Marke auf dem Labormarkt aufstellen. Sprechen Sie in diesem Zusammenhang eher von Erneuerung oder von Erweiterung?
Udo Wolter: Ich finde, wir sollten eher von Erweiterung sprechen. Marco Gadola, CEO von Straumann, ist ein wahrer Visionär. Er hat einmal gesagt, dass man auf Dauer nicht nur von Schrauben leben könne. Und in der Tat möchten wir ja ein Gesamtanbieter für die Ästhetische Zahnheilkunde werden. Bei dem Kongress der International Team for Implantology (ITI) letztes Jahr haben wir eine Art „Vor-Kongress“ mit den Schwerpunkten Markt und Strategie gehalten, an welchem auch Marco Gadola teilgenommen hat. Dort hat er dargestellt, warum Straumann derartige strategische Zusammenführungen forciert. Und zwar nicht, weil sich Straumann einfach nur Träume erfüllen will, sondern weil sich der Markt schlichtweg ständig verändert – und darauf muss man reagieren. Derzeit verändert sich der Markt sowohl mit Blick auf das „Value“-Segment als auch was das Thema Klinikketten betrifft. Es hilft nichts – man darf sich Veränderungen nicht versperren, sondern muss sich manchmal einfach anders aufstellen.
Roger Svensson: Erweiterung ist das Stichwort. Zwar ist die Prothetik momentan noch immer für den Kernumsatz verantwortlich, allerdings ist das IPS Implant System und das Implantatgeschäft im Allgemeinen auch sehr wichtig für uns. Zwischen dem Premiumsegment und dem Value-Segment geht die Schere zurzeit immer weiter auseinander. Wenn wir mal einen Blick auf die prozentuale Verteilung werfen, so findet derzeit 43 Prozent im Premiumsegment statt und 57 Prozent im Value-Segment. Mit Medentika haben wir innerhalb der Straumann Group jetzt eine starke Marke, und auch preislich haben wir uns so positioniert, dass wir für viele Zahnärzte eine tolle Alternative darstellen.
Was plant Medentika in der kommenden Zeit in puncto Fortbildungen?
Udo Wolter: Wir machen bereits sehr viel in dieser Hinsicht. Schwerpunktmäßig geht es uns natürlich primär darum, über die vielfältigen Möglichkeit für das Labor aufzuklären. Wir planen derzeit einige Veranstaltungen, die wir in Zusammenarbeit mit Laboren und Chirurgen durchführen werden. Dabei können wir dann auch unser Unternehmen vorstellen und die vielfältigen Optionen, die es für das Labor gibt, darstellen. Ehrlich gesagt ist das keine Raketenwissenschaft, die wir machen. Wir schauen uns lediglich den Markt an und überlegen: Was gibt es bereits? Was hat sich bewährt? Was kann man optimieren? Unsere Philosophie ist „Präzision aus Leidenschaft“. Wir möchten alles eben noch eine Prise exakter machen als andere. Wenn wir zum Beispiel bei einem System bemerken, dass es noch keine Titanbasis für den angulierten Schraubenkanal gibt – dann wollen wir das ändern und Lösungen anbieten. Unsere Kunden im Labor, die unterschiedliche Systeme verwenden, sollen natürlich die Möglichkeit haben, mit jedem Implantatsystem die gleiche prothetische Versorgung durchführen zu können. Diese Möglichkeit möchten wir natürlich auch auf unseren Fortbildungsveranstaltungen darstellen und kommunizieren. Hierbei möchten wir Vertrauen schaffen und aufzeigen, mit welcher Präzision wir arbeiten und welche zusätzlichen Möglichkeiten mit unseren Produkten vorhanden sind. Allerdings bieten wir keine Einsteigerkurse an – unsere Zielgruppe sind schon die erfahreneren Implantologen. Für Einsteiger gibt es ja bereits Kurse genug. Wir bieten für unsere Kunden eher Hospitationskurse an, bei denen es um fortgeschrittene Techniken geht.
Vielen Dank für das Gespräch.
Foto: OEMUS MEDIA AG