Finanzen 16.03.2020

Der Einzelkämpfer verschwindet, die Einzelpraxis nicht

Das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) analysiert seit 1984 gemeinsam mit der Deutschen Apotheker- und Ärztebank das zahnärztliche Investitionsverhalten und publizierte im Dezember 2019 die zentralen Ergebnisse für das Jahr 2018. Rund 600.000 EUR für eine Einzelpraxisneugründung und mittlerweile fast 400.000 EUR für eine Einzelpraxisübernahme nehmen zahnärztliche Existenzgründer im Durchschnitt für die Existenzgründung in die Hand.

Galt die Niederlassung in eigener Praxis zu Beginn des Millenniums für die jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte noch als üblich bis selbstverständlich, so stellen die jungen Zahnärzte die Niederlassung heute oftmals lieber erst einmal zurück. Als Grund wird das finanzielle Risiko angeführt, aber auch Überlegungen zur Work-Life-Balance und zur Familienplanung werden immer wieder genannt.

Seit 2018: Jede zweite Niederlassung erfolgt durch eine Frau

Diese vielfältigen individuellen Entscheidungen schlagen sich in der Statistik nieder. Frauen lassen sich zwar seltener nieder als Männer, stellen aber inzwischen zwei Drittel der frisch approbierten Zahnärzte. Seit 2018 herrscht Pari: Jede zweite Niederlassung erfolgt durch eine Frau. Die Niederlassung erfolgt im Schnitt mit 36 Jahren, Frauen sind mit 37 Jahren knapp zwei Jahre älter als ihre männlichen Kollegen. Jede dritte Zahnärztin ließ sich 2018 erst jenseits der 40 in der eigenen Praxis nieder. Zwei Dekaden zuvor hatte der Altersdurchschnitt noch bei 33 Jahren gelegen.

Männer investieren mehr in Neugründung

Frauen gründen heute also vergleichsweise später und präferieren dann auch oftmals etwas kleinere Praxiszuschnitte. In die Neugründung einer zahnärztlichen Einzelpraxis investierten Männer durchschnittlich 711.000 EUR und damit 39 Prozent mehr als die Frauen, die im Schnitt 513.000 EUR investierten. Bei der Einzelpraxisübernahme lagen die Finanzierungsvolumina von Zahnärztinnen mit 356.000 EUR etwa 18 Prozent niedriger als die Investitionen der männlichen Kollegen, die 434.000 EUR investierten.

Verdoppelung des Finanzierungsvolumens für Neupraxis

Das durchschnittliche Finanzierungsvolumen für die Neugründung einer Einzelpraxis hat sich seit 2003 nahezu verdoppelt. Allerdings ist die Einzelpraxis von vor zwanzig Jahren auch kaum noch mit der modernen Einzelpraxis von heute vergleichbar. Die Einzelpraxis wird heute „kooperativer“ und damit auch größer gedacht: Zum einen streben viele junge Zahnärztinnen und Zahnärzte in die Anstellung, zum anderen stellen junge zahnärztliche Existenzgründer ihrerseits Zahnärzte ein – und berücksichtigen den personellen Aufbau der Praxis bereits bei der Niederlassungsplanung. Das treibt die Finanzierungsbeträge in die Höhe. Und die Unterschiede zwischen Einzelpraxis und Berufsausübungsgemeinschaft verwischen damit zusehends.

Der Einzelkämpfer stirbt aus, die Einzelpraxis hat hingegen offensichtlich noch Potenzial für die Zukunft zu bieten.

Trend BAG lässt auf sich warten

Von dem vielbeschworenen Trend zur Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) ist momentan jedenfalls noch nicht viel zu spüren. Lediglich jede vierte Existenzgründung erfolgt in Form einer Berufsausübungsgemeinschaft. Männer präferierten deutlich häufiger (27 Prozent) die Kooperation als Frauen (19 Prozent). Bei den jüngeren Zahnärztinnen und Zahnärzten (bis 30 Jahre) präferiert immerhin jede(r) Dritte die Berufsausübungsgemeinschaft. Die Neugründung einer Berufsausübungsgemeinschaft schlug in 2018 mit 411.000 EUR zu Buche, während die Übernahme einer Berufsausübungsgemeinschaft im Schnitt ein Finanzierungsvolumen in Höhe von 362.000 EUR erforderte.

Praxisübernahme liegt vorn

Zwei Drittel der Existenzgründerinnen und Existenzgründer entscheiden sich für die Übernahme einer Einzelpraxis – eine angesichts des reichlichen Angebots an Praxisabgaben sinnvolle Option. Zukunftsfitte Praxen sind gefragt, während „Altersteilzeitpraxen“ mit Investitionsstau oftmals keinen Käufer mehr finden. Trotz des bestehenden Angebotsüberhanges sind die Übernahmepreise in den vergangenen Jahren nicht nur stabil geblieben, sondern teils sogar kräftig angestiegen. Der Kaufpreis für eine Einzelpraxis beläuft sich derzeit auf 178.000 EUR (2014: 167.000 EUR), für eine Berufsausübungsgemeinschaft auf 237.000 EUR (2014: 145.000 EUR).

Verschwindend kleine Insolvenzrate

All diese Durchschnittszahlen können lediglich Hinweise und Fingerzeige für potenzielle Praxisgründer sein. Letztlich muss sich die eigene Praxis nicht nur rechnen, sondern auch Spaß machen. Immerhin steht sie in aller Regel auf sicheren Füßen. Die Insolvenzquote von Zahnarztpraxen liegt derzeit (2017) bei einem Promille, das heißt, einer gescheiterten Niederlassung stehen 999 Praxisinhaber gegenüber, die ihr Schiffchen auch in stürmischer See noch zu steuern wissen.

Autor: Dr. David Klingenberger

Der Beitrag ist in der ZWP spezial erschienen.

Foto Teaserbild: grandeduc – stock.adobe.com

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