Personalmanagement 14.10.2011
Machen Sie Blaumachern das Leben schwer
Sind Arbeitnehmer infolge Krankheit arbeitsunfähig, so ruht für die Dauer der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ihre Arbeitspflicht. Der Arbeitgeber hat in solchen Fällen für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit, maximal jedoch für sechs Wochen, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten. So bestimmt es der § 3 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes.
Während die meisten Arbeitnehmer nur dann nicht zum Dienst erscheinen, wenn sie tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt sind oder aus Pflichtbewusstsein sogar dann noch zum Dienst erscheinen, gibt es leider ein kleineres Kontingent an Arbeitnehmern, die die Pflicht zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle missbrauchen und schlichtweg „Blaumachen“. Diese „krankfeiernden“ Arbeitnehmer schädigen nicht nur ihre Arbeitgeber, die zu Unrecht Entgeldfortzahlung zu leisten haben, sondern auch ihre Kollegen, die Mehrarbeit zu bewältigen haben. Auch der Krankenversicherung entsteht durch eventuell unnötige Arztbesuche ein wirtschaftlicher Schaden, denn es ist keine Seltenheit, dass Blaumacher ihrem Arbeitgeber eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen.
Obwohl im Arbeitsrecht einer solchen Bescheinigung ein hoher Beweiswert zukommt, beweist sie doch zunächst, dass der Mitarbeiter arbeitsunfähig erkrankt ist, so muss sich der Arbeitgeber nicht immer in sein Schicksal fügen und Blaumachern widerstandslos Entgeltfortzahlung leisten.
1. Medizinischer Dienst der Krankenkassen
Eine Möglichkeit sich zu wehren, besteht in der Einbeziehung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen, kurz MDK. Vorraussetzung für die Einschaltung des MDKs ist das Vorliegen von Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der testierten Arbeitsunfähigkeit. Nach § 275 Abs. 1a SGB V liegen Zweifel vor:
-wenn Arbeitnehmer häufig auffällig oder auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind oder
-der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig an einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende der Woche fällt oder - die Arbeitsunfähigkeit von einem Mediziner festgestellt worden ist, der durch häufige Krankschreibungen auffällig geworden ist.
Selbstverständlich können Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch durch Beobachtungen entstehen, wenn z.B. eine „krank geschriebene“ Mitarbeiterin bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten beobachtet wurde. Ob bei Auszubildenden ein trotz Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfolgter Schulbesuch Zweifel begründet, hängt von der konkreten Erkrankung ab. Auszubildende sind in diesen Fällen jedoch gut beraten, wenn sie den Schulbesuch mit dem behandelnden Arzt abstimmen und auch den Ausbildungsbetrieb vorab informieren.
Auch die Ankündigung einer Arbeitsunfähigkeit oder unmittelbar vorausgehende Differenzen können Zweifel begründen.
2. Einschaltung des MDK
Bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Arbeitsunfähigkeit, so können sich Arbeitgeber an die zuständige Krankenkasse wenden und dort eine Überprüfung durch den MDK beantragen. Hierbei sollte ausgeführt werden, worauf sich die Zweifel stützen. Nach Einschaltung des Medizinischen Dienstes lädt dieser den betreffenden Mitarbeiter oder die betreffende Mitarbeiterin zu einer Kontrolluntersuchung ein. Weigert sich der/die Arbeitnehmer/in der Einladung nachzukommen, wird der Arbeitgeber hierüber informiert und ist berechtigt, die Entgeltfortzahlung zu verweigern. Nach erfolgter Begutachtung wird der Arbeitgeber über das Ergebnis informiert, wenn er noch zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist, weil die sechswöchige Entgeltfortzahlungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
Die Krankenkasse informiert den Arbeitgeber, ob eine Arbeitsunfähigkeit besteht und/oder ob die testierten Zeiten korrekt waren. Entgeltfortzahlung muss der Arbeitgeber nur für die von der Krankenkasse bestätigten Krankheitszeiten leisten.
Es empfiehlt sich jedoch, vor Einschaltung des MDK sorgfältig zu prüfen, ob wirklich objektive Zweifel vorliegen. Denn wenn z.B. eine tatsächlich arbeitsunfähig erkrankte Mitarbeiterin beim MDK einbestellt wird, dürfte dies ohne Zweifel das Arbeitsverhältnis belasten.
3. Weitere Optionen
Wenn nichts anderes im Arbeitsvertrag vereinbart wurde, müssen Arbeitnehmer erst dann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beibringen, wenn die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage andauert. Eine Regelung, die leider manchmal missbraucht wird. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 Entgeltfortzahlungsgesetz sind Arbeitgeber jedoch berechtigt, bereits für den ersten Abwesenheitstag eine ärztliche Bescheinigung zu verlangen. Eine weitere Möglichkeit sich gegen Blaumacher zu wehren, besteht in Krankenbesuchen. Ein solcher Besuch ist nicht nur eine freundliche Geste, sondern hat hier und da auch eine genesungsfördernde Wirkung. Eine Pflicht, dem Arbeitgeber Einlass in die Wohnung zu gewähren, besteht jedoch nicht.
Im Zusammenhang mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sollte sich auch stets vor Augen gehalten werden, dass nicht jede Krankheit zwingend zur Arbeitsunfähigkeit führt. Denn gelegentlich ist der Mitarbeiter auch trotz Krankheit in der Lage, seine vertraglich geschuldeten Pflichten zu erfüllen. Eine Arbeitsunfähigkeit besteht nur, wenn der Arbeitnehmer infolge der Krankheit seine ausgeübte Tätigkeit nicht weiter ausüben kann oder wenn hierbei die Gefahr der Verschlimmerung der Krankheit besteht. Dies setzt jedoch voraus, dass der testierende Arzt auch genaue Kenntnisse von der Tätigkeit des Arbeitnehmers hat. Dies ist häufig nicht der Fall. Hier kann ein Anruf beim Arzt bzw. eine Schilderung der konkreten Tätigkeit hilfreich sein.
Auch wenn die genannten Hinweise und Ratschläge nicht dazu führen, dass Blaumachern komplett das Handwerk gelegt wird, so können sie doch dazu führen, dass das Blaumachen erschwert wird. Abschließend sei nochmals ausdrücklich klargestellt, dass es sich bei den „Blaumachern“ um eine absolute Minderheit unter den Arbeitnehmern handelt.
Quelle: Michael Behring, LL.M. Zahnärztekammer Niedersachsen