Personalmanagement 02.10.2020

Recruiting 2020: Geeignete Mitarbeiter für die Praxis finden



Recruiting 2020: Geeignete Mitarbeiter für die Praxis finden

Neben der Führung von Mitarbeitern im Alltag stellt bereits die Suche nach ihnen für viele Praxisinhaber eine große Herausforderung dar. Hohe Kosten für Anzeigen, wenige bzw. unpassende Bewerber oder Enttäuschungen in den ersten Monaten auf einer Seite/beiden Seiten – dies ist Alltag in deutschen Zahnarztpraxen. Muss das in der Dentalwelt immer so sein? Welche Lösungen gibt es, die auch nachhaltig wirken, ökonomisch wie psychologisch? Der folgende Beitrag stellt einige hilfreiche Tipps zur Mitarbeitersuche vor.

Arbeitgeberprofil erstellen – Warum sollte sich ein Bewerber in dieser Praxis bewerben?

Auf der Suche nach der geeigneten Zahnarztpraxis haben Bewerber derzeit die große Auswahl. Es macht daher für Praxen Sinn, sich zunächst Gedanken darüber zu machen, welches Arbeitgeberprofil sie ausmacht. Ziel ist es einmal, dass sich jene Bewerber melden, die zur Praxis passen. Umgekehrt sollen aber auch diejenigen, die merken, dass sie es nicht tun, sich gar nicht erst bewerben. Stimmigkeit auf beiden Seiten ist gefragt.

Mit folgenden Fragen kann man ein solches Profil entwickeln:

  • Was unterscheidet meine Praxis von anderen?
  • Was biete ich als Arbeitgeber?

Fachkräfte interessieren sich dabei u. a. für das Behandlungsspektrum, die Ausstattung, Praxisgeschichte (Tradition, Neugründung) ebenso wie für die Lage und Anfahrt (Parkplätze, ÖPNV), Arbeits- und Freizeitplanung (Schichtsystem), Weiterbildungsmöglichkeiten (intern/extern), Vergütungssysteme (Orientierung am Tarifvertrag, Benefits) und gelebte Praxiskultur. Auszubildende wünschen sich Informationen zum Beruf, der Qualität der Ausbildung selbst und Fortbildungen. Um herauszufinden, was die Attraktivität der eigenen Praxis für Bewerber ausmacht, kann man auch die letzten Mitarbeiter, die zum Team gestoßen sind, fragen, warum sie sich für die Praxis entschieden haben.

Personalmarketing leben: Wie spreche ich Bewerber an?

Die Zeiten, in denen eine einzige Anzeige in der örtlichen Tagespresse für alle Arten von Bewerbergruppen (Azubis, Fachkräfte für alle Bereiche und angestellte Ärzte) ausreicht, sind definitiv vorbei.

Die Einstiegsfragen lauten hier:

  • Wo sind meine Bewerber unterwegs?
  • Wie suchen sie?

Die einzelnen Gruppen sind viel in den unterschiedlichen sozialen Medien unterwegs – da macht es Sinn, diese gezielt und mit hochwertigen Anzeigen/Filmen u. Ä. anzusprechen. Vielleicht möchte ein Azubi einen Blog über seine Ausbildung schreiben? Eine authentischere Form der Bewerberansprache gibt es nicht, und sie ist zudem mit sehr großem Erfolg verbunden. Ob Instagram oder Facebook – wenn man selbst weder Zeit hat noch Fachkenntnisse besitzt, so kann einer der Mitarbeiter das Posten übernehmen.

Vielleicht gibt es auch Möglichkeiten, um diese Aufgabe an Externe (z. B. eine Agentur oder Bekannte) zu delegieren. Zeitnah und hochwertig sollte es immer sein. Bei den Jobportalen sind vor allem jene zu empfehlen, die sich auf den dentalen Bereich konzentriert haben und mit ihren unterschiedlichen Aktivitäten für große Reichweiten der Anzeigen sorgen.

Recruiting-Anzeigen entwerfen: Was will ich mitteilen?

Neben der eigenen Website ist jede Stellenanzeige eine Visitenkarte gegenüber einem potenziellen Bewerber. Einen positiven Eindruck hinterlassen jene, die einmal die wichtigsten Fragen der Bewerber beantworten (s. o.) und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Angebot („Wir bieten Ihnen“) und Erwartung der Praxis („Sie bieten uns“) darstellen. Beide Aspekte sollten daher die gleiche Anzahl an Beiträgen aufweisen. Insbesondere die sprachliche Genauigkeit bei den Erwartungen ist wichtig. Mit den Standformeln (Sind sie teamfähig, flexibel und belastbar – dann freuen wir uns über Ihre Bewerbung) zeigt der Arbeitgeber lediglich auf, dass er sich wenige Gedanken über seine Erwartungen gemacht hat, und zudem wird hier der Grundstock für spätere Missverständnisse gelegt:

  • Wer versteht was unter flexibel?
  • Ist eine zeitliche (Vor- oder Nachmittagsstunden), örtliche (verschiedene Standorte) oder inhaltliche (Einsatz in unterschiedlichen Bereichen der Praxis) Flexibilität gemeint?
  • Was versteht der Arbeitgeber selbst unter teamfähig?

Wenn der Bewerber im späteren Praxisalltag teamfähig im Sinne der Praxis sein soll, so sollte man die Erwartungen hier mit Worten konkret beschreiben (und später im Vorstellungsgespräch wieder aufgreifen). Der Bewerber kann unter vielen Anzeigen wählen. Als Arbeitgeber sollte man ihm eine zeitnahe Kontaktaufnahme so einfach wie möglich machen. Eine Telefonnummer mit einer Ansprechperson für Fragen ist dabei ebenso wichtig, wie die Nennung aller Kontaktkanäle (Post, persönlich, E-Mail).

Bewerbungsgespräche führen: Was möchte ich wissen?

Die Qualität dieser Gespräche hängt von vielen Faktoren ab. Eine Analyse der Bewerbungsunterlagen und konkrete Fragen zur Motivation, Bewerbung und den bisherigen beruflichen Erfahrungen sind sinnvoll. Mit kritischen Fragen („Welche Erwartungen haben Sie an Ihren Chef?“) und zu den eigenen Vorstellungen (Teamfähigkeit: „Sie sind von einem Fehler des Kollegen betroffen – wie verhalten Sie sich?“) erfährt man viel über den Bewerber. Besonders Leistungsträger fühlen sich von dieser Qualität der Kommunikation angesprochen. Idealerweise redet der Arbeitgeber selbst nur sehr wenig und lässt vor allem den Bewerber erzählen.

Nach dem Recruiting: Was muss ich als Arbeitgeber noch tun?

Haben sich Praxis und Bewerber geeinigt und der neue Mitarbeiter steigt ein, so lehnen sich viele Inhaber entspannt zurück und freuen sich, dass jetzt alles abgeschlossen ist. Meist werden der neue Mitarbeiter und das Team dann sich selbst überlassen. Wenn der Neue Fragen habe, so könne er sich ja melden, und man zeigt ihm vielleicht noch, wo das QM liegt – so sieht meist die Einarbeitung in deutschen Praxen aus. Wer als Arbeitgeber jedoch die Probezeit nutzen und von Beginn an wissen will, welche Potenziale der Bewerber hat sowie (vermeidbare) Konflikte im Team verhindern und Leistungsträger langfristig binden möchte, der ist mit einer strukturierten Einarbeitung gut beraten. Das Team hat schon genug mit der Neuorientierung der sozialen Beziehungen untereinander zu tun – als Arbeitgeber entlastet man beide Seiten, indem der Neue schnell und gezielt das praxisinterne Wissen erhält, das er braucht, um gut in das Team integriert zu werden. Jede Praxis ist anders strukturiert, und jeder Behandler denkt/arbeitet anders – und für jeden Bewerber ist es doppelt schwer (und frustrierend), sich an die neuen Abläufe zu gewöhnen und gleichzeitig alles bei den Kollegen erfragen zu müssen. Es belastet alle im Team massiv. Zudem wünschen sich Leistungsträger ein Feedback zu ihrer Arbeit – zeitnah und ehrlich, um sich selbst und ihre Arbeit zu verbessern und nicht erst nach Monaten, nach denen die Versäumnisse der letzten Zeit aufgezählt werden. Dies sind Gründe, warum viele Mitarbeiter eine Praxis nach wenigen Monaten wieder verlassen (wollen) oder nach anfänglichem Interesse Dienst nach Vorschrift machen.

Fazit

Ein gutes Einarbeitungskonzept umfasst daher Ressourcen, bei dem ein erfahrener Kollege Zeit hat, dem neuen Mitarbeiter Dinge zu zeigen und sich von dessen Fähigkeiten überzeugen und ihm zeitnah Feedback geben kann. Als Praxisleitung kann man sich durch mehrere Gespräche innerhalb der Probezeit von der Passgenauigkeit der Mitarbeiter überzeugen. Dieser kann seinerseits schauen, ob es für ihn stimmig ist, was von ihm erwartet wird und ob seine Erwartungen, die der Recruiting-Prozess weckte, erfüllt wurden. Damit ist eine konsequente Fortführung des Arbeitgeberprofils gegeben, das bei der Bewerberansprache nach außen transportiert wird: aufzeigen der eigenen Erwartungen und Abgleich mit den Angeboten der Gegenseite. So entsteht ein tiefes Vertrauen – eine Grundlage für lange und gute Zusammenarbeit – ohne Enttäuschungen auf einer der beiden Seiten.

Der Beitrag ist im Prophylaxe Journal erschienen.

Foto Teaserbild: Zentangle – shutterstock.com

Mehr News aus Personalmanagement

ePaper