Praxishygiene 17.01.2013

Praxis-Check-up für die Hygienebegehung



Praxis-Check-up für die Hygienebegehung

Foto: © Tatjana Balzer - Fotolia.com

Teil 2

Ein effektives Hygienemanagement ist nicht nur den Behörden, sondern auch Ihren Patienten ein zentrales Anliegen. Patienten sehen mehr als man denkt – besonders was Sauberkeit und Hygiene angeht. So stehen als Ergebnis von vielen Patientenbefragungen Hygienesicherheit und Infektionsschutz an oberster Stelle der Prioritäten beim Zahnarztbesuch. Schenken Sie diesen Themen daher höchste Aufmerksamkeit und setzen Sie Hygienestandards in Ihrer Praxis – zum Schutz Ihrer Patienten, Ihres Teams und für Sie selbst.

In der ZWP 12/2012 wurden im ersten Teil des Beitrages neben Arbeits- und Brandschutzmaßnahmen mögliche Handlungsanweisungen zur Erfüllung der Hygienemaßstäbe für das Wartezimmer, den Röntgenraum und die Behandlungsräume gegeben. Es folgen weitere Hygieneanforderungen, damit eine Praxis gut und sicher für eine Praxisbegehung aufgestellt ist.

Schritt 4: Aufbereitungsraum

Grundsätzlich sind die Arbeitsabläufe der Medizinproduktaufbereitung in die Bereiche „unrein“, „rein“ und „Lagerung“ zu differenzieren. Es empfiehlt sich, hierfür die Flächen durch farbliche Markierungen zu kennzeichnen, um eine klare Trennung sicherzustellen. In den Bereich „unrein“ fallen unter anderem Waschbecken, Abstellfläche für die Instrumententransportboxen, Thermodesinfektor, Ultraschallbad sowie eine Fläche für die Sicht- und Funktionsprüfung (manuelle Pflege, Ölung) der Medizinprodukte. Auf der „reinen“ Seite findet das Verpacken und Einschweißen der Instrumente statt. In diesem Bereich befinden sich das Siegelgerät, der Autoklav und eine Fläche zur Durchführung der Schlussprüfung mit anschließender Freigabe der Medizinprodukte. Verwendete Instrumente sollten am besten direkt im Anschluss an die Patientenbehandlung in einer dafür vor-gesehenen dicht verschließbaren Box in den Aufbereitungsraum transpor-tiert werden. Zeitliche Verzögerungen oder lange Standzeiten von kontaminierten Medizinprodukten sind grundsätzlich zu vermeiden. Grobe Verschmutzungen an den Medizinprodukten sollten in der Regel direkt nach der Verwendung entfernt werden. Gemäß den „Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten“ des RKI (Robert Koch-Institut, Aktualisierung Oktober 2012) sind maschinelle Verfahren manuellen Verfahren vorzuziehen, da diese standardisierbar und reproduzierbar sind und den Arbeitsschutz begünstigen. Vor Beginn der Reinigung müssen die verwendeten  Medizinprodukte ggf. zerlegt und in eine dafür vorgesehene nicht fixierende Desinfektionslösung eingelegt werden. Beachten Sie hier-bei die Angaben der Hersteller zu Konzentration, Einwirkzeit, Materialverträglichkeit und Standzeit der Desinfektionsmittellösung. Die für die manuelle Vorreinigung der Medizinprodukte verwendeten Hilfsmittel (z.B. Bürsten) sind ebenfalls regelmäßig zu reinigen, zu desinfizieren bzw. gänzlich zu erneuern. Der Gebrauch von Nylonbürsten ist dem von Metallbürsten vorzuziehen. Andernfalls können die Oberflächen der Medizinprodukte, durch Reibung von Metall auf Metall, verkratzt und auf Dauer beschädigt werden.

Nach der manuellen Reinigung ist es notwendig, die Instrumente unter fließendem Wasser abzuspülen, um die darauffolgende Desinfektion aufgrund möglicher Rückstände von Reinigungsmitteln nicht zu beeinträchtigen. Zur Verhinderung der Entstehung von Ablagerungen des regulären Leitungswassers, durch die in ihm gelösten Salze, ist entmineralisiertes Wasser zu empfehlen. Für eine anschließende Trocknung der Medizinprodukte kann Druckluft verwendet werden, da diese die Instrumente schont und zusätzlich eine Rekontamination vermieden werden kann. Einer möglichen manuellen Vorreinigung folgt die maschinelle Reinigung und Desinfektion. Achten Sie in diesem Zusammenhang unbedingt darauf, ob Ihre Medizinprodukte gemäß herstellerspezifischen Angaben für die maschinelle Aufbereitung freigegeben sind. Um Ihre Medizinprodukte instand zu halten ist es grundsätzlich entscheidend, verunreinigte Instrumente niemals für einen längeren Zeitraum im Reinigungs- und Desinfektionsgerät (RDG)/Thermodesinfektor zu belassen und die Wartezeit bis zur Aufbereitung so kurz wie möglich zu halten. Empfehlenswert ist es, die Schlussspülung im RDG mit vollentsalztem Wasser durchzuführen, um Kristallbildung auf den Medizinprodukten zu vermeiden. Das Spülgut sollte zudem sofort nach Beendigung des Programms aus dem RDG entnommen werden, da andernfalls durch Restfeuchtigkeit in der geschlossenen Maschine Korrosion entstehen kann. Zudem ist eine ausreichende Trocknung der Medizinprodukte sicherzustellen. Ist diese durch das RDG nicht gegeben, sollte diese bspw. durch die Verwendung von Druckluft sichergestellt werden. Die anschließende Prüfung auf Sauberkeit und Unversehrtheit der maschinell gereinigten und desinfizierten Medizinprodukte muss äußerst gründlich durchgeführt werden. Neben einer Sichtkontrolle auf Restverschmutzung sollten die Instrumente auch auf Oberflächenveränderungen hin geprüft werden. Es empfiehlt sich, mit einer Lupe bzw. einer Arbeitslampe mit Vergrößerungsglas zu arbeiten. Darauf folgt die Funktionsprüfung und Pflege (Ölung etc.) der Instrumente.

Die Instrumente sind anschließend je nach ihrer Einstufung unverpackt bzw. verpackt im Autoklav zu sterilisieren. Bei der Verpackung der Medizinprodukte ist darauf zu achten, dass das Verpackungssystem passend zum eingesetzten Sterilisationsverfahren ist. Bei der Sterilisation ist insbesondere die ordnungsgemäße Beladung des Autoklav entscheidend. Beispiele für vorgegebene Beladungsmuster können aus den Herstellerangaben entnommen und in praxisindividuelle Arbeits- und Verfahrensanweisungen inte-griert werden. Auch Informationen über Pflege und Routineprüfungen Ihrer Reinigungs-, Desinfektions- und Sterilisationsgeräte finden Sie in den Angaben der Hersteller. Diese Angaben sind unter anderem ebenfalls bei der Risikobewertung und Einstufung der Medizinprodukte einzubeziehen. Der Aufbereitungsprozess endet mit der Freigabe zur Lagerung bzw. zur erneuten Anwendung der Medizinprodukte. Die Freigabe schließt die Überprüfung und Dokumentation des vollständigen und korrekten Prozessverlaufs, die Kontrolle der Sterilgutverpackung (bspw. Breite der Siegelnaht, Abstand zwischen Siegelnaht und Medizinprodukt, Aussehen der Siegelnaht) sowie die Verpackungskennzeichnung etc. mit ein. In diesem Zusammenhang ist es erforderlich, die zur Freigabe berechtigten fach- und sachkundigen Mitarbeiter schriftlich festzulegen. Die Aufzeichnungen über die Aufbereitung der Medizinprodukte sind für mindestens fünf Jahre aufzubewahren. Der gesamte Aufbereitungsprozess ist mit validierten Verfahren durchzuführen.
Standardarbeitsanweisungen müssen zu jedem Schritt vorliegen und eine Prozessvalidierung zur maschinellen Reinigung und Desinfektion ebenso wie zur Sterilisation durchgeführt werden. Die Validierung dient dem Erfolgsnachweis des Aufbereitungsverfahrens. Zudem wird sichergestellt, dass das definierte Ergebnis reproduzierbar und ständig nachweisbar ist. In Bezug auf Tätigkeiten im Aufbereitungsraum gilt es, Ihren Mitarbeitern eine PSA (persönliche Schutzausrüstung) zur Verfügung zu stellen. Denn gerade bei der manuellen Aufbereitung von Medizinprodukten oder dem generellen Umgang mit kontaminierten Medizinprodukten müssen Ihre Mitarbeiter entsprechend geschützt sein. Bei der Standard-Schutzausrüstung handelt es sich unter anderem um eine Mund-Nasen-Schutzmaske, eine Schutzbrille mit Seitenschutz, eine flüssigkeitsdichte Schürze, eine Schutzhaube ebenso wie flüssigkeits- und chemikalienbeständige autoklavierbare Handschuhe. Wesentlich ist es, beim Tragen dieser Handschuhe zu berücksichtigen, dass die Stulpe oben umgeschlagen wird, um rücklaufende Flüssigkeit ins Innere des Handschuhs zu vermeiden und die Handschuhe nach jeder Nutzung korrekt zu trock-nen und zu pflegen.

Schritt 5: Praxislabor

Gleichfalls betrifft die Einführung eines professionellen Hygienemanagements die im Behandlungszimmer genommenen Abformungen und zahntechnischen Werkstücke. So empfiehlt sich für den Transport der Abdrücke vom Behandlungszimmer in das zahnmedizinische Labor eine fest verschließbare Box. Die Abdrücke sollten noch vor dem Transport direkt im Behandlungszimmer unter fließendem Wasser abgespült werden. Im Labor sollten die Werkstücke anschließend in einem dafür vorgesehenen Abdruckdesinfektionsmittel im Tauchbadverfahren desinfiziert werden. Hierbei ist es elementar, dass Ihre Mitarbeiter die vom Hersteller vorgeschriebene Einwirkzeit genau befolgen und die Werkstücke nicht vor Ablauf der Zeit aus dem Tauchbad entfernen. Der Einsatz einer Stoppuhr ist hier anzuraten. Standzeiten der Desinfektionslösung sind ebenso zu beachten wie die korrekte Kennzeichnung des angesetzten Produktes auf der Tauchbaddose.

Schritt 6: Personalraum

Für das Personal ist ein Pausen- bzw. Umkleideraum mit Bekleidungsspinden vorzusehen. Dabei muss innerhalb der Schränke zwingend eine Trennung von privater Straßenkleidung und benutzter Arbeitsbekleidung eingehalten werden. Haben Sie zusätzlich ein Auge darauf, dass Ihre Mitarbeiter den Pausenraum nicht mit Schutzkleidung betreten. Zudem benötigen Ihre Mitarbeiter eine Möglichkeit zur Aufbewahrung von Speisen und Getränken. Der hier-für verwendete Kühlschrank darf jedoch nicht gleichzeitig als Lagerort von kühlpflichtigen Produkten (Arzneimitteln, Medizinprodukten) dienen – denn für deren Lagerung ist ein separater Kühlschrank erforderlich.

Händehygiene – aber bitte richtig

Gerade in Bezug auf die Händehygiene ist es wichtig, Röntgenraum, Behandlungszimmer, Aufbereitungsraum, Praxislabor, Personal- und gegebenenfalls Patiententoilette mit handfrei bedienbaren Wandspendern für Flüssigseife und Desinfektionsmittel auszustatten. Aus hygienischen Gesichtspunkten ist ebenfalls die Anbringung von kontaminationsgeschützten Wandspendern für Handtücher zu empfehlen. Grundsätzlich besteht die Forderung nach
der Bereitstellung von Handtüchern zum einmaligen Gebrauch. Die Händehygiene gehört zu den entscheidenden Maßnahmen bei der Ver-hütung von Infektionen und schützt nicht nur den Patienten, sondern darüber hinaus Sie und Ihr Team. Uhren, Ringe und andere Schmuckstücke an Händen und Unterarmen dürfen demnach bei der Behandlung nicht
getragen werden. Die hygienische Händedesinfektion ist vor und nach jeder Behandlung, bei Arbeitsvor- und -nachbereitung, Behandlungsunterbrechung etc. durchzuführen. Achten Sie bei der Auswahl des Händedesinfektionsmittels unbedingt auf ein bakterizides, fungizides, viruzides und VAH-gelistetes Produkt (Verbund für Angewandte Hygiene). Weiterhin ist die Einhaltung der Einwirkzeit des Produktes zu berücksichtigen. Die Hände sollten zudem während des gesamten Einreibvorgangs zwingend von dem Desinfek-tionsmittel durchfeuchtet sein. Wenn möglich sollte die Händedesinfektion dem Händewaschen vorgezogen werden, da das Händewaschen die Hände stark austrocknen kann. Das Händewaschen sollte sich demnach auf ein Minimum vor Arbeitsbeginn und nach Arbeitsende sowie bei sichtbarer Verschmutzung beschränken. Für einen präventiven und reparativen Hautschutz wird die Bereitstellung von
entsprechenden Hautschutz- und Hautpflegemitteln empfohlen. Sämtliche Produkte wie Händedesinfektions-, Händereinigungs- und Hautschutzmittel sind in den Hygieneplan aufzunehmen. Das Tragen von Handschuhen bei der Patientenbehandlung zählt als absolutes Muss – ebenso wie das Ablegen der Handschuhe beim Verlassen eines Funktionsbereiches und die  Durchführung der Händedesinfektion.

Allgemein nützliche Praxistipps

Vergessen Sie nicht, regelmäßige Unterweisungen (mindestens jährlich) Ihrer Mitarbeiter durchzuführen, diese zu dokumentieren und sich von Ihren Mitarbeitern bestätigen zu lassen. Unterweisungen gelten als notwendiges Instrument, um in den unterschiedlichsten Bereichen  über auftretende Gefahren, Neuerungen, Änderungen sowie zu ergreifende Schutzmaßnahmen zu informieren. Gemäß den RKI-Empfehlungen und des Praxishygieneplans ist die von den
Mitarbeitern getragene Arbeitskleidung regelmäßig zu wechseln und zu waschen. Mit Krankheitserregern kontaminierte Arbeitskleidung hat in einem dafür vorgesehenen dichten und widerstandsfähigen Behälter (beispielsweise beschriftete Kunststoffbox mit Deckel) gesammelt und von sauberer Kleidung getrennt gelagert zu werden. Sollte die Aufbereitung nicht von einem externen Reinigungsunternehmen übernommen werden, ist für das Aufbereiten der Wäsche die Verwendung eines speziell mikrobiziden und VAH-gelisteten Waschmittels anzuraten. Handelsübliche Hygienespüler aus dem Drogeriemarkt reichen hier nicht aus. In Ihrer Praxis befinden sich viele Gefahrstoffe, die sowohl für Sie selbst, für Ihre Mitarbeiter als auch für den Patienten eine Gefahr darstellen können. Alle mit einem Gefahrstoffkennzeichen versehenen Produkte müssen folglich sachgerecht gelagert und ihre Handhabung den Mitarbeitern bekannt sein. Beispielsweise sollten sich keine ätzenden Mittel auf Schränken in zwei Meter Höhe oder gar Reinigungsmittel mit dem Gefahrstoffzeichen „reizend“ auf dem Patienten-WC befinden. Vermeiden Sie solche Risikoquellen zum Schutz und zur Sicherheit aller Beteiligten!

Checkliste Hygiene-Dokumentation

Es empfiehlt sich, der Behörde bei einer möglichen Begehung u.a. diese Dokumente vorlegen zu können bzw. in Ihrer Praxis auszuhängen:
– Praxisorganigramm und Stellenbeschreibung Medizinprodukteaufbereitung
– Bestandsverzeichnis und Medizinproduktebuch
– Standardarbeitsanweisungen für die einzelnen Arbeitsprozesse der Aufbereitung und die dazugehörigen Prozesstätigkeiten (beispielsweise Transport der Instrumente, Desinfektionsverfahren etc.)
– Risikobewertung bzw. Einstufung von Medizinprodukten
– Hygieneplan (Schriftliche Festlegung aller Maßnahmen zur Reinigung, Desinfektion und Sterilisation sowie zur Ver- und Entsorgung inkl. Instandhaltungsarbeiten an den Medizinprodukten)
– Liste der zur Freigabe der aufbereiteten Medizinprodukte berechtigten Mitarbeiter

Fazit

Einer externen Begehung sollten Sie nicht mit Sorge entgegensehen, sondern diese vielmehr als Element der kontinuierlichen Verbesserung, der Aufdeckung von Optimierungspotenzial und Weiterentwicklung Ihrer Praxis ansehen. Der vorliegende Artikel stellt die wesentlichen sicherzustellenden Schritte für die Themengebiete Hygiene und Arbeitssicherheit dar, erhebt aber aufgrund des umfangreichen Themengebietes keinen Anspruch, alle erforderlichen Initiativen aufzuführen.

Seminarreihe zu GOZ, Hygiene und QM wird 2013 fortgeführt
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