Praxishygiene 04.12.2012

Praxis-Check-up für die Hygienebegehung



Praxis-Check-up für die Hygienebegehung

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Teil 1

Behördliche Praxiskontrollen dienen dem Schutz und der Sicherheit von Patient, Mitarbeiter und Behandler selbst. Bei einem gut funktionierenden QMS (Qualitätsmanagementsystem) in enger Verzahnung mit den relevanten behördlichen Vorschriften gibt es keinen Grund, einer Begehung mit Sorge entgegenzusehen. Überprüfen Sie selbst, ob Sie in Ihrer Praxis gesetzliche Vorgaben optimal umsetzen und für eine Praxisbegehung gut und sicher aufgestellt sind.

Gerade in Bezug auf den Arbeitsschutz gibt es einige entscheidende Vorschriften und Maßnahmen zu beachten. Als Arbeitgeber ist es Ihre Pflicht, diese Maßnahmen entsprechend umzusetzen. In diesem Zusammenhang ist die Bestellung eines Sicherheitsbeauftragten (m/w) erst ab einer Praxisgröße von zwanzig Mitarbeitern erforderlich. Bei Eintritt des nicht wünschenswerten Falls eines Arbeitsunfalls in Ihrer Praxis ist es wichtig, dass allen Beteiligten das Verhalten im Ernstfall bekannt und vertraut ist. Zur Erstversorgung gehören beispielsweise die unverzügliche Einleitung entsprechender Sofortmaßnahmen wie Wundreinigung, -desinfektion und -versorgung. Die Erstversorgung ist durch den Ersthelfer, in der Regel Sie selbst, zu leisten. Bei einem Unfall mit einem Gefahrstoff ist es immer sinnvoll, direkt das Sicherheitsdatenblatt des jeweiligen Stoffes für den Rettungsdienst griffbereit zu halten. Es ist notwendig, sowohl einen gut sortierten Erste-Hilfe-Koffer als auch ein vollständiges Verbandsortiment für die Mitarbeiter leicht zugänglich aufzubewahren. Unfallverletzte müssen sich je nach Art des Arbeitsunfalls, beispielsweise bei einer Nadelstichverletzung, unverzüglich bei dem jeweiligen Durchgangsarzt vorstellen. Zur Dokumentation von Arbeitsunfällen und den entsprechend geleisteten Erste-Hilfe-Maßnahmen dient ein Verbandbuch, das direkt im Erste-Hilfe-Koffer aufbewahrt werden kann. Eine Unfallanzeige muss nur dann ausgefüllt und an die BGW (Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege) versendet werden, wenn die Arbeitsunfähigkeit des verletzten Mitarbeiters länger als drei Tage andauert. Als weitere Maßnahme sollten Sie einen Notfallplan für Verhalten bei Unfall gut sichtbar in Ihrer Praxis aushängen. Der Notfallplan ist individuell anzupassen und hat alle Rufnummern der im Notfall zu kontaktierenden Stellen und Personen zu enthalten. Hierzu zählen die Kontaktdaten des für Ihre Praxis zuständigen Betriebs- sowie des Durchgangsarztes. Nicht nur das Verhalten im Ernstfall spielt eine wichtige Rolle im Arbeitsschutz, sondern zusätzlich die arbeitsmedizinische Prävention. Für die Erhaltung der Gesundheit Ihrer Mitarbeiter und die Minimierung einer möglichen Krankheitsverursachung aus dem Praxisumfeld sind Vorsorgemaßnahmen wie Impfprophylaxe oder infektionspräventive Maßnahmen am Patienten (gewissenhafte Anamnese und orale Antisepsis) unverzichtbar. Über die Immunisierung ebenso wie über das Angebot an Vorsorgeuntersuchungen gilt es Ihre Mitarbeiter aufzuklären, zu unterweisen und dieses schriftlich zu dokumentieren. Achten Sie darauf, dass es neben Angebotsuntersuchungen entsprechende arbeitsmedizinische Pflichtuntersuchungen für Ihre Mitarbeiter gibt. Auch der Brandschutz erfordert in Verbindung mit Arbeitssicherheit Ihre Beachtung. Zur Brandschutzvorbeugung zählt das Aufstellen einer ausreichenden Anzahl an Feuerlöschern, die sich nach der Grundfläche Ihrer Praxis bemisst. Für die Installation der Feuerlöscher empfiehlt sich die Beauftragung einer sachkundigen Firma, die Ihnen die Löscher sowohl leicht zugängli-chen anbringt, deutlich kennzeichnet als auch regelmäßig wartet. Wichtig ist eine jährliche Unterweisung der Mitarbeiter hinsichtlich Handhabung der Löscher, Verhaltensregeln im Brandfall und generelle Risikominimierung. Desweiteren muss ein Alarmplan für das Verhalten im Brandfall an einer gut sichtbaren Stelle in der Praxis ausgehangen und Flucht- und Rettungswege klar gekennzeichnet werden.

Mit anderen Augen durch die eigene Praxis

Als optimale Handlungsanweisung bezüglich der Erfüllung der Hygienemaßstäbe empfiehlt es sich, Ihre Praxis selbst zu begehen und die folgend aufgeführten Inhalte zu berücksichtigen. Bedenken Sie dabei zudem Räumlichkeiten wie Wartezimmer, Sozialraum etc. Durch die Vorgehensweise Zimmer für Zimmer ist eine Schritt-für-Schritt-Überprüfung sichergestellt und gibt Ihnen und Ihren Mitarbeitern einen klaren Aktionsplan, was noch umzusetzen ist.

Schritt 1: Wartezimmer

In jedem Fall können Sie für Ihre Patienten Getränke im Wartezimmer zur Verfügung stellen. Allerdings sollten Sie den Einsatz eines Wasserspenders vermeiden, da dieser unter bestimmten Umständen zu Legionellenbildung führen kann. Gegen Pflanzen im Wartebereich oder an der Anmeldung spricht nichts, dagegen sind Pflanzen in den Behandlungszimmern, aufgrund der möglichen Sporenbildung in der Blumenerde, untersagt. Des Weiteren ist es wichtig, dass im Wartezimmer befindliche Zeitschriften nicht von den Patienten mit in die Behandlungszimmer genommen werden dürfen, da sonst ein Risiko der Kontamination besteht.

Schritt 2: Röntgenraum

Im Röntgenraum gelten die gleichen hygienischen Standards wie in den Behandlungszimmern. So sind von Ihren Mitarbeitern bei allen patientenbezogenen Tätigkeiten in diesem Bereich medizinische Einmalhandschuhe zu verwenden. Nach jeder Patientennutzung ist es erforderlich, sowohl Kontaktflächen als auch Röntgenschutzweste gründlich zu wischdesinfizieren. Gegebenenfalls verwendete Röntgenhalter müssen ebenfalls aufbereitet werden. Bei der Desinfektion von Flächen ist grundsätzlich von Sprühdesinfektionsmitteln abzusehen, da durch den freigesetzten Sprühnebel die Atemwege gereizt und Allergien gefördert werden können. Es empfiehlt sich die Umstellung auf getränkte Wischdesinfektionstücher, die in alle Behandlungsräume, in Röntgen-, Aufbereitungs- und Laborraum gehören. Bitte achten Sie bei der Auswahl des Flächendesinfektionsmittels unbedingt auf ein aldehydfreies Produkt, da es sonst zu Proteinfixierung kommen kann. Die Wischdesinfektionstücher sind fertig getränkt oder selbst ansetzbar erhältlich. Bei einem Selbstansetzen der Tücher ist es wichtig, die Kennzeichnung auf den wiederverwendbaren Boxen stets korrekt zu aktualisieren. Hierzu zählt unter anderem die Bezeichnung des genauen Inhalts, das Ansetzdatum, die Chargennummer, Name des Mitarbeiters, der die Tücher angesetzt hat, etc. Gerade bei der Verwendung eines konventionellen Röntgensystems ist es von großer Bedeutung, Ihren Mitarbeitern für die Reinigung des Entwicklerautomaten oder den Wechsel der Entwicklerlösungen eine entsprechende PSA (persönliche Schutzausrüstung) zur Verfügung zu stellen. Die PSA sollte aus Schutzbrille mit Seitenschutz, einer Mund-Nasen-Schutzmaske – so bleiben Augen und Gesicht vor Chemikalienspritzern geschützt – sowie aus Schutzkleidung am besten in Form eines flüssigkeitsdichten Kittels bestehen. Da die üblichen medizinischen Einmalhandschuhe bei diesen Tätigkeiten nicht ausreichen, sind flüssigkeitsdichte und chemikalienbeständige Schutzhandschuhe nach DIN EN von Ihren Mitarbeitern zu tragen. Bezugnehmend auf den Wechsel von Entwicklerflüssigkeiten und Fixierbädern ist eine Entsorgung der Altstoffe über ein sachkundiges Entsorgungsunternehmen vorzunehmen. Bitte bedenken Sie hierbei, die Ihnen vom Entsorgungsunternehmen ausgehändigten Entsorgungsbelege korrekt aufzubewahren und die jeweiligen Aufbewahrungsfristen dabei einzuhalten.

Schritt 3: Behandlungsräume

Für die Behandlungszimmer gibt es einen wichtigen Grundsatz: Je weniger Gegenstände sich auf den Behandlungsoberflächen befinden, desto weniger Kontaminationsfläche bietet sich. Demzufolge gehören Patientenumhänge, Patientenservietten ect. zur Aufbewahrung in die Schubladen der Behandlungseinheiten. PC-Monitor und -Zubehör dürfen sich auf der Arbeitsfläche befinden. Es ist jedoch sinnvoll, diese vor Kontamination zu schützen oder von Beginn an so auszuwählen, dass sie reinigungs- und desinfektionsfähig sind. Vermeiden Sie unbedingt die Nutzung von Mauspads, da sich diese nicht konsequent desinfizieren lassen und somit hygienisch bedenklich sind. Zwecks Kontaminationsschutz ist die vollständige Abdeckung von Flächen und Gegenständen bei bestimmten Behandlungen empfehlenswert. Für den Transport der gebrauchten Instrumente aus den Behandlungsräumen in den Aufbereitungsraum eignen sich am besten dicht verschließbare Kunststoffboxen. Diese Transportbehälter sind auf der Arbeitsfläche eines jeden Behandlungszimmers unerlässlich. Für die Handhabung von kontaminierten Instrumenten ist es generell am sichersten, mit Container-Kassetten zu arbeiten. Die mit kontaminierten Instrumenten gefüllten Kassetten sollten jedoch nur in einem fest verschließbaren Transportbehälter in den Aufbereitungsraum gebracht werden. Neben der Transportbox für Instrumente muss zudem eine sogenannte „Medi-Box“ gut zugänglich in jedem Zimmer aufgestellt werden. Sie dient der sicheren Entsorgung von spitzen und scharfen Gegenständen. Nur durch ihre speziellen Vorrichtungen lässt sich das Abstreifen von Kanülen und Skalpellen berührungsfrei und äußerst sicher darstellen. Weisen Sie Ihre Mitarbeiter an, regelmäßig die Füllstände der Boxen zu kontrollieren und diese rechtzeitig zu ersetzen. Nicht wünschenswert sind Boxen, aus deren Öffnungen benutzte Kanülen herausragen und so die Verletzungsgefahr Ihrer Mitarbeiter noch begünstigen. Ebenso verhält es sich mit dem traditionellen 10-Liter-Desinfektionskanister, vollgefüllt mit verwendeten Kanülen, auch diesen möchte kein Prüfer in Ihrer Praxis gerne sehen. Bei dem Einräumen und der Entnahme von Instrumenten aus den Schubladen der Behandlungszimmer ist die Verwendung einer Instrumentenzange ratsam. Auf diese Weise lässt sich eine Kontamination der übrigen in der Schublade befindlichen Instrumente vermeiden. An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass von einem Öffnen der Schubladen während einer laufenden Behandlung abzusehen ist. Nach jedem Patienten ist es notwendig, neben den Arbeitsflächen die Behandlungseinheiten selbst gründlich zu desinfizieren. Zu Beginn eines jeden Behandlungstages ist es unbedingt notwendig, alle Wasserentnahmestellen an den Behandlungseinheiten zwei Minuten mit Wasser durchzuspülen. Gleiches gilt immer nach einer Behandlung beziehungsweise vor Beginn einer nächsten. Hierbei ist bereits eine Durchspülzeit von zwanzig Sekunden ausreichend. Ebenso ist es anzuraten, die Absauganlage zwischen zwei Patienten mit einem Luft-Wasser-Gemisch für zwanzig Sekunden durchzusaugen.

Wechseln Sie außerdem die Amalgamabscheider in den Behandlungseinheiten regelmäßig aus. Die Entsorgung hat über ein sachkundiges Unternehmen zu erfolgen. Die ausgestellten Übernahmescheine der Entsorgungsfirma müssen gemäß Aufbewahrungsfrist verwahrt werden. Überdies ist eine Wartung der Amalgamabscheider nach Herstellerangaben regelmäßig vorzunehmen. Jegliche Prüfungen sind in einem dafür vorgesehenen Wartungsbuch festzuhalten. Extrahierte Zähne mit Amalgamfüllung gelten ebenso als Sonderabfall und sind mit anschließendem Nachweis sachgerecht zu entsorgen. Auf eine PSA (persönliche Schutzausrüstung) ist nicht nur im Umgang mit Gefahrstoffen und bei der Aufbereitung von Instrumenten zu achten, sondern darüber hinaus auch während der Behandlung. Beispielsweise können aufgrund von Aerosolbildung bei der Zahnsteinentfernung kontaminierte Spritzer in Gesicht oder auf Kleidung gelangen. Es ist somit wesentlich, immer mit Arbeitskleidung, medizinischen Einmalhandschuhen, Mund-Nasen-Schutz und Schutzbrille zu behandelnn, um sich selbst und seine Mitarbeiter zu schützen. Neben der Schutzkleidung ist zudem auf das äußere Erscheinungsbild Ihrer Mitarbeiter Wert zu legen. Dabei sind offene lange Haare, lange Fingernägel und Hand- und Armschmuck zu unterbinden. Lassen Sie sich hier auf keine Diskussionen ein und halten sie konstant an den Richtlinien des RKI (Robert Koch-Institut) fest.

Lesen Sie im folgenden Teil 2, Ausgabe 1+2 Februar 2013, alles rund um die Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten des RKI (aktualisiert im Oktober 2012), die Hygiene im Sterilisationsraum und Co.

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