Praxishygiene 24.02.2015
Problemzonen der Wasserhygiene
Kaum ein Bereich im zahnärztlichen Alltag ist so stark reglementiert wie das Hygienemanagement in der Praxis. Dennoch weisen die zahlreichen Verordnungen Schwachstellen auf, die zu potenziell gefährlichen Defiziten führen können. Eine noch zu wenig beachtete und bisher nicht korrekt regulierte Thematik findet sich beispielsweise in der Wasserhygiene.
Eine wachsende Zahl von Regelungen bestimmt den Praxisalltag in der Zahnmedizin. Obwohl ihr Ziel in der Normierung der Arbeitsabläufe und damit der Verbesserung der Qualitätsstandards besteht, wird die erzeugte Arbeitslast durch Mitarbeiter und Praxisbetreiber häufig als erdrückend und unüberschaubar empfunden. Auch zur Wasserhygiene in Zahnarztpraxen sind Vorschriften fixiert, die allerdings trotz des erheblichen Gefährdungspotenzials nur wenig über das regelmäßige Spülen und die jährliche Keimzahlprüfung hinausgehen. Die verbindlichen Verordnungen zur Leitungsinstallation verbessern die Wasserhygiene kaum.
Wasserhygiene richtig? Schwierig!
Die einwandfreie Reinigung von Oberflächen, Instrumenten und Verbrauchsmaterial stellt hohe Anforderungen an Mitarbeiter und Praxisverwaltung hinsichtlich der Kenntnis der Hygienebestimmungen, der Sorgfalt und des Zeiteinsatzes. Hingegen sind bei der Wasserhygiene lediglich generelle Vorgaben vorhanden, für deren Einhaltung die Praxis mit einem hohen Maß an Eigeninitiative sorgen muss. Trinkwasser ist das wichtigste Arbeitsmittel der Zahnmedizin. Es ist Kühl-, Schmier- und Reinigungsflüssigkeit zugleich. Dabei kommt es in Kontakt mit offenen Wunden, wird verschluckt und von Patienten und Behandlern als Sprühnebel aspiriert.
Keimzahl als Maßeinheit der Wasserhygiene
Laut Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des Robert Koch-Instituts (KRINKO), häufig RKI-Empfehlung genannt, soll eine Keimzahl von 100 pro Milliliter Wasser nicht überschritten werden. Der Begriff „Empfehlung“ spielt die Bedeutung herunter: Die Keimzahl ist das belastbarste Maß für eine Risikoeinschätzung seitens der Gesundheitsbehörden. Mit welchen Mitteln der Grenzwert eingehalten werden soll, ist dem Praxisbetreiber selbst überlassen. Hier besteht Unklarheit über die notwendigen Maßnahmen und baulichen Anforderungen. Sicher ist: Bereits die Zuleitungen der Dentaleinheiten werden dem gefährdeten Bereich zugerechnet. Wegen Stagnation, Erwärmung und retrograder Kontamination sind zahnmedizinische Installationen besonders anfällig gegenüber Verkeimung.
Stehendes Wasser ist verkeimtes Wasser
Die Trinkwasserverordnung verlangt verbindlich eine Systemtrennung der Dentaleinheiten von der Trinkwasserversorgung durch eine freie Fallstrecke (höchste Sicherungskategorie). Dies dient nicht der Hygiene innerhalb der Praxis, sondern soll das Trinkwassernetz vor Rückverkeimung schützen. Der Einbau eines Wasserfilters wird empfohlen und ist anerkannter Stand der Technik. Auf die regelmäßige Wartung sollte im Sinne der Hygiene unbedingt geachtet werden. Die Fallstrecke wird in der Regel in die Dentaleinheit eingebaut, wo sie zu stark miniaturisiert und zu wenig durchströmt ist, um ihren Zweck zuverlässig zu erfüllen. Zudem erwärmt sich das Wasser im Vorlagebehälter durch die umliegende Technik und wird zu einer Brutstätte von Pilzen und Bakterien. Während die verordnete Systemtrennung und der Filter Risikopotenzial besitzen, sucht man in den Verordnungen Angaben zur hygienegerechten Installation vergebens.
Fallstrick Fallstrecke
Wenn die Fallstrecke in den Dentaleinheiten kontraproduktiv ist, warum wird sie dennoch eingebaut? Die Antwort lautet: Aufgrund rechtlicher Absicherung. Eine Systemtrennung nach DIN EN 1717 muss baulich umgesetzt werden. Trotzdem besteht dadurch kaum effektiver Schutz vor Rückverkeimung: Die hygienische Problemzone beginnt bereits in den Zuleitungen der Dentaleinheiten. Der Zweck der Verordnung, den gefährdeten Bereich abzutrennen, wird durch die untaugliche, aber scheinbar normgerechte Ausführung vereitelt. Eine gesetzeskonforme und tatsächlich sichere Systemtrennung kann nur am Beginn der schwach durchströmten Leitung geschehen, nämlich dem Abzweigpunkt des Leitungsstrangs zu den Dentaleinheiten.
Hygienegerechte Leitungsinstallation
Eine hygienegerechte Leitungsinstallation unterbindet Verkeimung auch außerhalb der Dentaleinheiten. Gelegentlich durchgeführtes „Biofilm-Removing“ ist keine nachhaltige Lösung, denn ohne Ursachenbeseitigung bildet sich der Biofilm schnell wieder nach. Der Bildung von Biofilm wird vorgebeugt, indem ihm die Lebensgrundlage dauerhaft entzogen wird. Eine dem Leitungsstrang vorgeschaltete Wasserentkeimungsanlage kann dies leisten. Die Leitungen sollten gegenüber Raumtemperatur und Abwärme anderer Installationen isoliert sein, keine Totleitungen aufweisen und keine Verbindung zum Warmwasser haben. Enthärtungs- und Korrosionsschutzanlagen lassen sich nicht immer vermeiden – auch sie stellen ein Hygienerisiko dar. Das Wasser sollte häufig und jeden Abschnitt durchströmen, was sich mit einer Ringleitung verwirklichen lässt. Das Optimum ist eine Zwangsumwälzung in Kombination mit Systemtrennung und Entkeimung am Abzweigpunkt der separaten Ringleitung. Gegebenenfalls kann in Folge sogar auf die Systemtrennung und Entkeimung in den einzelnen Dentaleinheiten verzichtet werden – eine Ersparnis und nicht zuletzt auch eine enorme Entlastung der Praxismitarbeiter.
Autor:
Dr. Hanno Mahler
Biologe und Geschäftsführer der Dental Water Technology GmbH & Co. KG
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