Praxismanagement 13.07.2016

Gibt es berufliche Alternativen für Zahnärzte?



Gibt es berufliche Alternativen für Zahnärzte?

Foto: © diego cervo – Fotolia.com

Wenn wir ehrlich sind, stellt sich bei uns Zahnärzten nach den ersten, mit viel Idealismus getragenen Berufsjahren, häufig eine unterschwellige Resignation und Frustration ein. Viele Kollegen – ob angestellt oder selbständig – sind früher oder später den Praxisalltag überdrüssig, aus verschiedenen, individuellen Gründen. Es gibt berufliche Alternativen, von denen dieser Artikel berichtet.

Die Berufsschule

Viele Berufsschulen, z. B. in Nordrhein Westfalen, suchen für ihren Fachkundeunterricht in der Ausbildung der zahnmedizinischen Fachangestellten, Zahnärzte, welche die fachliche Kompetenz und Berufserfahrung mitbringen, um den zukünftigen Fachkräften das wichtige Know-how beibringen zu können.

Der Weg führt über eine Bewerbung bei der zuständigen Zahnärztekammer. Ich habe 2011 eine Initiativbewerbung an die ZÄK Nordrhein geschickt. Solange keine Stelle seitens der Schule zu besetzen ist, wird man auf eine „Warteliste“ gesetzt. Nach vier Jahren wurde in meinem Fall eine entsprechende Stelle an der Berufsschule frei und die Zahnärztekammer schlug mich der Schulleitung vor. Darauf folgt dann in der Regel ein kurzes Vorstellungsgespräch in der Schule, mit der Schulleitung, eventuell noch einer Ausbildungsbeauftragten. Dieses Gespräch dient in erster Linie einem gegenseitigen Kennenlernen und dem Benennen der zukünftigen Aufgaben. Vorkenntnisse im Unterrichten sind nicht erforderlich.

Aufgaben für den Fachlehrer:

  • Eigenverantwortliche Unterrichtsgestaltung anhand der Ausbildungsfachliteratur.
  • Gewünscht wird ein abwechslungsreicher, nicht rein frontaler Unterricht. Die Schüler/-innen sollen zur Mitarbeit animiert werden.
  • Eigenverantwortliche Notengebung für „sonstige Mitarbeit“ und selbst gestaltete „Klassenarbeiten“.
  • Organisation von Klassenbucheinträgen, Anwesenheiten und eventuell Vertretungsunterricht, Nachschreibeterminen
  • Neben dem Fachkundeunterricht kann der Hygieneunterricht übernommen werden und es können die Abschlussprüfungen der Zahnmedizinischen Fachangestellten abgenommen werden.

Man erhält Unterrichtsmaterial in Form von Altklausuren, einen IHK-Notenschlüssel und ein Curriculum für die 3 Ausbildungsjahre. Es wird genau erklärt, wie sich die Zeugnisnoten zusammensetzen, die Noten der zwei halbjährlichen Klassenarbeiten sind gleichwertig zu den zwei halbjährlichen „SoMi“-Noten (sonstige Mitarbeit).

Bevor man eigene Klassen für den Fachkundeunterricht zugeteilt bekommt, absolviert man eine Art „Referendariatszeit“,  d. h. man bekommt die Möglichkeit einige Wochen einem erfahrenen Kollegen beim Unterricht zuzuschauen, zu hospitieren.

Das Schuljahr mit der eigenen Klassenbetreuung beginnt nach den Sommerferien.

Im Gespräch mit der Schulleitung konnte ich mir den Wochentag auswählen, an welchem ich drei Klassen in je einer Doppelstunde unterrichte. Sechs Wochenstunden lassen sich gut mit dem zahnärztlichen Praxisalltag vereinbaren. Ich habe den Freitag ausgesucht. Die Wochenstundenzahl kann bei Interesse ausgebaut werden. Man erhält zwei Verträge. Einer wird von der Landesschulbehörde ausgestellt, welche die Stellenbesetzung genehmigt. Der zweite wird von der Zahnärztekammer ausgestellt.

Die Entlohnung ist lukrativ. Man erhält ein Gehalt von der Schulbehörde, durchgehend, auch an Ferientagen oder im Krankheitsfall. Für jede geleistete Stunde erhält man zusätzlich eine Entlohnung von der Zahnärztekammer, im Falle einer Selbstständigkeit immerhin 37 Euro! Neben der finanziellen Attraktivität, die das Unterrichten an einer Berufsschule beinhaltet, bringt die Fachlehrer-Tätigkeit auch eine Menge Spaß, Abwechslung und hält das Selbst erlernte aus Studienzeiten auf einem aktuellen Stand.

Entgegen mancher Vorbehalte sind die meisten Berufsschülerinnen ganz aufgeweckt und interessiert. Es kommt immer darauf an, wie spannend man selbst ein Thema mit den Schülerinnen bearbeiten kann. Wer Freude an Theorievermittlung hat und gerne aktiv an der Helferinnenausbildung beteiligt sein möchte, ist mit einer Fachlehrer- Tätigkeit an einer Berufsschule sehr gut beraten.

Dozent bei Fortbildungsanbietern

Viele klassische Fortbildungsanbieter bekommen online Konkurrenz. Als Zahnarzt kennt man das Problem: ein Curriculum oder eine Fortbildungsreihe weckt das Interesse, aber sie findet vielleicht nicht ortsnah statt, an Wochenenden und schon gibt es Argumente, die gegen eine Teilnahme sprechen.

Ein in Holland entwickeltes e-Learning-Konzept für Zahnärzte wird nun auch in Deutschland eingeführt. Es lässt sich zertifizieren und garantiert den Teilnehmern somit auch Fortbildungspunkte. Der Vorteil liegt in der ortsfreien, ungebundenen Kursreihe, die bequem am PC wahrgenommen werden kann. Ein Anbieter ist „E-WISE“. Dieser sucht freie Dozenten auf Honorarbasis. Es gibt zunächst rund dreißig Themen, die bei Zahnärzten Fortbildungsbedarf hervorrufen. Aus diesen Themen kann man sich als künftiger Dozent ein Thema frei wählen, z. B. Kommunikation in der Kinderzahnheilkunde.

Die Anbieter schließen Honorarverträge mit dem Dozenten ab. Für veranschlagte 20-25 Stunden Kursvorbereitungszeit ist Verhandlungsbasis ca. 1.800 – 2.000€.

Anforderungen an den Dozenten:

  • Fachliche Ausarbeitung des betreffenden Themas (Kursskript).
  • Eventuelle Visualisierung von Abläufen in der Praxis oder in einem ortsnahen Studio.

Die Anbieter unterstützen die grafische und visuelle Umsetzung. Der Kursaufbau und das fachliche Wissen sollten fundiert sein und dienen als Grundlage für die Erstellung der Online-Fortbildung. Auch diese Nebentätigkeit ist sehr interessant und eine Überlegung wert. Der Arbeitsaufwand ist verhältnismäßig gering, je nachdem, wie ausgelastet der Praxisalltag ist. Im Vergleich zur Fachlehrer-Tätigkeit an der Berufsschule ist die Dozententätigkeit sicherlich einfacher: kein direktes Lehren, es ist abstrakter und das Auditorium ist in jedem Fall interessiert am Lehrstoff und als Berufskollegen selbstverständlich auf einem anderen intellektuellen und fachlichen Level. Beide Nebentätigkeiten sind interessant und eine spannende Alternative oder Ergänzung zum täglichen Praxisalltag.

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