Praxismanagement 03.01.2018
Der Behandlungsplan als Chance für stressarmes Arbeiten
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Der Wunsch nach einer professionellen Zeitplanung des Behandlungstages steht wohl bei jedem Praxisteam ganz oben auf der Prioritätenliste. Lange Wartezeiten für Patienten, Überstunden für Mitarbeiter und frustrierte Praxisinhaber sollen der Vergangenheit angehören.
Auf der Suche nach Lösungen ist das Schlagwort „Zeitmanagement“ schnell gefunden – ein Wort, welches uns eigentlich trügerisch vorgaukelt, wir könnten die Zeit in unserer Praxis managen. Hier muss ich diesen Artikel gleich mit einer schlechten Nachricht beginnen: Die 60 Minuten, die wir für eine Präparation eingeplant haben, werden sich auch mit der motiviertesten Praxismanagerin nicht in 75 Minuten umwandeln lassen. Der vielleicht zweite Behandlungstermin des Tages bringt also schon einmal Unruhe in den Ablauf, in den nächsten 20 Minuten erscheinen noch zwei Schmerzpatienten und im Laufe des Vormittages erreicht die Praxis der Anruf, dass die Kollegin der Spätschicht heute nach einem Fahrradsturz nicht zur Arbeit kommen wird. Jeder, der täglich in einer Zahnarztpraxis arbeitet, wird zustimmen, dass nicht alle Dinge planbar, vorhersehbar oder einhaltbar sind. Dafür stehen wir im Dienst unserer Patienten, möchten unsere Praxis serviceorientiert, offen und freundlich führen und müssen deshalb auch ab und an mit einem Zeitchaos leben. Die gute Nachricht ist, dass es interessante Ideen und hilfreiche Arbeitsmittel zur Zeitplanung gibt und wir diese, im Einklang mit der Erkenntnis, dass wir nicht die Zeit managen können, sondern uns selbst organisieren müssen, in unseren Alltag integrieren können.
Zentrales Element: Der Behandlungsplan
Die Grundlage für einen gut strukturierten Tag ist ein qualifiziertes Team, in dem jeder nach seinen Kenntnissen in seinem Arbeitsgebiet mit klaren Arbeitsaufgaben und Verantwortlichkeiten eingesetzt wird. Die dazugehörige Dienst- und Urlaubsplanung und eine stabile Vertretungsregelung geben die nötige Sicherheit. Eine kurze Teambesprechung zum Sprechstundenbeginn bringt alle auf den gemeinsamen Kurs und deckt mögliche aktuelle Schwachstellen auf, entsprechende Reaktionen können noch realisiert werden.
Allen Instrumenten zur Zeitplanung, wie das Bestellsystem mit Schmerzzonen, der Behandlungsplan, die Checkliste zur Terminvergabe, das QM zum Termingespräch, die Patientenwarteliste und die Koordinierung komplexer Behandlungsabfolgen, kommt einzeln eine große Bedeutung zu. In sinnvoller Kombination führen sie zum gewünschten Erfolg. Der Behandlungsplan ist für mich einer der wichtigsten Steuerelemente im Zusammenspiel von Behandlung, Verwaltung sowie Patientenbedürfnissen und soll im Folgenden als praktisches Hilfsmittel für den Behandlungsablauf vorgestellt werden.
In irgendeiner Form existieren in jeder Praxis Behandlungspläne – mündlich auf Zuruf, für einzelne Behandlungen schriftlich, zum Beispiel werden oftmals prothetische Arbeitsschritte mit den entsprechenden Kostenplanungen und Terminfolgen notiert oder es gibt eine mehr oder weniger gut sortierte Zettelwirtschaft –, die den Patienten während seinen Behandlungen begleiten. Im klassischen Sinne ist der Behandlungsplan ein Papierdokument, vielleicht ein wenig vergleichbar mit einem Laufzettel. Verschiedene Verlage bieten dazu Formularvarianten an. Selbstverständlich kann er auch problemlos in einer papierlosen Praxis geführt werden, idealerweise in die vorhandene Praxissoftware eingebunden. Eine individuelle Formulargestaltung nach den Bedürfnissen der Praxis ist sicher sinnvoll und steigert die Funktionalität des Planes als Informationsquelle erheblich. Der problemlose Zugang zur Planung bei allen Patientenkontakten (Behandlungen, Aufklärungsgespräche, Telefonate, Verwaltungstätigkeiten) ist ebenso notwendig.
Zu den unbedingt planbaren Inhalten gehören aus zahnärztlicher Sicht die Therapieplanung in den notwendigen Einzelschritten und aus Sicht der Verwaltung die Terminvereinbarungen, die entsprechenden Honorarkalkulationen und Patienteninformationen. Der Behandlungsplan dient also dem Informationsaustausch zwischen Behandlungs- und Verwaltungsbereich, der übersichtlichen Planung von umfangreichen Sanierungsfällen und zusätzlich als Checkliste für das Behandlungsteam, um bei der Sprechzimmervorbereitung für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen. Das praxiseigene Formular sollte deshalb für den sinnvollen Gebrauch diese Parameter zwingend enthalten:
- Name des Patienten
- Erstellungsdatum
- Befund
- Therapie
- Materialinfo
- Zeitbedarf
- Termine und Mindestabstände zwischen den Behandlungen
- Behandler
- Priorität
- Kommunikation Behandlung/Verwaltung
Weitere nützliche Informationen können sein, je nach Bedarf und unter Berücksichtigung einer noch guten Überschaubarkeit:
- Besonderheiten im Versicherungsverhältnis des Patienten, relevant z. B. für zusätzlich gewünschte Kopien o. Ä.
- Hinweise aus der Anamnese, Verwendung von besonderen Materialien
- Termineinschränkungen des Patienten
- Behandler bei Gemeinschaftspraxen
- geplante Assistenz
- Sprechzimmerbelegung
- Planung des ausführenden Zahntechniklabors
- Änderungen im Behandlungsverlauf
- Kontakte mit dem Patienten/Rückfragen
In einem Beispiel wird nach der Neuaufnahme eines Patienten, der Befundung und der Therapieberatung ein Behandlungsplan erstellt (Abb. 1).
Sicherlich ist die beispielhafte Behandlungsfolge überschaubar und möglicherweise ohne den „verwaltungstechnischen Akt“ Behandlungsplan durchführbar. Im Sinne einer konsequent gut organisierten Praxis gibt es für mich allerdings keine einfachen oder komplizierten Fälle, sondern eine einheitliche Planung. Für die Vereinfachung ist es möglich und notwendig, für die Beschreibungen der Behandlungen in der Planung Abkürzungen zu verwenden. Denkbar sind hier die Abrechnungskürzel des BEMA oder die Eingabekürzel der Praxissoftware, außerdem natürlich die Fachbezeichnungen zur Zahnangabe und den Zahnflächen. Das gesamte Praxisteam muss einheitliche Begriffe verwenden, die allen zugänglich sind (Listenform) und auch für die Ausbildung oder Einweisungen bei Neueinstellungen gut zu vermitteln und einzuprägen sind.
Bei sehr umfangreichen Sanierungen, die sich geplant über einen längeren Zeitraum hinziehen werden, z. B. bei prothetischen Versorgungen auf Implantaten, empfiehlt es sich, die Behandlungsschritte in Phasen zu unterteilen und einzelne Behandlungspläne zu erstellen. In der prothetischen Behandlungsphase können zum Behandlungsplan noch weitere Formulare hinzugezogen werden, im Beispiel das Planungsblatt Zahnersatz und das Kommunikationsblatt mit dem zahntechnischen Labor für die Erstellung des Kostenvoranschlags (Formulare siehe QR-Code). Im Bereich Terminverwaltung ist es anschaulich und nachvollziehbar, unter welchen Umständen eine lücken- oder fehlerhafte Planung zur Stolperfalle werden kann.
Fallbeispiel
Abschließend und mit dem Ziel, einen kleinen Motivationsanschub für die Verwendung von Behandlungsplänen in das Praxisteam zu schicken, möchte ich ein Szenario zum Leben erwecken, das die Nützlichkeit dieses Arbeitsinstrumentes unterstreichen soll.
Unser Patient benötigt eine geplante Wurzelbehandlung (aufwendige Revision), die unter Mikroskop und mit einem Einlagewechsel erfolgen soll. Im Sprechzimmer erfolgt eine ausführliche Therapieberatung – mit sehr vielen medizinischen Details und den entsprechenden Aufklärungsbögen verlässt der Patient den Behandler. Die zusätzliche Information zur Terminvereinbarung ist in den Hintergrund getreten. Die Kollegin am Empfang ist bei der Terminvereinbarung versiert. Nachdem sie vom Patienten erfahren hat, dass es sich um eine Wurzelbehandlung handelt, benötigt sie keine weiteren Rückfragen und vereinbart die sonst vorgesehenen zwei Routinetermine mit einem Zeitbedarf von jeweils einer Stunde. Warum es im Verlauf dieser Behandlung zu verschiedenen organisatorischen und zeitlichen Problemen kommen musste, ist in einer Übersicht zusammengefasst (Tab. 1).
Zusätzlich zum Terminchaos, kurzfristigen Umplanungen von Zimmerbesetzungen, Assistentinnen und Änderungen der Instrumentenvorbereitung wäre hier noch zu ergänzen, dass der Patient zum ersten Termin ohne private Behandlungsvereinbarung und Kostenaufklärung erscheint.
Eine exakte schriftliche Behandlungsplanung für den jeweiligen individuellen Behandlungsfall ist die Grundlage für einen optimierten Praxisalltag, für das Bestellsystem, für den sinnvollen Einsatz von qualifiziertem Personal, für die Raumplanung, Materialwirtschaft und Sprechstundenvorbereitung. Der Aufwand beim Einstieg in das Arbeiten mit dieser Arbeitshilfe wird schnell und nachhaltig entschädigt, indem ein ruhiges, störungsfreies und stressarmes Praxisklima für Patienten und Team ermöglicht wird.
Weitere Formulare gibt es hier.
Der Beitrag ist im Endodontie Journal 4/2017 erschienen.