Praxismanagement 21.02.2011

Mit Konzept einrichten

Es gibt sie noch: Die Zahnarztpraxen der 70er-Jahre, die ihre Patienten mit beige-braunen Teppichen beeindrucken möchten, und in denen die Zahnarzthelferin hinter einem hohen Empfangstresen in ihrem selbst gewählten T-Shirt mit Zahnaufdruck sitzt und erst nach mehrmaligem Räuspern des Patienten den Kopf hebt. Für uns stand 2003 eines fest: Erfolg sieht anders aus!

Als wir 2003 mit der Praxisplanung begannen, waren wir uns sehr schnell einig: unsere Praxis soll Patienten nicht primär an eine Zahnarztpraxis erinnern, sondern eher an eine Lounge mit Wohlfühlcharakter.

Durch Zufall fanden wir auf einem alten Industriegelände ein leer stehendes Gebäude. Als wir das Gebäude betraten, standen wir in einer riesigen Halle. Der Fußboden bestand aus Sand, die alten Strohdecken waren ca. vier Meter hoch, und das, was uns sofort für dieses Objekt entscheiden ließ, waren die alten gusseisernen Säulen, die in regelmäßigen Abständen in der Halle verteilt standen. Mit dem Vermieter waren wir uns recht schnell einig: 260 m2 dieser Halle sollten zu unserer Praxis werden.


Der nächste Schritt bestand darin, unsere Vorstellungen und Wünsche unserem Dentaldepot pluradent Hannover mitzuteilen. Geplant wurden vier Behandlungszimmer, ein Prophylaxeraum, ein Büro mit separatem WC, ein Wartezimmer, ein Personalraum, ein zentraler Block mit Sterilisationsraum, ein Patienten-WC und ein Personal-WC, ein Ruheraum für Kinder zum Aufwachen nach Narkose, ein Röntgenraum mit digitalem Röntgen, ein Server-Raum für die Unterbringung des Praxisnetzwerkes für karteikartenloses Arbeiten und ein kleines Labor.

Der Fußboden wurde aufgeständert, sodass alle Leitungen unterhalb des Fußbodens verlegt werden konnten. An neuralgisch wichtigen Anschlusspunkten wurden herausnehmbare Bodenteile inseriert. Die Decke wurde abgehängt. Auf der abgehängten Decke wurden die Daten- und die Stromkabel verlegt. Auch die Schläuche für die zentral gesteuerte Raumbeduftungsanlage sind hier verlegt worden.

Der Grundriss der Praxis wurde folgendermaßen gestaltet: In einem zentralen Block befindet sich der Sterilisationsraum, das Patienten-WC und das Personal-WC. Diesen Block umgibt ein Flur. Dies hat den Vorteil, dass die Wege aus den Zimmern in den Sterilisationsraum kurz sind, und dass Patienten sich in unseren Fluren nicht verlaufen können, da alle „Wege nach Rom“ bzw. wieder zum Empfang führen.

Das Design

Unser Praxisdesign ist eine Kombination aus altem Industriebau mit Stahl- und Glaselementen, kombiniert mit modernen Designer-Möbeln. Die Praxis verfügt über drei Fensterseiten, die für ein freundliches, helles Licht sorgen. Die lichte Raumhöhe beträgt 3,20m. Die Flure sind sehr breit gehalten. Die gusseisernen Säulen wurden aufbereitet und erhalten. Teilweise sind Säulen vorhanden, die mit alten Backsteinen verkleidet sind. Auch die Außenwände sind in ihrem alten Charme erhalten worden, die raue und unebene Oberfläche wurde lediglich gestrichen. Die neu eingezogenen Gipskarton-Innenwände sind mit einem weiß-grauen Rauputz künstlich gealtert worden. Die metallenen Türzargen sind in dem gleichen metallischen Farbton lackiert worden wie die Säulen und die Glashalteelemente. Die Türen sind teilweise aus transparentem, teilweise aus geätztem Glas mit Designer-Metallbeschlägen.

Bei der Auswahl des Fußbodens waren uns die Strapazierfähigkeit und die perfekte Ästhetik wichtig. Unsere Wahl fiel auf einen Holzimitat-Boden aus Polyurethan, der, sowohl unsere Patienten als auch uns, bis heute jeden Tag wieder begeistert.

Das Farbklima und unser jetziges Logo ließen wir von einer Firma aus München 2007 gestalten. Das Farbklima zieht sich durch die gesamte Praxis und hat zusammen mit dem Logo und dem Praxisnamen einen hohen Wiedererkennungswert.

Der Empfangsbereich

Den Empfangsbereich wollten wir so gestalten, dass ein Patient sich eher wie in einer Lounge fühlt als in einer Zahnarztpraxis. Ein Tresen kam daher nicht infrage. Wir entschieden uns für einen Designer-Glastisch, davor zwei Leder-Chrom-Stühle, damit unsere Patienten die Möglichkeit haben, sich auf Augenhöhe mit der Empfangsmitarbeiterin zu begeben. Für den angenehmen Geruch in unserer Praxis sorgt eine zentrale Raumbeduftung mit Duftauslässen am Empfang und im Behandlungszimmer.

Der Wartebereich


Unser Wartebereich ist im Stil des alten Industriegebäudes in Metall und Glas gehalten. Um die Wohnlichkeit zu unterstreichen, hören die Patienten im Wartezimmer Wellness-CDs mit Vogelgezwitscher und Wellenrauschen. Die CDs werden zentral im Server-Raum abgespielt. Als Sitzgelegenheiten haben wir uns zu Anfang für cremefarbene Ledersofas entschieden. Ergänzt wurden diese durch cremefarbene Lederstühle. Heute, nach annähernd sechs Jahren Praxistätigkeit, sind die hellen Ledersofas etlichen versehentlichen Kugelschreiberstrichen zum Opfer gefallen und sind mittlerweile ausgetauscht gegen Le Corbusier LC II-Sessel in Schwarz. Eine gut sortierte Zeitschriftenauswahl rundet das Bild ab.

Zu Anfang befand sich im Wartezimmer eine Kinderecke mit Malsachen und Spielzeug. Als ein Jahr nach Eröffnung der Kinderandrang ungeahnte Dimensionen annahm, haben wir ein separates Kinderspielzimmer mit Spielgerät und Bällebecken eingerichtet. Für die erwachsenen Patienten kam eine High-tech-Kaffeemaschine und eine Wasser- und Tee-Bar dazu.

Die Behandlungszimmer


Zwei Behandlungszimmer und die Prophylaxe richteten wir sofort ein, zwei blieben vorinstalliert uneingerichtet. Die Zimmer sind im Schnitt 12 m2 groß. Ausschlaggebend für die Auswahl der passenden Einrichtung war das angestrebte Leistungsspektrum. Beim Thema Behandlungseinheiten haben wir uns für die grundsolide und im mittleren Preissegment befindlichen C5+ und für die Prophylaxe für die Profeel von Sirona entschieden.

Da für uns feststand, dass wir mit Tray-System arbeiten werden, entschieden wir uns für eine nur kleine Hinterkopfzeile. Auch hier war uns Design sehr wichtig, daher wählten wir die Baisch Avantgarde in Porsche-Silber aus. Die Schränke stehen auf Füßen; darunter befinden sich die PCs. Hinter den Schrankzeilen wurden Kabelkanäle in die Wand eingelassen, um lästige Kabel verschwinden zu lassen. Tastatur und Monitor stehen auf der Schrankzeile. Polymerisationslampe, Elektrotom und Kapselmischgerät sind in einem herausfahrbaren Klappfach verborgen. Für den Bereich der Endodontie haben wir separate Karts eingerichtet, die sogar das komplette Endodontiematerial enthalten.

An den Wänden oberhalb der Hinterkopfzeilen ließen wir die Clean-Boxen von Strohm+Maier aufhängen. Die Clean-Boxen enthalten: Handschuhe, Mundschutze, Becher und vieles mehr, was durch Öffnungen an der Unterseite hygienisch entnommen werden kann. Um unsere Trays hygienisch verstauen zu können, lieferte uns Strohm+Maier Boxen in Sonderanfertigung, die neben den Clean-Boxen installiert wurden. Hier sortieren wir die farbcodierten, mit Chargennummern versehenen Trays ein. Mittlerweile haben wir eine Sirona Teneo dazugekauft und das dritte Zimmer komplett eingerichtet.

Der Sterilisationsraum

Der Sterilisationsraum wurde zentral in der Praxis angeordnet. Die Wege aus den Behandlungszimmern sind kurz. Im Sterilisationsraum wurden Kompressor und Absaugung installiert. Beides befindet sich gemeinsam in einem schallgedämmten Schrank, dem sogenannten Power-Tower. Die Lösung war für uns ideal, da unsere Praxis nicht unterkellert ist.

pluradent plante das Materiallager in Hängeschränken im Sterilisationsraum. Nach ca. einem Jahr haben wir das Material in separate Flurschränke ausgelagert. Vergessen wurde ein Stellplatz für Karts. Diese stehen mittlerweile im Ruheraum, der inzwischen zum Fotostudio umfunktioniert wurde. Ein Miele-Thermodesinfektor sorgt für saubere und ein Melag-Vakuklav für hygienisch reine Instrumente.

Der Röntgenraum

Wir entschieden uns für digitales Röntgen, weil wir eine karteikartenlose Praxis geplant hatten, unsere Patienten nicht über Gebühr „belichten“ wollten und: weil Zeit Geld ist. Ein herkömmlicher Patientensitz für Zahnfilmaufnahmen kam für uns aus ästhetischen Gründen nicht infrage: Hier entschieden wir uns für den transparenten Louis-Ghost-Stuhl von Kartell. Ein Designer-Rollschrank enthält Rechner, speziellen Röntgenmonitor, Handschuhe, Schutzhüllen, Sensorhalter und alles, was sonst noch benötigt wird.

Der Prophylaxe-Shop

Für unseren Prophylaxe-Shop richteten wir im Flur gegenüber dem Patienten-WC eine Glasvitrine ein. Eine zweite Vitrine sorgt im Prophylaxezimmer für Durchblick im Prophylaxeartikel-Dschungel. Das Shop-Lager integrierten wir in einem kleinen Schrank am Empfang.

Das Archiv

Das Archiv richteten wir 2005 nachträglich auf der dazugemieteten Praxisfläche (65m2) ein. Hier werden die komplette Buchführung, Lieferscheine, BWAs, Patientenmodelle, das Material und vieles mehr gelagert. Hier wurde ebenfalls in 2005 eine Praxiswaschmaschine inklusive Trockner installiert.

Zusammenfassung


Zusammengefasst bleibt zu sagen, dass die Praxisplanung der wichtigste Bestandteil Ihres zukünftigen Erfolges sein wird. Zudem ist die Praxisplanung ein zukunftsorientierter Prozess, der nie aufhört. Daher ist die Flexibilität von Praxisräumen sehr wichtig. Man kann nicht alle Eventualitäten vorher bedenken; eine Praxis wächst und verformt sich, denn: nichts ist beständiger als der Wandel! Wenn Sie Fragen zu unserer Praxisplanung haben, dürfen Sie sich gerne an mich wenden.

Autor: Dr. Gaby Friedrich


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