Praxismanagement 30.04.2025
Praxisorganisation: Alte Gewohnheiten sind kostspielig
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Herr Dr. Stehle, wo liegt Ihrer Erfahrung nach das größte Optimierungspotenzial für die zahnärztliche Praxisorganisation?
Das größte Optimierungspotenzial liegt meines Erachtens in einer sinnvollen Nutzung digitaler Tools, die heute schon am Markt verfügbar sind. Neulich suchte ich nach einem neuen Zahnarzt, weil mein bisheriger Zahnarzt aus Altersgründen aufgehört hatte. Es ist gar nicht leicht, eine Praxis ans Telefon zu bekommen! Vom Anrufbeantworter mit dem Spruch „wir sind gerade in Behandlung“ bis zum Durchklingeln war alles dabei. Hier kann man von sinnvoll integrierter Online-Terminvergabe bis zu digitalen Formularen, die sich schon zu Hause ausfüllen lassen, viel Entlastung fürs Praxisteam erreichen und gleichzeitig Patienteninteressen berücksichtigen.
Was lässt sich nicht mal schnell digital lösen?
Nicht schnell digital lösen lassen sich individuelle Praxisspezifika, für die es oft keine digitalen Tools „von der Stange“ gibt. Obwohl wir seit 20 Jahren Zahnarztpraxen schulen, hat jede Praxis bestimmte Praxisbesonderheiten. Das liegt entweder an speziellen Wünschen der Chefs, am Praxispersonal oder – meistens sogar – an einem ganz lapidaren Grund: Was sind die sieben teuersten Wörter für eine Zahnarztpraxis? Das haben wir immer schon so gemacht. Da werden verschiedene Listen händisch befüllt, umständliche Dokumentation teilweise redundant in Praxis-EDV und doch noch auf Papierlisten ausgefüllt und so unnötig Zeit verplempert.
Wie können Zahnarztpraxen der sogenannten „Sprechenden (Zahn-)Medizin“ gerecht werden?
Für mich als Patient spielt eine zentrale Rolle, wie wohl ich mich in der Praxis fühle. Im Behandlungszimmer wird man recht schnell in „Liegeposition“ gefahren und so dann auch vom Zahnarzt begrüßt. Da fehlt es an gleichwertiger Kommunikation auf Augenhöhe. Bei anderen Ärzten in der Humanmedizin (z.B. beim Frauenarzt) wird der Arzt-Patienten-Kontakt bewusst zweigeteilt: Erst unterhält man sich sitzend auf zwei Stühlen miteinander, dann entkleidet sich die Patientin und dann schließt sich die unmittelbare Diagnostik bzw. Behandlung auf dem gynäkologischen Stuhl an. Analog könnte man auch in der Zahnmedizin vorgehen. Was mir oftmals auch fehlt, ist eine objektive Befundmitteilung im Sinne des shared decision making gemeinsam mit dem Patienten. Die Praxis meines eigenen Zahnarztes hat vor kurzem eine junge Kollegin übernommen. Total freundlich, aber von einer angeblich beginnenden Gingivitis habe ich erst aus der GOZ-Rechnung der Abrechnungsfirma erfahren. Hilfreich wäre gewesen, mir nach der Zahnreinigung am besten anhand einer Foto-Dokumentation am PC zu zeigen, welche Veränderungen zu erkennen sind und was ich als Patient dazu beitragen kann, den Befund zu verbessern.
Dieser Beitrag ist unter dem Originaltitel „Alte Gewohnheiten sind kostspielig“ in der ZWP Spezial erschienen.