Praxismanagement 21.02.2011

Vom Dentalspezialisten zum Patientenkenner

Vom Dentalspezialisten zum Patientenkenner

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Der Erfolg einer Zahnarztpraxis beruht heute auf weit mehr als auf reiner zahnmedizinischer Fachkompetenz. Zum einen führen vielfältige Veränderungsprozesse im gesamten Gesundheitswesen dazu, dass ehemals funktionierende Praxiskonzepte nun nicht mehr zeitgemäß sind. Des Weiteren haben sich das Rollenverständnis und die Bedürfnisstruktur der Patienten grundlegend gewandelt. Ein fundamentales Umdenken ist aufgrund der veränderten Ausgangsbedingungen die einzig Erfolg versprechende Konsequenz für die Zukunft.

Das Zahnarzt-Patienten-Verhältnis hat sich grundlegend gewandelt. Mehr und mehr schwindet das Bild, in dem die Patienten den Zahnarzt als den „Halbgott in Weiß“ ansehen. Selbstverständlich hatte diese Beziehung auch die Art und Weise der Arzt-Patienten-Kommunikation stark geprägt. So war es in diesem Beziehungsmodell durchaus denkbar, dass Entscheidungen ohne aktives Mitwirken der Patienten getroffen wurden. Selbstverständlich war der (Zahn-)Arzt davon überzeugt, nach bestem Wissen und Gewissen zum Wohle des Patienten zu handeln. Was in diesem äußerst asymmetrischen Arzt-Patienten-Verhältnis keinerlei Berücksichtigung fand, waren die individuellen Bedürfnisse, Wünsche und Motive des Patienten. Auch wurde dessen Ängsten wohl möglich nicht die nötige feinfühlige Beachtung geschenkt.

Win-win-Situation schaffen
Heute steht der Zahnarzt immer häufiger dem mündigen, vorinformierten und anspruchsvollen Patienten gegenüber, der in ihm einen (zahn-)medizinischen Berater sieht. Der Zahnarzt ist selbstverständlich inhaltlich immer noch der Fachmann. Jedoch wird nun der Patient als Experte seiner Symptomatik, seiner Wünsche und seiner Anforderungen in die Kommunikation und in eine mögliche Entscheidungsfindung aktiv mit einbezogen. Somit entsteht im Idealfall ein partnerschaftliches Verhältnis, das von Empathie, Offenheit und gegenseitigem Vertrauen geprägt ist. Für beide Partner bringt diese Zahnarzt-Patienten-Beziehung entscheidende Vorteile: Der Patient erfährt einen wertschätzenden Umgang mit seinen individuellen Anliegen und fühlt sich im wahrsten Sinne „gut behandelt“. Für den Zahnarzt bietet sich dadurch die Chance, eine äußerst tragfähige Beziehung aufzubauen und somit eine intensive Patientenbindung zu erzeugen. Dies sind genau die Patienten, die Ihre Zahnarztpraxis begeistert weiterempfehlen.

Professionelle Kommunikation
Die direkte Kommunikation ist das wichtigste Instrument des Beziehungsaufbaus zum Patienten. Sie darf nicht dem Zufall überlassen bleiben, sondern verlangt den Einsatz eines kommunikativen Handwerkskastens.

Ein klares Signal der mangelnden Wertschätzung für unser Gegenüber zeigt sich darin, dass wir diesem nicht wirklich zuhören. Mit Zuhören ist nicht Hinhören gemeint und dabei gedankenabwesend bestätigend mit dem Kopf zu nicken. Untermauert wird dieses Pseudointeresse mit paraverbalen Urlauten. Nein, richtiges Zuhören muss erlernt werden. Das Erlernen der Technik des aktiven Zuhörens erfordert viel Übung, Konzentration und Disziplin. Professionell eingesetzt wird Zuhören können dann aber zu einer entscheidenden Fähigkeit des Zahnarztes, um eine tragfähige Beziehung zu seinen Patienten aufzubauen. Konkret heißt das, dass viele Patienten die Wahl ihres Behandlers davon abhängig machen, wer ihnen richtig zuhört und damit signalisiert: Ich nehme dich ernst!

Wer nicht fragt, bleibt dumm!
Eng verwandt mit dem aktiven Zuhören ist der Einsatz von gezielten Fragen im Patientengespräch. Grundsätzlich gilt: Es wird viel zu wenig gefragt! Entweder wir überspringen im Gespräch das Fragen völlig und agieren unter falschen Vorannahmen einfach drauflos.

Weiterhin meinen wir all zu oft schon zu Gesprächsbeginn zu wissen, was unser Gesprächspartner denkt und ausdrücken möchte. In diesem Fall folgen wir ihm gedanklich nicht bis zum Schluss oder unterbrechen ihn gar unhöflich.

Obwohl diese Muster nicht selten dazu führen, dass wir mit unseren Vermutungen falsch liegen und dann von unserem Gegenüber eines Besseren belehrt werden, bleiben wir diesen kommunikativen Unsitten treu. Warum haben wir das im Kindesalter so bedeutsame und selbstverständliche Fragenstellen – nicht umsonst zielt das Motto der Kultsendung „Sesamstraße“ darauf ab – auf ein Minimum reduziert?

Möglicherweise wird angenommen, dass diese Fragerei nur unnötig Zeit koste und eher lästig sei. Wer es jedoch gelernt hat, den Handwerkskoffer der Fragetechnik richtig einzusetzen, wird die gesprächspsychologische Bedeutung uneingeschränkt bestätigen. Nicht nur, dass Sie dem Patienten durch gezieltes Fragenstellen Ihr aufrichtiges Interesse signalisieren, sondern auch, dass Sie durch eine professionalisierte Fragetechnik medizinische und auch wichtige biopsychosoziale Informationen schneller und umfassender erhalten.

Entscheidungen fallen im Bauch
Oft werden von Kollegen sinkende Patientenzahlen oder eine mangelnde Bereitschaft zur Zuzahlung beklagt. Wer kennt das nicht? Die Patienten erbitten sich Bedenkzeit und kommen dann oft nie wieder. Der Zahnarzt fragt sich mit einem gewissen Unverständnis, warum dies so ist, hat er doch alle Behandlungsmöglichkeiten detailliert erläutert. Wieso folgen Patienten oft nicht der für den Zahnarzt aus fachlicher Sicht so klaren und logischen Behandlungsempfehlung? Warum überzeugt die Angabe des optimalen Randschlusses in Mikrometern, die ideale Oberflächenbeschaffenheit eines Implantates oder die minimierte Polimerisationsschrumpfung des neuen Füllungsmaterials den Patienten nicht? Arzt und Patient fehlt hier die gleiche Wellenlänge, sodass sich keiner von beiden wirklich verstanden fühlt.

Patientenorientierte Kommunikation heißt, die wahren Beweggründe des Patienten zu erfragen und in dessen Sprache zu argumentieren. Kurz: Kommunikation mit mehr Herz und Bauch. Schließlich kommt kein Patient zum Zahnarzt mit dem Anliegen, ihm bitte den Kieferhöhlenboden zu erhöhen und einen Titankörper in den Kieferknochen zu schrauben. Nein, dieser Patient sehnt sich möglicherweise durch eine makellose Zahnreihe wieder seine Jugendlichkeit herbei. Wird dieser eigentliche Beweggrund nicht erkannt und besprochen, so wird die gesamte Kommunikation über eine mögliche Implantatlösung zwischen Zahnarzt und Patient für beide unbefriedigend enden.

An einem Strang ziehen
Was nützt eine noch so professionalisierte und trainierte Kommunikationskompetenz des Zahnarztes, wenn die Mitarbeiter/-innen dies nicht auch in gleicher Weise an allen anderen Patientenstationen beherrschen? Fühlt sich beispielsweise ein Neupatient nach einer ersten telefonischen Terminvergabe mit Ihrer Empfangsmitarbeiterin als wirklich „herzlich willkommen“? Wie wird sichergestellt, dass das gesamte Team der treuen Stammpatientin jedes Mal neu die individuelle Aufmerksamkeit schenkt?

Der Autor macht immer wieder die Erfahrung, dass viele Praxen keinem wohlüberlegten, vereinheitlichten und abgestimmten Kommunikationskonzept folgen. Individuelle Trainings und Coachings bieten dahingehend die optimale Möglichkeit, sowohl die internen als auch die externen Kommunikationsmuster zu erkennen und zu verbessern.

Fazit
Menschen überzeugen stärker als rohe Hard Facts. Treten Sie mit einem „Empathiecocktail“ aus Freude, Charme, Humor und echter Wertschätzung jedes Mal neu an Ihre Patienten heran. So erfahren Sie im Gegenzug eine tiefe menschliche Dankbarkeit. Diese Treue wird sich auch positiv in Ihren Praxiszahlen widerspiegeln.

Autor: Dr. Dennis Schmidt



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