Praxismanagement 26.06.2015

Willkommen, Bienvenue, Welcome ... Der internationale Patient



Willkommen, Bienvenue, Welcome ... Der internationale Patient

Foto: © Irina Bg – Shutterstock

„Guten Tag. Was kann ich für Sie tun?“ – „Good morning. I’m Brad Clooney. Do you speak English? One of my teeth hurts terribly. I desperately need professional help.“ So oder ähnlich klingt es, wenn ein „internationaler“ Patient in die Praxis tritt. Neben Linderung in Schmerzfällen oder Hilfe bei Unfällen suchen sie ebenso eine gute Beratung und eine solide Behandlung für ihre Zähne.

Patienten aus der ganzen Welt treffen bundesweit in Zahnarztpraxen ein – eine Reaktion auf die Globalisierung unserer Welt und die enorme notwendige Flexibilität sowie Mobilität unter anderem der Geschäftswelt. Als „Ex-Patriats“ oder „Expats“ verbleiben Manager, aus beispielsweise Australien, China, Südafrika, Japan oder Amerika, ein paar Jahre in Deutschland und benötigen natürlich für sich und ihre Familie eine entsprechende zahnmedizinische Betreuung. Inzwischen gibt es auch viele Studenten aus anderen Kulturkreisen, die ebenfalls versorgt werden sollen. Wiederum andere kommen nach Deutschland, um sich hier gezielt medizinisch versorgen zu lassen. Sie wollen in den Genuss hochwertiger Medizin und Zahnheilkunde kommen. Was diese Patienten von den medizinischen Pauschaltouristen unterscheidet? Der Wunsch nach einer hochwertigen Versorgung und einer schnellen Behandlung. In England gibt es lange Wartezeiten auf einen Termin beim Zahnarzt. Auch hier wissen sich einige Patienten zu helfen. Wer keine Lust und Zeit hat, zu warten, setzt sich ins nächste Flugzeug. Innerhalb von nicht ganz zwei Stunden Flugzeit tut sich für den englischen Patienten das zahnmedizinische Paradies auf – hochwertige Zahnheilkunde, schnelle Terminvereinbarung und zügige Behandlungen. Es spricht sich herum: Deutsche Ärzte und Medizin genießen im Ausland, zum Beispiel in den Emiraten, einen exzellenten Ruf. Meist sind es Patienten, die wegen der hohen medizinischen Versorgungsqualität zur Behandlung nach Deutschland kommen und entsprechend spezialisierte Praxen oder Kliniken suchen. Schon aufgrund des Renommees, Gäste aus Kuwait oder Saudi-Arabien zu beherbergen, empfiehlt es sich, das internationale „Rampenlicht“ aufzusuchen. Solche Praxisgäste haben jedoch ganz andere Erwartungen an den gebotenen Service. Für sie sind Abholservice, Organisation einer gehobenen Hotelunterkunft und Dolmetscher oder eine Zahnarzthelferin mit entsprechenden Sprachkenntnissen eine Selbstverständlichkeit. Ein abgestimmter Service, unterstützendes Marketing und der sprachliche Schliff sichern die anspruchsvolle Ansprache, Behandlung und Betreuung des internationalen Patienten. „Medizinische Leistungen auf höchstem Niveau als Exportartikel würden uns gut zu Gesicht stehen. Hierzu müsste aber zunächst unsere Struktur und unsere Qualität behalten und optimiert werden. Warum sollten sich Menschen anderer Länder bei uns nicht krankenversichern, in unseren Krankenhäusern behandeln lassen oder in Deutschland zur Kur gehen? Dies wäre ein echter Beweis internationaler Qualität und würde unserem Gesundheitswesen auch finanziell guttun. Die wirtschaftliche Integration Europas kann nicht auf Dauer vor dem riesigen ökonomischen Bereich der Krankenversicherungssysteme halt machen“, sagt Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer. Ist also die Rede vom internationalen Patienten, dann gibt es nicht den „einen“, sondern eine große Vielfalt an Menschen, Kulturen, medizinischen Ansprüchen und Sprachen. So verschiedenartig die internationalen Patienten sind, so gibt es zwei Dinge, die überall vorkommen bzw. die sie verstehen: die Anspannung oder auch die Angst vorm Zahnarztbesuch und das Lächeln. Viele Patienten beherrschen Englisch – eine Notwendigkeit in unserer globalisierten Welt. Dennoch: es muss unterschieden werden zwischen Patienten, die Englisch als Muttersprache sprechen, und den Patienten, für den es eine Zweitsprache ist. Bevor Marketingmaßnahmen umgesetzt werden sollten, die sich an internationale Patienten in Deutschland oder im Ausland richten, müssen die sprachlichen Kompetenzen in der Praxis vorhanden sein bzw. geschult werden. Ein patientenorientiertes „Dental English“ ist in den meisten Fällen am sinnvollsten, da es die Sprache ist, die viele internationale Patienten beherrschen.

Interkulturelle Kompetenz

Mit einem Tastendruck sind wir in Hongkong und buchen ein Hotel, oder wir sind bei einem kultigen Kosmetikhersteller in New York, konnten das Wetter für Jogis Jungs in Brasilien prüfen und die Sehenswürdigkeiten in Australien vorab schon besichtigen. Herzlich willkommen in der globalisierten und vernetzten Welt. Trotz aller Möglichkeiten und Nähe, die das Internet und eine Medienwelt uns suggeriert: Die kulturellen Unterschiede sind da. Ein Chinese bleibt ein Chinese, ein Amerikaner ein Amerikaner, Australier bleiben Australier und ein Deutscher ein Deutscher. Es sind Landesgeschichte, Weltanschauung und Kulturverständnis, die die Menschen in verschiedenen Ländern prägen. Und so auch ihre Sprache, ihre Gesten und ihr Selbstverständnis. Die Russen etwa sind geprägt vom Sozialismus und die Chinesen vom Taoismus oder vom Konfuzianismus. Das Zeitgefühl der Inder begründet sich in ihrer Religion des Buddhismus. Wenn Menschen anderer Kulturen in eine deutsche Zahnarztpraxis kommen, dann werden sie höflich und aufmerksam empfangen. Auch damit kann man ins Fettnäpfchen treten. Für den guten Umgang mit dem internationalen Patienten reicht es einfach nicht immer, die deutschen Höflichkeitsregeln zu beherrschen. Neben den sprachlichen Hürden gibt es noch soziokulturelle Unterschiede und Mentalitäten, die eine wichtige Rolle im Miteinander einnehmen. In manchen Gesellschaften – auch westlichen – gilt es beispielsweise als unhöflich, direkt zu sein und Kritik zu üben. In anderen wiederum schmettert man seinem Gegenüber niemals ein „Nein“ ins Gesicht. Manchmal reicht ein Nicken zur Begrüßung und manchmal ist die Frage nach der Anzahl der Kinder gleich zu Gesprächsbeginn das Normalste der Welt. In anderen Kulturen ist das enge Beieinanderstehen ein Zeichen von Nähe, während es bei uns als aufdringlich oder gar aggressiv gewertet wird. Internationale Patienten haben es nicht einfach in Deutschland. Worauf sollen nun der kompetente Zahnarzt und die einfühlsame Zahnarzthelferin im Umgang mit Menschen anderer Kulturen achten? Fangen wir bei uns an. Hilfreich ist hier, zu verstehen, wie Deutsche im Ausland gesehen werden und was als typisch deutsch betrachtet wird. Es gibt natürlich auch Klischees und Vorurteile über „die Deutschen”: Der Deutsche trinkt Bier auf dem Oktoberfest, natürlich in Lederhosen und mit Seppelhut. Deutschlands Ureinwohner sind blond, haben blaue Augen, sind kühl und abweisend. Sie ernähren sich am liebsten von Würstchen mit Sauerkraut und Kartoffeln. Und die deutsche Musik besteht eigentlich nur aus Bach und Beethoven. Eine Studie der GfK Marktforschung, an der circa 12.000 Bürger aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Österreich, Polen, Russland, Tschechien und der Türkei teilnahmen, ergab, dass unsere europäischen Nachbarn uns für gut organisiert, akkurat und leicht pedantisch halten. Zuverlässigkeit, Umgänglichkeit und Geselligkeit sind weitere Eigenschaften, die mit den Deutschen in Verbindung gebracht werden. Jeder fünfte Niederländer beschreibt die Deutschen als nett und freundlich. In Russland geben acht Prozent der Menschen an, dass sie die Deutschen mögen. Allerdings: Fast jeder fünfte Tscheche beschreibt die Deutschen als arrogant, acht Prozent der Österreicher meinen, dass sie die Deutschen nicht mögen, und „knapp jeder zehnte Italiener verbindet Deutschland immer noch mit Hitler und den Nazis“. Rund sieben Prozent der Bundesbürger antworten auf die Frage „Was ist deutsch?“, dass die Deutschen pessimistisch sind und viel jammern. Eine Einschätzung, die in den anderen europäischen Ländern nicht geteilt wird. Verlässt man unseren Kontinent, trifft man auf Verwunderliches: Die Amerikaner halten Deutsche für sehr freizügig, die Chinesen halten uns für langsam, und die Menschen aus Costa Rica finden uns sogar sehr zugänglich und offen. So jedenfalls äußerten sich Austauschschüler des Goethe-Institutes, als sie zu den Deutschen befragt wurden. So wenig wie es „den“ Deutschen gibt, so wenig gibt es „den“ muslimischen oder „den“ japanischen Patienten. Innerhalb eines Kulturkreises unterscheiden sich die Menschen aufgrund ihrer Bildung, ihrer gesellschaftlichen Zugehörigkeit, ihres Glaubens und ihrer regionalen Herkunft. Für den erfolgreichen Umgang mit dem Patienten ist neben der medizinischen Kompetenz und Einfühlsamkeit auch die Kenntnis fremder Sitten entscheidend.

Fazit

Noch überlassen viele Zahnärzte es dem Zufall, ob internationale Patienten ihren Weg in die Praxis finden und mehr wollen als eine schnelle Schmerzlinderung. Dabei bietet der deutsche und internationale Gesundheitsmarkt eine große Fülle an Möglichkeiten, sich als multinationalen und zahnmedizinischen Dienstleister zu platzieren. Mit der richtigen Strategie und ausgewählten, zielgerichteten Maßnahmen, die über das gerüttelte Maß an Information, Service, Werbung und Aufmerksamkeit hinausgehen, können Praxen in großen kosmopolitischen Standorten und auch außerhalb von Großstädten mit internationaler Anbindung diese Gesundheitskunden ansprechen und gewinnen. Dass es funktioniert, zeigt das Beispiel zweier erfolgreicher Zahnarztpraxen in München und in Düsseldorf. Nach dem Grund muss schließlich nicht lange gesucht werden: „made in Germany“ wandelt sich zu „Med in Germany“. Das wissen viele Patienten weltweit.

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