Psychologie 11.07.2014

Die hohe Kunst der patientenorientierten Kommunikation



Die hohe Kunst der patientenorientierten Kommunikation

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Wer seine Patienten nicht begeistern kann, darf sich nicht wundern, wenn diese sich früher oder später einer anderen Praxis zuwenden. Eine gelungene Kommunikation gehört zu den Erfolgsfaktoren einer Praxis. Wie das geht, zeigt unsere Autorin Christa Maurer.

Einige Studien beweisen eindrucksvoll, dass 70 Prozent der Patienten ihren Zahnarzt aufgrund von mangelnder Wertschätzung oder schlechtem Service wechseln, nur 10 Prozent wegen zu hoher Kosten. Man weiß heute ebenfalls, dass 40 Prozent der Patienten eine neue Praxis suchen, weil sie eine eingehende Beratung vermissen und 72 Prozent der Patienten auch in der wirtschaftlich angespannten Situation in höherwertigen Zahnersatz investieren würden, wenn ihnen der Nutzen der Behandlung klar wird.

Zudem stehen auch Zahnarztpraxen im Wettbewerb, der nicht zuletzt aufgrund der demografischen Entwicklung zu einem Umdenken in Richtung Praxismarketing und zu einer Optimierung des Kommunikationsverhaltens führen muss. Und last but not least haben Patienten nicht nur Bedürfnisse, Wünsche und Ansprüche, sondern seit Februar 2013 auch gestärkte Patientenrechte. Gründe genug, sich mit dem Thema Kommunikation intensiver zu beschäftigen. Drei Schritte führen zum erfolgreichen Patientengespräch:

1. Schritt: Einstellung

Ein erfolgreiches Beratungsgespräch beginnt mit der persönlichen Einstellung zum Patienten, zur notwendigen Behandlung, den Fähigkeiten als Berater und der eigenen Überzeugung. Nur wer selbst überzeugt ist, kann andere überzeugen – von der Qualität der Arbeiten, vom Preis-Leistungs-Verhältnis, von der Wirksamkeit der Behandlung. Der Zahnarzt muss also davon überzeugt sein, dass die von ihm geplante Behandlung medizinisch und wirtschaftlich vertretbar ist. Medizinisch vertretbar bedeutet, dass man sich selbst im Bedarfsfall für eine derartige Versorgung entscheiden würde. Beantwortet man diese Frage mit „Nein“, wird es nicht gelingen, den Patienten mit einem solchen Behandlungsangebot zu über zeugen. Zur medizinischen Überzeugung gelangt man weiterhin, wenn man seine fachlichen Qualitäten richtig einschätzt und sich und die Mitarbeiter regelmäßig fortbildet. Sind Sie der Meinung, dass es dem Patienten nicht zuzumuten ist, eine Zuzahlung in einer bestimmten Höhe zu leisten? Beantworten Sie diese Frage mit „Ja“, wird der Patient bestimmt „Nein“ sagen. Nein zu Ihrem Behandlungsangebot, nein, weil Sie nicht überzeugend genug argumentiert haben. Für viele Zahnärzte gilt „ich bin Zahnarzt und kein Verkäufer“. Das wird auch weiterhin so sein. Doch niemand hat etwas zu verschenken und die Krankenkassen übernehmen immer weniger an Leistungen, sodass die erfolgreiche Beratung, bei der der Patient am Ende „Ja“ sagt, eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit darstellt.

2. Schritt: Vorbereitung

Wer unvorbereitet in ein Beratungsgespräch geht, verschenkt Geld oder lässt enttäuschte Patienten zurück. Zur guten Vorbereitung gehört nicht nur das Wissen, dass jeder Mensch seine ganz persönliche Art zu denken, zu lernen und zu kommunizieren hat. So gibt es Patienten, die möchten gerne etwas zum Anfassen, die anderen lernen mit den Augen, wieder andere wollen wissen, wie oft die Behandlung in der Praxis schon durchgeführt wurde, wieder andere entscheiden allein über die Kosten und benötigen dafür nur wenige aussagekräftige Fakten. Beratungsgespräche benötigen außerdem Fingerspitzengefühl, Zeit und Geduld. Wichtig ist, sich in sein Gegenüber hineinversetzen zu können. Wer unwillig oder genervt reagiert, weil der Patienten über ein im Internet angeeignetes Halbwissen verfügt oder der Patient noch nicht alles verstanden hat und deshalb nochmals nachfragt, ist auf dem besten Weg, diesen zu verlieren. Ein separater Beratungstermin ist gut investierte Zeit und wird meist belohnt. Der Patient hat den Eindruck, dass man sich ihm und seinen Bedürfnissen widmet und ihm nicht zwischen Tür und Angel mal eben das Geld aus der Tasche zieht.

Dass zu einem Beratungsgespräch auch Befundunterlagen gehören, anhand derer man die Notwendigkeit einer Behandlung und Behandlungsalternativen erklärt, versteht sich von selbst. Bedenken Sie jedoch, dass der Patient ein zahnmedizinischer Laie ist und sich deshalb nicht alles vorstellen kann, worüber Sie reden. Machen Sie es dem Patienten und sich selbst deshalb einfach: bedienen Sie sich eines der zahlreichen Anschauungs- und Informationsmaterialien, die das Beratungsgespräch eindrucksvoll unterstützen. Schließlich wollen Sie Ihre Patienten überzeugen, nicht überreden.

Beispiele: Anschauungsmodelle, Vorher-Nachher-Bilder erfolgreich durchgeführter Behandlungen, Computeranimationen.

3. Schritt: Gesprächsführung

Ziel einer zahnmedizinischen Beratung ist der zufriedene Patient und dessen optimale Versorgung. Damit das Beratungsgespräch nun zum gewünschten Erfolg führt, gilt es weiterhin zu beachten:

Der Patient muss in der Lage sein, zu verstehen
Der Patient kann sich nur dann für eine Behandlung entscheiden, wenn er verstanden hat, warum eine solche notwendig ist, welche Behandlungsmöglichkeiten zur Auswahl stehen und wenn er auch über die möglichen Folgen einer Nichtbehandlung aufgeklärt wurde. Reden Sie in einer Sprache mit ihm, die er auch verstehen kann und nutzen Sie, wie bereits beschrieben, visuelle Hilfsmittel zur Unterstützung Ihrer Argumentationsführung.

Der Patient muss es sich leisten können
Der Patient kann sich nur dann für eine Behandlung entscheiden, wenn er physisch und finanziell dazu in der Lage ist. Er muss also auch körperlich in der Lage sein, dass ihm eine Behandlung zugemutet werden kann. Aber auch Mitarbeit und Mundhygiene tragen dazu bei, dass sich ein langfristiger Behandlungserfolg einstellt. Leisten können beinhaltet natürlich auch den finanziellen Aspekt. Urteilen Sie bitte nicht vorschnell und entscheiden für ihn, ob er es sich leisten kann oder nicht, ohne vorher mit ihm gesprochen zu haben. Wenn der Nutzen und die Langfristigkeit einer Behandlungsmaßnahme deutlich bei ihm ankommen, sind viele Patienten bereit, zugunsten der Behandlung auf andere Dinge zu verzichten. Dem wirtschaftlichen Aspekt kann zudem durch entsprechende Angebote, wie z.B. Ratenzahlungen, entgegengewirkt werden. Es empfiehlt sich jedoch, die Finanzierung durch einen Spezialanbieter zu regeln, damit der Zahnarzt bei verzögerter Zahlung nicht als „Schuldeneintreiber“ fungieren muss. Somit bleibt die Zahnarzt-Patienten-Beziehung unbelastet.

Der Patient muss es sich leisten wollen
Zahnärztliche Behandlungsmaßnahmen sind zwar sinnvoll und hilfreich, doch selten lebensnotwendig. Die Entscheidung für oder gegen eine Behandlung hängt auch von der momentanen Lebenssituation des Patienten ab und den Prioritäten, die er sich gerade gesetzt hat. Ist dem Patienten sein Aussehen nicht so wichtig, wird er auch keinen Wert auf eine höchst ästhetische und hochwertige Versorgung legen. Im umgekehrten Fall ist ihm bewusst, dass zu einem gepflegten Auftreten auf alle Fälle auch ein strahlendes Lächeln mit schönen Zähnen gehört. Entsprechend wichtig sind ihm Behandlungsmaßnahmen, die ihn dabei unterstützen.

Tipp: Beziehen Sie die Patientenwünsche mit ein

Wer bereits im Anamnesegespräch geschickt nachfragt und gut hinhört, erhält bereits wichtige Informationen zu den Wünschen, Bedürfnissen und Bedenken des Patienten. Der Patient hat Sie bereits als vertrauensvollen und verständigen Zuhörer kennengelernt, eine gute Basis für das Beratungsgespräch. Im Sinne einer zufriedenstellenden Behandlungslösung für beide Seiten, sollten Sie, wenn medizinisch unbedenklich, die Wünsche des Patienten unbedingt berücksichtigen.

Tipp: Bedienen Sie sich einer patientenorientierten Sprache

Neben der fachlichen Kompetenz gehören auch emotionale Aspekte, wie Körpersprache, Stimme und Atmosphäre zu einem erfolgreichen Beratungsgespräch. Besonders wichtig ist, dass der Patient alles nachvollziehen kann und der Nutzen der Behandlungsmaßnahme deutlich wird. Argumentieren Sie positiv und verzichten Sie auf Fachbegriffe. Sprechen Sie nicht von billig, sondern günstig, aber auch nicht von teuer, sondern hochwertig. Und vermeiden Sie das Wörtchen „neu“. Es lässt zwar auf große Begeisterung schließen, wenn Sie sich für neue Behandlungen interessieren, es könnte jedoch auch leicht der Eindruck entstehen, dass der Patient als Versuchskaninchen dient.

So lässt sich über Geld reden – der Preisburger

Wenn der Patient über die notwendigen Maßnahmen aufgeklärt ist, kommt der Moment, wo man nicht umhin kommt, über die Kosten und die Höhe der Zuzahlung zu sprechen. Haben Sie dem Patienten Behandlungsalternativen unterbreitet, hat er auch hier unterschiedliche Zuzahlungsoptionen und kann so leichter entscheiden, was ihm besonders wichtig ist und worauf er unter Umständen verzichten möchte. Für Sie gilt: Gehen Sie selbstbewusst mit den Kosten um und rechtfertigen Sie sich nicht dafür. Qualität hat seinen Preis und wenn diese stimmt, stehen Sie auch zu den Kosten. Die Kosten, die auf den Patienten zukommen, sollten nicht am Ende Ihres Gesprächs stehen. Denn was soll beim Patienten hängen bleiben? Nutzen, nicht Preis! Ihre Patienten verstehen die Zusammenhänge von Preis und Leistung viel besser, wenn Sie die Informationen mit dem Nutzen verbinden. Packen Sie die Kosten deshalb in einen sogenannten Preisburger, hier am Beispiel PZR:

1. Nutzenargument: Ästhetik, Kosmetik, Gesunderhaltung
2. Preis/Zuzahlung: Kosten, Ausführung und Dauer
3. Weitere Nutzenargumente: z.B. Vermeidung von Folgekosten für Zahnersatz

Vorbereitung, richtiger Zeitpunkt und Fingerspitzengefühl

Um eine Entscheidung für oder gegen eine Behandlung treffen zu können, benötigt der Patient umfangreiche Aufklärung, damit er rechtlich wirksam in die Behandlung einwilligen kann. Wichtig ist außerdem, dass der Nutzen einer Behandlung klar wird. Neben Ihrer persönlichen Einstellung benötigt ein erfolgreiches Gespräch eine entsprechende Vorbereitung, den richtigen Zeitpunkt und Fingerspitzengefühl. Als Profi sind Sie für die Gesprächsführung verantwortlich, die von Ihnen getätigten Vorschläge müssen medizinisch und wirtschaftlich auf Ihren Patienten zugeschnitten sein. Damit er Ihren Ausführungen leichter folgen kann, sind visuelle Hilfsmittel sehr zu empfehlen. Kommunikation endet nicht mit dem Patientengespräch. Versteht man Kommunikation als Informationsaustausch, sollten Sie Ihre Patienten auf „allen Kanälen“ bedienen, auch über Broschüren, Praxiszeitung, Homepages oder Newsletter. Nur wer sich möglichst breit präsentiert, wird auch wahrgenommen werden.

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