Psychologie 14.12.2016

Der Feedback-GAU: Wie es am besten (nicht) geht

Der Feedback-GAU: Wie es am besten (nicht) geht

Foto: © Nomad_Soul – shutterstock.com

Feedback, das ist einer der Begriffe, den wir am häufigsten hören, wenn es um Führungskompetenz und -werkzeuge geht. Er begegnet uns in vielen Lebensbereichen. Selbst in Fernsehformaten wie Castingshows wird Feedback als Element eingesetzt. Und die beliebten „Like it“-Zeichen bei Facebook gehören auch zur Großfamilie der Feedbacks. Feedback ist allgegenwärtig und wird oft allzu leichtfertig gegeben. Doch wie können wir die meist wirkungslos lähmenden Feedbacks weiter perfektionieren? Im Folgenden wird gezeigt, wie in nur wenigen Schritten wirklich vernichtende Feedbacks gelingen, und das ohne große Vorbereitung.

Solcherart wirksames GAU-Feedback ist ja nett getarnte Abwertung des Mitarbeiters, mit dem Anliegen, ihn dazu 
zu bringen, die Dinge so zu machen, 
wie wir das tun. Es heißt, Vorbild zu 
sein! Dabei ist es nicht so entscheidend, ob Sie das Verhalten, was Sie 
fordern, tatsächlich jemals so gezeigt haben oder zeigen – Hauptsache, Sie 
behaupten dies. Selbst denken und 
Individualität sind ja doch eher lästig, auch wenn wir das natürlich fordern, 
um die Illusion aufrechtzuerhalten. Daher empfiehlt es sich, neben den 
regelmäßigen Bewertungsgesprächen ab und zu überraschend kürzere 
Feedback-Gespräche einzustreuen. So weiß der Mitarbeiter stets, wo er steht, und kommt gar nicht auf den Gedanken, sich eigenständig engagieren zu wollen und selbstständig zu arbeiten. 
Dadurch können Sie auch ganz sicher sein, dass er, egal wie gut er ist (weil 
Sie selbstredend gute Personalauswahl betrieben haben), Sie niemals überholt oder Ansprüche auf eine höhere Position anmeldet. Viel Erfolg mit diesem wertvollen und geheimen Wissen zum Erzeugen des Feedback-GAUs.

Tipp 1: Urplötzlich und zwischen Tür und Angel die Feedback-Blase platzen lassen

Willkür ist ganz entscheidend, damit 
Ihre Feedbacks ihre lähmende und 
zerstörerische Kraft entfalten können. Achten Sie darauf, dass Ihr Gesprächspartner auf keinen Fall damit rechnet, dass Sie ihn ansprechen, und auch keine Zeit oder Ruhe für ein 
ausführliches Gespräch hat. Dadurch lassen Sie Ihrem Gesprächspartner keine Chance, sich vorzubereiten. Interessiert zuhörende Zeugen sind hier 
eine feine Ergänzung.

Tipp 2: Opfer über Wertschätzung komplett im Unklaren lassen

Je mehr Ihr Gesprächspartner während des Gespräches überlegt, wie 
Ihre Wertschätzung ihm gegenüber aussehen mag, desto durchschlagender die Kraft von Feedback mit negativem Inhalt. Ein mächtiger Verstärker! Sie können gezielt unterschiedliche 
Signale einstreuen, um panisches Grübeln anzuheizen. Einmal scheint es 
kurz so, als würde Ihre Entschlossenheit, das Opfer zu feuern, auf
blitzen, und dann wieder wirkt es so, 
als würden Sie auf jeden Fall mit 
großer Wertschätzung zu ihm stehen. 

Tipp 3: Lähmende Regeln

Feedback-Regeln sind herrlich. Nutzen Sie sie dazu, dass Ihr Opfer nichts 
sagen darf, da dies ja gegen die 
Regeln wäre! Es sind ja anerkannte 
Regeln, und jeder weiß, dass dies so richtig ist! Die gängigen Feedback-
Regeln finden Sie leicht via Google. Am besten nutzbar ist die Regel, dass 
man Feedback nicht widersprechen solle und überhaupt schweigend 
demütig-dankbar zu lauschen habe. 
Dann kommt ihr Feedback-Opfer gar nicht erst auf dumme Gedanken. Auch die Sandwichtechnik bietet fein Destruktives, da sie Positives direkt entwertet (vgl. auch Tipp 7). In unserem Buch finden Sie diese Regeln übrigens nicht.

Tipp 4: Die geheime Kraft der Negation

Sagen Sie so oft wie möglich, was Ihr Feedback nicht ist. Das ist eine pfiffige Art, um genau diese Bilder in den Kopf des Feedback-Nehmers zu transportieren, damit er schon mal genau in die Richtung denkt. Selbstverständlich ist Ihr Feedback keine Kritik, keine Abwertung der Person und schon gar 
kein Angriff auf die Persönlichkeit des anderen. Es geht selbstredend nicht darum, ihm eine Gefahr bezüglich seines Angestelltenverhältnisses zu vermitteln: „Nicht, dass Ihr Anstellungsverhältnis direkt in Gefahr wäre, aber ...“

Tipp 5: Seien Sie so vereinnahmend als möglich

Vorwürfe öffnen den anderen erst 
so richtig, dadurch begreift er ja am 
Besten, worum es Ihnen geht. Keinesfalls in Dosis und Aussage auf den 
Feedback-Nehmer abstimmen, sondern immer frisch heraus damit! Verallgemeinerungen sind empfehlenswert: „Immer sind Sie so …! Nie können 
Sie …“ Am besten bereiten Sie die 
Vorwürfe gut und rhetorisch geschliffen vor, ganz unabhängig von der 
Verfassung Ihres Gesprächspartners. Wirksam sind auch Vorwürfe, die Sie 
seit Jahren immer wieder aufwärmen, gerne immer wieder am selben Beispiel illustriert, jedoch verwirrend neu formuliert. Eloquent vortragen lautet 
die Maxime!

Tipp 4 und 5 lassen sich wirksam 
koppeln:

„Nicht, dass Sie denken, dies wäre ein Vorwurf, aber …!“

Tipp 6: Die einzig angemessene Sichtweise haben Sie!

Die Magie lähmenden Feedbacks entsteht ja daraus, dass man selbst die Dinge richtig sieht und der andere eben nicht. Das muss in Ihren Formulierungen vielleicht subtil, aber doch auf jeden Fall klar rüberkommen. Nur Ihre Sichtweise der Dinge zählt, da gibt es gar keine Diskussion. Sie erlauben Ihrem Gesprächspartner einen wertvollen Einblick in die korrekte Sichtweise. Dazu ist es besonders wichtig, dass er Ihre Sicht angemessen demütig staunend anhört und nicht etwa zu Wort kommt!

Tipp 7: Nutzen Sie Lob, um den 
anderen intelligent zu demütigen

Lob ist toll und sehr wirksam, um die Durchschlagkraft Ihres Feedbacks zu steigern. Am besten platzieren Sie es direkt an den Anfang des Gesprächs und ans Ende, man nennt dies die 
Sandwichtechnik. Achten Sie darauf, dass das Lob sich auf recht Unerhebliches bezieht. Zum Beispiel „Ich fange mal damit an, wie wunderbar Sie stoffwechseln während der Arbeit. Da muss ich Sie echt mal loben. Unvergleichlich! Und wie schön aufgeräumt Ihr Arbeitsplatz ist! Nun aber dann mal zu den 
wesentlichen Themen, da habe ich ein paar Feedbacks.“ Eine uns bekannte Führungskraft nannte eine solche Einleitung einmal „die Immunisierung zu Beginn“. Hier wird Ihre Absicht harmoniebedürftig verschleiert, während doch jeder weiß, was kommt. Man kann nach dem herrlich zerstörerischen FeedbackPart z. B. enden mit: „Aber ich muss noch einmal loben. Es ist toll, dass 
Sie meistens pünktlich sind und dass Sie auch in schlechten Zeiten stets 
fröhlich die Kaffeepausen anleiten. Man soll ja mit was Positivem aufhören!“.

Tipp 8: Tun Sie so, als böten Sie an, ganz offen Feedback entgegenzunehmen

So, als seien Sie plötzlich nicht mehr 
der Chef: „Natürlich können Sie mir 
auch noch kurz konstruktives Feed-back geben!“ – „Tun Sie einfach mal 
so, als wäre ich nicht Ihr Chef! So 
ganz von Mensch zu Mensch.“ Natürlich können Sie dann subtil und gemein auf diese Feedbacks reagieren! Das gibt Ihnen eine großartige Chance, zwischendrin Ihrem Gesprächspartner noch weitere lähmende und destruktive Feedbacks zuteilwerden zu lassen.  Macht ignoriert man am besten – wenn man „oben“ ist und erzeugt gleichzeitig die Illusion, ja ganz auf Augenhöhe Feedbacks zuzulassen. Natürlich sind die Tipps mit einem Augenzwinkern verfasst … Dennoch werden Sie vermutlich manches wiedererkennen, was Ihnen bereits widerfahren ist oder was Sie selbst so umgesetzt haben. Selten geschieht der Feedback-GAU aus böser Absicht; in den allermeisten Fällen passieren einfach solche Fehler, weil es eben ein 
sehr schwieriger Bereich ist. 

Fazit

Nun mal im Ernst: Wenn Sie sich dafür interessieren, wie Feedback wirklich Resonanz auslöst, dann lohnt sich ein Blick in unser Buch und die Beschäftigung mit Resonanz-Feedback. Es handelt sich dabei um einen Prozess zwischen zwei Menschen, in dem mit viel Sorgfalt Bedeutung übertragen wird. Dadurch lassen sich ungeahnte Ergebnisse im Bereich Führung erzielen. 

Autor: Chris Wolf

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