Qualitätsmanagement 05.06.2019
Abschied vom alten Verbandbuch nach Einzug der neuen DSGVO
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Wo gehobelt wird, da fallen auch bekanntlich Späne, und im schlimmsten Fall verletzt sich ein Mitarbeiter der Zahnarztpraxis dabei. Diese Verletzungen bzw. die daraus resultierenden Erste-Hilfe-Leistungen müssen nach § 24 Abs. 6 DGUV Vorschrift 1 dokumentiert werden. Daran, dass die Aufzeichnungen mindestens fünf Jahre aufbewahrt werden müssen, hat sich nichts geändert.
In den meisten Zahnarztpraxen befindet sich deshalb in der Nähe des Erste-Hilfe-Koffers ein sogenanntes Verbandbuch. Dort werden alle in der Praxis durchgeführten Erste-Hilfe-Maßnahmen unter Angabe des Mitarbeiters (Namen), der Verletzung und weiterer Informationen erfasst, von Pflaster kleben bis zur Reanimation.
Da es sich aber nun um „Gesundheitsdaten“ nach Artikel 4 Abs. 15 DSGVO und gleichzeitig gemäß Artikel 9 Abs. 1 DSGVO um die „Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten“ handelt, muss der „bislang“ öffentliche Umgang mit einem Verbandbuch in einer Zahnarztpraxis überdacht werden.
Rechtsgrundlage für die Erhebung von Gesundheitsdaten im Verbandbuch
Die in einem Verbandbuch hinterlassenen Angaben dienen als wichtiger schriftlicher Nachweis, dass ein Gesundheitsschaden bei einem versicherten Mitarbeiter eingetreten ist. Diese Dokumentation ist die Voraussetzung dafür, dass ein betrieblicher Unfall überhaupt als Arbeitsunfall bei der zuständigen Berufsgenossenschaft anerkannt werden kann. Das kann sehr wichtig werden, etwa wenn Spätfolgen eintreten – zum Beispiel bei Entzündungen auch nach kleineren Schnitt- oder Stichverletzungen.
Welche Informationen gehören in ein Verbandbuch?
Bei einem betrieblichen Unfall in der Zahnarztpraxis oder auch bei jeder Erste-Hilfe-Leistung müssen die nachfolgenden Informationen hinterlegt werden: Name des verletzten Mitarbeiters, Zeit und Ort, Unfallhergang, Art und Schwere der Verletzung oder des Gesundheitsschadens, außerdem Erste-Hilfe-Maßnahmen, Ersthelfer oder Ersthelferinnen sowie Zeuginnen oder Zeugen.
Der jetzige Umgang mit dem Verbandbuch in der Zahnarztpraxis
In der Zahnarztpraxis ist es üblich, ein Verbandbuch öffentlich auszulegen, in welchem die Mitarbeiter der Praxis Verletzungen, Unfälle und Erst-Hilfe-Leistungen schriftlich festhalten. In dem Verbandbuch befinden sich alle Unfälle und Erste-Hilfe-Leistungen der Praxis der letzten Jahre zum Nachlesen für jeden Mitarbeiter der Praxis.
Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit dieser Datenverarbeitung ergibt sich aus Artikel 6 Abs. 1 lit. c DSGVO (… die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, welcher der Verantwortliche unterliegt). Die rechtliche Verpflichtung ergibt sich für die Praxisleitung aus dem § 24 Abs. 6 der DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“.
Die rechtliche Grundlage für die Verarbeitung ist also gegeben, die Erfassung und Speicherung auch im Rahmen der DSGVO in Ordnung. Allerdings stellt die für jeden Mitarbeiter der Praxis gegebene Verfügbarkeit dieses Verbandbuches ein Problem dar, denn schließlich werden hier nicht nur irgendwelche, sondern personenbezogene Daten besonderer Kategorien (Artikel 4 Abs. 15 DSGVO „Gesundheitsdaten“) einem zwar nicht undefinierten, aber doch großen und vor allem nicht berechtigten Personenkreis zur Verfügung gestellt.
Der neue Umgang mit dem „neuen“ Verbandbuch
Es ist daher Zeit, sich von dem Verbandbuch zu verabschieden und alternative Methoden der nach § 24 Abs. 6 BGV A1 vorgeschriebenen Dokumentationspflicht zu implementieren.
Erste Möglichkeit: Das innerbetriebliche Verbandbuch einer Zahnarztpraxis sollte zukünftig verschlossen in einem Schrank aufgehoben und nicht zusammen mit dem Verbandskasten gelagert werden. Das Verbandbuch sollte folglich dort gelagert werden, wo nur berechtigte Mitarbeiter, wie zum Beispiel der Ersthelfer einer Zahnarztpraxis, Zugriff haben.
Zweite Möglichkeit: Eine andere und praktikablere Möglichkeit ist es, Verbandbuch-Blanko-Formulare zu verwenden, in denen durch die Mitarbeiter selbst eine Verletzung, ein Unfall oder die Erste-Hilfe- Leistung vermerkt werden können. Diese ausgefüllten Formulare können dann in der Praxis an einem sicheren Ort archiviert werden. Die „leeren“ Verbandbuch-Blanko-Formulare können dann wieder beim Verbandkasten der Praxis aufbewahrt werden.
Tipp
Ihre zuständige Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienste und Wohlfahrt „BGW“ bietet Ihnen eine praktische Broschüre mit heraustrennbaren Seiten für die Dokumentation an. Alternativ können die Angaben auch direkt in das Online-Verbandbuch-PDF der BGW-Plattform geschrieben, ausgedruckt und abgeheftet werden.
Der Beitrag ist in ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.
Foto: photophlox – stock.adobe.com