Recht 17.07.2024
Achtung Urheberrecht: Abmahngefahren bei Zahnarztpraxen
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Dieser Beitrag ist unter dem Originaltitel „Abmahngefahren bei Zahnarztpraxen“ im BDIZ EDI konkret erschienen.
Kaum eine Zahnarztpraxis leistet es sich heute noch, weder in den sozialen Medien noch im Internet präsent zu sein. Ganz im Gegenteil findet man reich bebilderte Internetseiten und Blogs in den verschiedenen Social-Media-Kanälen, die von den Praxen eifrig bespielt werden. Und gerade bei den Blogs ist das Bild zur oft schon alleinigen Botschaft geworden.
Das ist alles kein Thema, solange man nur Bilder verwendet, die man selbst geschossen hat. Aber die sind selten so professionell aufbereitet, dass das beim flüchtigen Scroll über die Seite den erhofften Wow-Effekt auslöst. Also holt man sich professionelle Bilder von Bildprovidern und denkt sich, dann sei doch eigentlich alles in Ordnung.
Aber selbst die Bilder, die man selbst geschossen hat, können Probleme bereiten, wenn man z. B. bei der Gelegenheit ein urheberrechtlich geschütztes Werk mit ablichtet und ins Internet stellt. Berühmtes Beispiel hierfür ist der Streit um die urheberrechtliche Zulässigkeit der Ablichtung eines Raumes mit urheberrechts-
geschützter Fototapete im Hintergrund (diese Frage könnte, nebenbei bemerkt, in absehbarer Zeit beim Bundesgerichtshof im Verfahren I ZR 35/24 geklärt werden).
Es gibt genügend Fotografen, die sich auf Providerplattformen tummeln und ihre Bilder ggf. lizenzgebührenfrei zur Veröffentlichung zur Verfügung stellen, die sich später aber darum kümmern, ob diese Bilder auch nur unter den Bedingungen der gebührenfreien Lizenz genutzt werden.
Wird dagegen verstoßen, erfolgt eine Abmahnung wegen Verstoßes gegen das Urheberrechtsgesetz mit strafbewehrter Unterlassungserklärung und – nicht zu vergessen – für den minimalen Aufwand durchaus „saftiger“ Anwaltsrechnung der den Fotografen vertretenden Anwaltskanzlei.
Das ist ein lukratives Betätigungsfeld für Abmahnanwälte – und deshalb sollte eine Zahnarztpraxis, die im Internet und auf Social-Media-Kanälen unterwegs ist, die wichtigsten Dinge zur Bildnutzung im Internet kennen, entweder, um das Unbill zu verhindern, oder um nachträglich rechtzeitig vorbeugend zu agieren oder sich zur Wehr setzen zu können.
Urheberrecht am Lichtbild und an Lichtbildwerken
Fotos sind grundsätzlich urheberrechtsfähig. Sie einfach zu kopieren und für eigene Zwecke zu veröffentlichen, kann eine Urheberrechtsverletzung darstellen. Das deutsche Recht unterscheidet etwas umständlich zwischen Lichtbildwerken und Lichtbildern. Lichtbildwerke sind in § 2 Abs. 1 Nr. 5 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz – Abkürzung: UrhG) ausdrücklich genannt. Lichtbilder werden als Begriff in § 72 UrhG genannt.
Lichtbilder werden nach § 72 Abs. 1 UrhG grundsätzlich wie Lichtbildwerke geschützt. Lichtbildwerke unterscheiden sich von Lichtbildern dadurch, dass sie eine persönliche geistige Schöpfung darstellen. Insbesondere müssen sie Individualität und Gestaltungshöhe aufweisen. Sie müssen eine individuelle Betrachtungsweise oder künstlerische Aussage des Fotografen zum Ausdruck bringen, die sie von der lediglich gefälligen Abbildung abhebt. Lichtbildwerke zeichnen sich im Allgemeinen dadurch aus, dass sie über die gegenständliche Abbildung hinaus eine Stimmung besonders gut einfangen, in eindringlicher Aussagekraft eine Problematik darstellen, den Betrachter zum Nachdenken anregen. Das kann z. B. durch die Wahl des Motivs, des Bildausschnitts oder der Perspektive, durch die Verteilung von Licht und Schatten, durch Kontrastgebung, Bildschärfe oder durch die Wahl des richtigen Moments bei der Aufnahme zum Ausdruck gebracht werden. Demgegenüber zählen diejenigen alltäglichen Bilder, die rein handwerklich das Fotografierte abbilden, nicht zu den Lichtbildwerken. Dazu gehört z. B. regelmäßig die sogenannte Gegenstandsfotografie, die darauf abzielt, die – nicht „gestellte“ – Vorlage möglichst unverändert naturgetreu wiederzugeben (KG Berlin, 28.03.2012 – 24 U 81/11 –, Rz. 46).
Lichtbildern fehlt diese kreative Gestaltungshöhe, was aber für die Schutzwirkung in den Fällen, um die es hier geht, von wenig praktischer Relevanz ist. Allerdings müssen auch Lichtbilder die Anforderungen des § 2 Abs. 2 UrhG erfüllen, also „persönliche geistige Schöpfungen“ sein. Das festzustellen, kann im Einzelfall sehr schwierig sein. Nicht jedes Bild ist per se urheberrechtsgeschützt. In diesem Beitrag geht es aber nur um Fotos, die durch das UrhG geschützt sind.
Ein erheblicher Unterschied zwischen Lichtbildwerken und Lichtbildern besteht in der Schutzdauer. Sie beträgt für Lichtbildwerke 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (Fotografen; § 64 UrhG), dagegen für Lichtbilder (nur) 50 Jahre nach Entstehung des Fotos (§ 72 Abs. 3 UrhG).
Lizenzen
Es ist weitgehend bekannt, dass man fremde Bilder nicht einfach für die eigene Homepage verwenden darf, sondern dass man dafür eine Lizenz braucht. Wenig bekannt ist aber, dass es nicht „die“ Lizenz gibt, sondern dass man sich die Lizenzbedingungen sehr genau durchlesen muss, um zu wissen, was man mit dem gebührenfrei oder gebührenpflichtig erworbenen Bild überhaupt anfangen darf.
Verkompliziert wird das Ganze noch dadurch, dass sich viele Provider von Lichtbildern und Lichtbildwerken vorbehalten, ihre Lizenzbedingungen später zu ändern, und die Beachtung der dann geänderten neuen Bedingungen zur Grundlage der Lizenzerteilung machen. Das bedeutet in der Praxis, dass ein Bild, das am 5.1.2023 erworben wurde, am 25.5.2024 nicht mehr zwingend weiterbenutzbar sein muss.
Die Verwertung eines urheberrechtlich geschützten Bildes steht allein dem Urheber zu (§ 15 UrhG). Er darf bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist (§ 12 Abs. 1 UrhG). Er hat das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk. Er kann bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist (§ 13 UrhG). Er darf insbesondere auch bestimmen, ob und wie das Werk der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird (§ 19a UrhG). Letzteres ist bei im Internet oder Social Media veröffentlichten Bildern i. d. R der Knackpunkt.
Gegen § 13 UrhG wird vielfach verstoßen – und hier kommen die Lizenzbedingungen vor allem zum Tragen.
Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
„Der Urheber hat das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk. Er kann bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist.“
Den Text des § 13 Satz 1 UrhG muss man wörtlich nehmen. Der Urheber hat das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft „am Werk“. „Am Werk“ bedeutet, dass die Bildkennzeichnung neben oder auf dem Bild angebracht werden darf, aber nicht „im Bild“, in dem man die Bilddatei entsprechend ergänzt. Das wäre eine urheberrechtlich zustimmungsbedürftige Veränderung des Bildes.
Der Nachweis muss „am Bild“ angebracht werden und sichtbar sein. Die Frage, ob ein „Aufklappen“ des Nachweises, wenn der Mauszeiger über das Bild fährt, ausreicht, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden. Ich rate von einer solchen Lösung aber ab, weil die Urheberschaft ohne weiteres Zutun erkennbar sein soll, also auch dann, wenn man sich für das Bild nicht weiter interessiert. Sinn des vom Urheber zu bestimmenden Urheberrechtshinweises ist u. a., ihm künftige Folgeaufträge zu ermöglichen und weitere Verbreitungsmöglichkeiten zu eröffnen. Eine bessere Lösung besteht darin, den jeweiligen Image-Container (in der Programmiersprache HTML =) direkt mit einem dauerhaft sichtbaren Hinweis in einer ästhetisch ansprechenden Schriftart zu versehen.
Lizenzvereinbarung
Was dann im Image-Container inhaltlich stehen muss, hängt von der Lizenzvereinbarung ab, in der Regel aber wenigstens der Bildautor.
Regelmäßig wird zusätzlich verlangt, dass nicht nur der Bildautor genannt, sondern auch der Bild-Provider und oftmals auch, dass auf den Bildprovider verlinkt wird.
Ist eine Verlinkung erforderlich, erfolgt diese sinnvollerweise im Impressum. Dazu steht meist ebenfalls etwas in den Lizenzbedingungen.
Eine typische Bildkennzeichnung wäre z. B. „© A.Mustermann – bildprovider.de“. Angegeben wird der Bildautor (Fotograf) und der Bildprovider, von dem die Lizenz zur Veröffentlichung stammt.
Die Schwierigkeit der Arbeit mit urheberrechtlich geschützten Bildern besteht in der Lizenzvereinbarung.
Typischerweise wird diese, wenn man im Internet passende, vielleicht sogar kostenfreie Bilder findet, weder gelesen noch gar heruntergeladen, ausgewertet und archiviert.
Es gibt Bildlizenzen, die eine uneingeschränkte private und gewerbliche Nutzung der Bilder gestatten, andere gestatten nur die private oder nur die gewerbliche Nutzung, dann kann es sein, dass z. B. für die Verwendung der Bilder auf Social-Media-Kanälen andere Bedingungen gelten als für die Verwendung auf einer Internetseite (Homepage).
Kostenfreie Bildlizenzen findet man bei den sog. Creative-Commons-Lizenzen (CC-Lizenzen). Die Lizenzverträge werden von der Creative Commons (CC) angeboten, einer gemeinnützigen Organisation, die 2001 in den USA gegründet wurde und mittlerweile auch mit einem Internetauftritt in Deutschland vertreten ist (de.creativecommons.net).
CC-Lizenzen sind Lizenzen von Fotografen, die sich dazu entschieden haben, ihre Werke von jedermann verwerten zu lassen, ohne dass sie ausdrücklich um Erlaubnis gefragt werden müssen.
Aber auch hier gilt, dass man die Lizenzbedingungen nicht ignorieren darf. Die aus Nutzersicht weitreichendste Lizenz ist die CC0-Lizenz. Bilder mit dieser Lizenz dürfen beliebig kopiert und verändert werden, ohne den Urheber nennen oder um Erlaubnis fragen zu müssen. Die sogenannten gemeinfreien Bilder dürfen kommerziell verwendet werden.
Bilder mit CC BY-Lizenz dürfen kommerziell verwertet und frei verarbeitet werden. Voraussetzung ist, dass der Bildautor und der Lizenzgeber genannt und verlinkt werden. Falls Änderungen am Bild vorgenommen wurden, ist darauf hinzuweisen.
Ähnlich ist die Situation bei CC-BY SA-Lizenzen. Die Besonderheit besteht im Share-Alike-Modul (SA). Es bedeutet, dass ein verändertes Bild unter derselben Lizenz veröffentlicht werden muss wie das Original.
Bei einer CC BY-ND-Lizenz ist eine Veränderung des Bildmaterials i. d. R. verboten. Bilder, die eine CC BY-NC-Lizenz, eine CC BY-NC-SA-Lizenz oder eine CC BY-NC-ND-Lizenz haben, ist gemeinsam, dass sie nicht kommerziell genutzt werden dürfen, also für eine Praxishomepage oder einen Praxisblog per se nicht infrage kommen.
Man muss leider darauf hinweisen, dass nicht jede Lizenz, die eine CC0-Lizenz zu sein behauptet, eine ist. Das Internet ist bekanntlich zwar kein rechtsfreier, aber ein rechtlich schwieriger Raum. Der-
jenige, der die Bilder unter einer CC0-Lizenz anbietet, muss nicht zwangsläufig ihr Urheber sein.
Das heißt, beim Erwerb von CC0-Lizenzen sollte man Vorsicht walten lassen.
Gibt es keine Bilder unter passender (und sicher erscheinender) CC-Lizenzierung, dann bleiben nur die kommerziellen Bildprovider.
Bei diesen entscheidet der Lizenzvertrag, was damit angestellt werden darf.
Und den gilt es
- herunterzuladen,
- zu lesen,
- zu verstehen und
- auszuwerten.
Dieselbe Mühe muss man sich auch bei CC-Lizenzen machen!
Tipps für die Praxis zum Umgang mit Bildlizenzen
Die Verwendung kommerzieller Bilder und die Abwehr von Risiken, die daraus entstehen können, erfordern Struktur und Systematik.
Am besten legt man eine Excel-Tabelle an (falls einem der Umgang mit Datenbankprogrammen zu schwer fällt), in der für jedes auf der Homepage/den Social-Media-Kanälen verwendete Bild mindestens fest-
gehalten wird:
- Bildname,
- Bildurheber,
- Bildprovider,
- Lizenzbedingungen (was wird gestattet),
- Datum des Lizenzerwerbs,
- Datum der erstmaligen Nutzung der
- Lizenz (Bild wird online gestellt).
Das ist zugegebenermaßen eine Fleißarbeit, aber notwendig. Abmahnungen verursachen schon genug Ärger. Wenn man sie dann nicht kontern kann, weil man keine Unterlagen mehr findet, ist das doppelter Ärger. Nicht jeder Bildprovider existiert für immer, sodass man ggf. bei diesem später noch mal nachfragen kann, noch hat man in wettbewerbsrechtlichen Abmahnverfahren die Zeit, umfangreich zu recherchieren, wie denn wohl alles damals gewesen sein dürfte, als man das Bild ins Netz stellte.
Gefahrenquelle Drittrechte
Tückisch kann es werden, wenn man Bilder erwirbt, die Personen zeigen. Das Lizenzrecht am Bild ist die Berechtigung, das Bild zu verwenden. Der Bildverwendung kann aber durchaus das Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person(en) entgegenstehen. Die Lizenz besagt nichts darüber, ob die Person eingewilligt hat, fotografiert und zum Gegenstand kommerzieller Nutzung zu werden.
Wenn man die beliebten Bilder von Personen kauft, sollte man unbedingt prüfen, ob die Lizenzbedingungen sich dazu auslassen – oder im Einzelfall nachprüfen, wie es damit bestellt ist.
Das ist leider mühsam.
Eigene Bilder
Wenn es auf der Homepage authentisch sein darf, kann man sich als Alternative überlegen, nur eigene Bilder zu verwenden (muss aber auch da bei Personenbildern aufpassen). Ob man die selbst schießt oder eine Fotografen damit beauftragt, ist zwar nicht gleichgültig, aber sich mit dem Fotografen auf eine Verwertung seiner Bilder zu einigen, ist ungleich einfacher, als Rechtsstreite um die Bildverwertung zu führen.
Selbst schießen ist die einfachste Methode. Beim Fotografen ist zu beachten, dass die mit ihm vereinbarte Vergütung nach § 32 Abs. 1 und 2 Satz 2 UrhG angemessen (redlich) sein muss. Das ist sie nur, wenn sie die Interessen des Fotografen neben den Interessen des Verwerters gleichberechtigt berücksichtigt (BGH, 07.10.2009 – I ZR 38/07 –, Rz. 22). Das kann u. U. relevant werden, wenn als Folge der Bilder die Homepage/der Blog „durch die Decke“ gehen. Aber wenn so was passiert, gebietet es schon der Anstand, den Fotografen am Erfolg teilhaben zu lassen.
Abmahnung
Es gibt Datenbanken, die Abmahnanwälte kennen, mit denen sich überprüfen lässt, ob Lizenzbedingungen verletzt wurden. Eine von diesen ist z. B. INTERNET ARCHIVE WAYBACK MACHINE. Es handelt sich dabei um eine auf Spendenbasis arbeitende Internetsuchmaschine, die Webseiten automatisch archiviert. Klickt man https://wayback-api.archive.org an, findet man folgenden Eintrag
Der Eintrag erklärt schon, was die Seite macht. Das Archiv umfasst mittlerweile mehr als 866 Milliarden Webseiten.
Das Problem einer Abmahnung kann man also nicht dadurch einfach lösen, dass man die inkriminierten Bilder schnell löscht. Man muss versuchen, den Abmahnfall zu vermeiden. Es ist schon aus diesem Grund hilfreich, wenn man in der Excel-Datei festhält, wann man die Bildlizenz erworben und wann man sie genutzt hat.
Dazu kommt die Anwaltsrechnung und die Unterlassungserklärung.
Reaktion auf die Abmahnung
Man sollte aufgrund einer Abmahnung nicht in Panik verfallen. Es nützt auch wenig, auf die Abmahnhyänen zu schimpfen. In der Regel mahnen gerade bei Bildern die Bildautoren über Anwaltskanzleien ab. Die sich bei Abmahnvereinen stellenden rechtlichen Fragen stellen sich dann nicht.
Die gestellten Fristen sind i. d. R. kurz, meist nur eine Woche. Es ist also intensive Arbeit angesagt. Zu klären sind:
- Liegt ein Verstoß gegen das UrhG vor?
- Wo wird das Bild verwendet?
- Soll das Bild weiter verwendet werden?
- Mit welchem Inhalt soll ggf. eine Unterlassungserklärung abgegeben werden?
Die Unterlassungserklärungen, die Abmahnanwälte vorlegen, sind oft viel zu weitgehend.
Eins sollte klar sein: Ohne vernünftige anwaltliche Beratung kommt man an dieser Stelle nicht weiter.
Deshalb: Vorbeugen ist auch hier besser als heilen.