Recht 25.05.2012

Faire Urlaubsplanung in der Zahnarztpraxis



Faire Urlaubsplanung in der Zahnarztpraxis

Foto: © Shutterstock.com

In vielen Praxen stellt sich derzeit die alljährliche Frage, wie die Urlaubsplanung in der Sommerzeit sinnvoll und für alle Beteiligten zufriedenstellend gestaltet werden kann. Organisatorisch gilt es die grundsätzliche Entscheidung zu treffen, ob Betriebsferien angeordnet werden und die Praxis in dieser Zeit geschlossen bleibt oder ob ein Vertreter den Praxisbetrieb für die Zeit ärztlicher Abwesenheit aufrechterhält.

Primäres Anliegen der Ärzte ist es, regelmäßig die Praxis im Verhältnis zur Konkurrenz wettbewerbsfähig zu halten und den Patienten einen zufriedenstellenden Service bieten zu können. Darüber hinaus gilt es auch Mitarbeiterinteressen ausreichend zu berücksichtigen, denn die Urlaubsplanung bietet durchaus Konfliktpotenzial, welches von Arbeitgebern teilweise unterschätzt wird. Neben unternehmerischen Fähigkeiten muss der Praxisinhaber also auch immer ein gewisses Geschick für die Streitschlichtung mitbringen und sich entsprechende Strategien aneignen.

Gewährung des Urlaubs
Der Umfang des Urlaubsanspruchs eines jeden Mitarbeiters wird in der Regel bereits im Arbeitsvertrag niedergelegt. Ist dort keine Vereinbarung getroffen worden und besteht keine tarifvertragliche Vorgabe, so gilt der gesetzliche Mindestanspruch, welcher bei einer 6-Tage-Woche 24 Werktage beträgt (vgl. §3 BUrlG). Als Werktage zählen dabei alle Kalendertage, die nicht Sonntage oder gesetzliche Feiertage sind. Bei einer abweichenden Wochenarbeitszeit sind die Urlaubstage anteilig zu kürzen. Bei einer 5-Tage-Woche beträgt der Anspruch demnach 20 Werktage, bei Teilzeitbeschäftigten ist er anhand der wöchentlichen Arbeitstage zu errechnen. Die tatsächliche Gewährung des Urlaubs ist Sache des Praxisinhabers, soweit dabei die Mindestanforderungen des BUrlG sowie etwa einschlägiger Tarifverträge eingehalten werden. Dennoch ist es sinnvoll und gesetzlich vorgesehen, die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer soweit wie möglich zu berücksichtigen. Einschränkungen sind möglich, wenn dringende betriebliche Belange oder vorrangige Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer dem Urlaubsbegehren entgegenstehen. Ein die Ablehnung rechtfertigender „betrieblicher Belang“ kann etwa die Gefährdung des Praxisbetriebs durch drohende Unterbesetzung sein. Kommt es zu Terminkollisionen mit anderen Mitarbeitern sollte zunächst versucht werden, in einem gemeinsamen Gespräch eine einvernehmliche Lösung zu finden. Scheitert dieser Versuch, können als Entscheidungsgrundlage Kriterien wie Schulferien der Kinder, Erholungsbedürftigkeit, Alter oder Dauer der Betriebszugehörigkeit herangezogen werden. Um eine durchdachte Urlaubsplanung zu gewährleisten und Kollisionen zu vermeiden, ist es ratsam, frühzeitig einen verbindlichen Urlaubsplan zu erstellen, in den die Mitarbeiter ihre Urlaubswünsche eintragen. Dies schafft für Angestellte und Praxisinhaber den nötigen Überblick.

Betriebsferien
Alternativ zur Aufrechterhaltung des Praxisbetriebs steht dem Zahnarzt kraft seines Direktionsrechts das Recht zu, für das gesamte Praxisteam geltende Betriebsferien anzuordnen, während derer die Praxis geschlossen bleibt und die Mitarbeiter zur Inanspruchnahme ihrer Urlaubstage gezwungen sind. Die Befreiung einzelner Mitarbeiter von diesem „Zwangsurlaub“ ist nur in Härtefällen angezeigt, da die Betriebsferien der Sicherung eines ungestörten Betriebsablaufs dienen. Hierdurch sollen im betrieblichen Interesse Störungen, die ein wechselndes Fehlen von Betriebsangehörigen in der Regel mit sich bringt, von vornherein ausgeschlossen werden.1 Es ist darauf zu achten, dass soziale Belange dennoch berücksichtigt werden, beispielsweise indem Betriebsferien auf die üblichen Ferienzeiten gelegt werden, wenn in der Praxis Mitarbeiter mit schulpflich­tigen Kindern beschäftigt sind. Es bietet sich an, die Mitarbeiter auf Regelungen zu Betriebsferien rechtzeitig – möglichst bereits im Bewerbungsgespräch – hinzuweisen und in den Arbeitsverträgen darauf Bezug zu nehmen. Auch sollten nicht alle Urlaubstage der Mitarbeiter von dem Betriebsurlaub betroffen sein, sodass noch Raum für eine individuelle Urlaubsplanung bleibt. Ob die Anordnung von Betriebsurlaub für die jeweilige Praxis eine sinnvolle und ratsame Option darstellt, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine Entscheidung muss auf der Grundlage der Interessen der Beteiligten sowie der organisatorischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Praxis individuell getroffen werden.

Zeitliche Einschränkungen
Daneben gilt es für den Praxisinhaber auch die zeitlichen Einschränkungen hinsichtlich der Urlaubsgewährung zu beachten. Als zeitliche Vorgabe normiert §7 Abs. 3 BUrlG, dass der Urlaub grundsätzlich innerhalb des laufenden Ka-lenderjahres zu gewähren ist. Eine Übertragung auf das Folgejahr ist nur aus dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen möglich. Auch in diesem Fall müssen sämtliche Urlaubstage bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden, danach entfällt der Anspruch. Nur wenn dem Arbeitnehmer die Inanspruchnahme des Urlaubs nicht möglich ist – etwa im Falle anhaltender Arbeitsunfähigkeit – oder bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung kommen Abweichungen von dieser Verfallsregelung in Betracht. Dem Arbeitnehmer bleibt etwa im Falle andauernder Erkrankung der gesetzlich verbürgte Mindesturlaubsanspruch auch über den Stichtag des 31.03. hinaus erhalten. Vor diesem Hintergrund sollte also einem Ansammeln von Urlaubstagen durch den Praxisinhaber entgegengewirkt werden, gegebenenfalls durch die ausdrückliche Aufforderung den Resturlaub innerhalb eines gewissen Zeitfensters zu nehmen. Sollte der Arbeitnehmer während eines gewährten Urlaubs erkranken, so hat er dies anzuzeigen und durch eine Krankschreibung nachzuweisen. In diesem Fall sind ihm die Krankheitstage wieder gutzuschreiben, da er in diesem Zeitraum den Erholungswert des Urlaubs nicht für sich in Anspruch nehmen konnte. Eine eigenmächtige Verlängerung des Urlaubs durch den Arbeitnehmer ist hingegen in keinem Fall zulässig. Dem Erholungszweck des Urlaubs entspricht auch das grundsätzliche Verbot, während des Urlaubs eine diesemv widersprechende Erwerbstätigkeit auszuüben. Den Mitarbeitern ist eine auf Erwerb gerichtete Betätigung folglich untersagt, während ehrenamtliche Tätigkeiten oder Gefälligkeiten (auch entgeltlicher Art) weiterhin gestattet bleiben.

Vergütung
Die Mitarbeiter haben während ihres Urlaubs einen Anspruch auf Vergütung, welcher sich an dem Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen vor Urlaubsantritt orientiert. Vergütung für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft werden dabei in die Bemessungsgrundlage ebenso eingerechnet wie Zuschläge für Sonn- oder Feiertagsarbeit. Nicht zu berücksichtigen sind Überstundenvergütungen sowie reine Aufwandsentschädigungen, wie Fahrt- und Essenszuschüsse. Von diesem Urlaubsentgelt ist das sogenannte „Urlaubsgeld“ zu unterscheiden, welches eine freiwillige Zusatzzahlung darstellt. Hat sich der Praxisinhaber nicht im Arbeitsvertrag oder durch mindestens dreimalige vorbehaltlose Leistung (sogenannte „betriebliche Übung“) an die Gewährung von Urlaubsgeld gebunden, steht ihm die Zahlung grundsätzlich frei. Will der Praxisinhaber sich hinsichtlich des Urlaubsgeldes nicht für die Zukunft binden, so muss er bei der Zahlung darauf achten, dass diese ausdrücklich als freiwillige Leistung ohne Bindungswirkung bezeichnet wird. Eine finanzielle Abgeltung von Urlaub ist nur bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gesetzlich vorgesehen, denn der Urlaub ist in der Regel in Natur zu gewähren. Die Auszahlung unter Verzicht auf Urlaubsgewährung entspricht hingegen nicht der Erholungsfunktion des Urlaubes und stellt keinen zulässigen Ersatz dar. In einschlägigen Tarifverträgen können über die Regelungen des BUrlG hinausgehende oder diese überlagernde Vorgaben normiert sein. Sollten beide Vertragsparteien tarifgebunden oder die Geltung eines Tarifvertrages im Arbeitsvertrag vereinbart worden sein, sind die dortigen Normen vorrangig bzw. ergänzend zu berücksichtigen.

Fazit
Eine sorgfältige und gewissenhafte Urlaubsplanung erleichtert die Praxisorganisation und gewährleistet die notwendige Sicherheit für die Arbeitnehmer. Weiterhin sollte jeder Zahnarzt sich vergegenwärtigen, dass ein einmal genehmigter Urlaub nur in absoluten Ausnahmefällen widerrufen werden kann, denn der Arbeitnehmer muss in der Lage sein, entsprechende Dispositionen treffen zu können und erlangt eine schützenswerte Rechtsposition. Der Praxisinhaber sollte daher an einer vorausschauenden, sorgfältigen und gleichberechtigten Planung interessiert sein, um das Konfliktpotenzial möglichst gering zu halten. Welche konkrete Lösungsstrategie hierfür gewählt wird, hängt von den Umständen und Besonderheiten der Praxis ab. In Streitfragen oder bei Unsicherheiten ist anwaltlicher Rat einzuholen – das spart Zeit und Nerven.

1 LAG Düsseldorf, Urteil vom 20.06.2002, Az.: 11 Sa 378/02

Autoren:

Katri Helena Lyck
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht

Laura Oprée
Lyck & Pätzold Medizinanwälte
Bad Homburg/Darmstadt/Mainz
Nehringstr. 2,
61352 Bad Homburg
Tel.: 06172 139960
Fax: 06172 139966
E-Mail: kanzlei@medizinanwaelte.de
www.medizinanwaelte.de 

Mehr News aus Recht

ePaper