Recht 05.12.2012
Gefälschte Arzneimittel – eine Gefahr für Arzt und Patient
Gefälschte Medizinprodukte stellen ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar.1 Aufgrund immer raffinierterer Fälschungsmethoden und des zunehmenden grenzüberschreitenden Vertriebs von Medizinprodukten breiteten sich Produktfälschungen in den letzten Jahren stetig weiter aus. Von 2004 bis 2005 stieg die Zahl der gemeldeten Fälschungen um 40%.2 Inzwischen sind Produktfälscher auch auf dem Dentalmarkt aktiv. Während der letzten Jahre waren alle großen Hersteller von hochwertigen Dentalprodukten bzw. ihre Kunden von dieser Entwicklung betroffen. Auf EU-Ebene soll aus diesem Grund mit Nachdruck gegen Fälschungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten entgegengewirkt und vorgegangen werden. Immer wieder wird in den Medien über Medizinskandale berichtet, häufig im Zusammenhang mit gefälschten Präparaten. Aus diesem Grund soll auf Ebene der EU verstärkt gegen Fälschungen im Bereich von Arzneimitteln und Medizinprodukten vorgegangen werden.
Europäisches Übereinkommen unterzeichnet
Am 28.10.2011 unterzeichnete Deutschland das „Übereinkommen des Europarates über die Fälschung von Arzneimitteln und Medizinprodukten und über ähnliche die öffentliche Gesundheit gefährdende Straftaten“. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, dass sämtliche Mitgliedsstaaten des Europarats strafrechtliche Bestimmungen zum Schutz vor Arzneimittelfälschungen sowie deren Abgabe und Handel einführen. Auch soll so eine engere internationale Zusammenarbeit zur Verhinderung von Fälschungen gewährleistet werden. Die Vertragsunterzeichner verpflichten sich, entsprechende Gesetzesregelungen zu schaffen. Insbesondere soll die Prävention und der Opferschutz ausdrücklich geregelt werden, da man in diesem Bereich den größten Handlungsbedarf sieht. So gehen die Weltgesundheitsorganisation (WHO), der OECD und das Pharmaceutical Security Institute ausweislich in einer gemeinsamen Studie davon aus, dass im Jahr 2006 weltweit bis zu 50% der illegal über das Internet angebotenen und vertriebenen Medikamente gefälscht sind. Hierbei lassen sich gravierende Unterschiede bei der regionalen Verteilung von gefälschten Arzneimitteln feststellen. Während in einigen Regionen Lateinamerikas, Südostasiens und Afrikas mutmaßlich über 30% der Arzneimittel insgesamt gefälscht sind, waren es in den Staaten auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR ca. 20%. In Staaten mit hohen Kontrollstandards wie beispielsweise Deutschland lag dieser Anteil dagegen bei nur rund 1%.
Derartige Übereinkommen sind zu begrüßen, da die gesundheitlichen Konsequenzen einer Einnahme von gefälschten Arzneimitteln von der Verschlechterung des Gesundheitszustandes bis hin zur Todesfolge reichen können. Darüber hinaus haben Fälschungen gravierende wirtschaftliche Folgen und verletzen regelmäßig gewerbliche Schutz- und Urheberrechte. Die parlamentarische Versammlung des Europarates ging im Jahr 2007 weltweit von einer Gesamtschadenssumme in Höhe von ca. 500 Millionen Euro aus.
Weitere Maßnahmen zum Schutz vor Fälschungen
Darüber hinaus trat am 21.7.2011 auch eine Richtlinie der Europäischen Union (Richtlinie 2011/62/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.6.2011 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG) zur Schaffung eines Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel, mit dem Ziel, das Eindringen von gefälschten Arzneimitteln in die Legallieferkette zu verhindern, in Kraft. Diese Richtlinie enthält eine Reihe von Maßnahmen zum Schutz vor Arzneimittelfälschungen. So sollen beispielsweise mehr Kontrollen von Wirkstoffen und der diese herstellenden Unternehmen, strengere Rahmenbedingungen für die Produktion und den Vertrieb von Medikamenten sowie Untersuchungsverfahren aller daran beteiligter Akteure durchgesetzt werden. Die Mitgliedsstaaten sind gemäß Artikel 2 Abs. 1 der Richtlinie aufgefordert, die hierzu erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bis zum 2. Januar 2013 in Kraft zu setzen. Auch die arzneimittelherstellende Industrie in Deutschland ergreift eigene Maßnahmen gegen die Verbreitung gefälschter Medikamente. Als Reaktion auf die genannte EU-Richtlinie haben die Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände (ABDA), der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH), der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (PHAGRO), der Verein Pro Generika und der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) im September 2011 die gemeinsame Initiative „securPharm“ zum Schutz des Arzneimittelvertriebs in Deutschland ins Leben gerufen. Die Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, eine fälschungssichere Kennzeichnung und die Transparenz der Vertriebswege sicherzustellen. Ähnliche hohe Standards gibt es für Medizinprodukte derzeit noch nicht. Zwar sind Medizinprodukte grundsätzlich mit einer CE-Kennzeichnung zu versehen, dies schützt jedoch nur bedingt vor Fälschungen. So sind rein äußerlich echte und falsche Medizinprodukte kaum zu unterscheiden. Der Unterschied zeigt sich meist erst bei der Anwendung und im schlimmsten Fall in Form von Gesundheitsschäden bei Patienten. Aus diesem Grund versuchen im Bereich der Medizinprodukte vermehrt Hersteller ihre Produkte mit eigenen „Qualitätssiegeln“ zu versehen, um sich so vor Fälschungen zu schützen. Solche Initiativen sind im Interesse einer qualitativ hochwertigen Versorgung der Patienten grundsätzlich zu begrüßen.
Fazit
Derzeit ist davon auszugehen, dass der Anteil gefälschter Medizinprodukte in Deutschland relativ gering ist. Trotzdem empfiehlt es sich grundsätzlich, Produkte, bei denen Sie Bedenken haben, dass es sich um eine Fälschung handeln könnte, nicht zu verwenden und gegebenenfalls mit dem Hersteller Rücksprache zu halten. Wünschenswert wären für Medizinprodukte entsprechend strenge Regelungen wie für Arzneimittel. Nur so lässt sich ein potenzieller Gesundheitsschaden für Patienten im zahnärztlichen Bereich möglichst vermeiden.
1 World Health Organization, Programmes & Projects Media Centre – Fact Sheets; November 2007; www.who.int
2 IFPMA, Counterfeit Medicines „Quick Facts“; November 2007; www.ifpma.org