Recht 28.06.2011
Teure Assistentenkündigung zur "Unzeit"
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Mit Urteil vom 18.01.2011 hat das Arbeitsgericht Siegen entschieden, dass einer zahnärztlichen Partnerschaftsgesellschaft gegen einen ehemaligen Assistenzzahnarzt ein hoher Schadensersatzanspruch zusteht, wenn dieser zur Unzeit außerordentlich gekündigt hat.
Der Fall
In dem konkreten Fall war der Assistenzzahnarzt befristet vom 01.01.2007 bis 31.12.2008 in der Zahnarztpraxis angestellt worden, wobei ein Recht zur ordentlichen Kündigung nach Ablauf der sechsmonatigen Probezeit nicht vereinbart worden war. Im Frühsommer 2008 äußerte sich der Assistenzzahnarzt gegenüber seinen Chefs dahingehend, dass er ein Stellenangebot in den Niederlanden habe, das er gerne annehmen würde. Daraufhin teilten ihm die Praxisinhaber mit, dass ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis aufgrund der hohen Arbeitsbelastung nur dann möglich sei, wenn ein adäquater Ersatz gefunden werden könne. Am 26.07.2008 kündigte der Assistenzzahnarzt das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos zum 31.07.2008. Diese Kündigung akzeptierten die Praxisinhaber nicht und wiesen diese anwaltlich als unwirksam zurück, da kein wichtiger Grund für eine sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses bestand. Zudem forderten sie den Assistenzzahnarzt anwaltlich auf, die Beschäftigung unverzüglich wieder aufzunehmen. Der Assistenzzahnarzt entgegnete anwaltlich, dass er an der Kündigung festhalte, wobei den Praxisinhabern zwar dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch zustehen könnte, der allerdings der Höhe nach nur schwer zu beziffern sein dürfte.
Bemessung des Schadens
Die Praxisinhaber akzeptierten dieses Verhalten nicht und machten im Nachgang einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 41.578,56 Euro geltend. Die Höhe wurde u. a. damit begründet, dass der Assistenzzahnarzt die von ihm geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbrachte und dass keine Ersatzkraft gefunden werden konnte. Um die daraus drohende Einkommens- bzw. Umsatzminderung abzuwenden, hätten beide Praxispartner jeweils täglich vier Stunden zusätzlich gearbeitet und auch weniger Urlaub als in der Vergangenheit in Anspruch genommen. Ausgehend von einem durchschnittlich von dem Assistenzzahnarzt erwirtschafteten monatlichen Umsatz in Höhe von 10.500,00 Euro sei abzgl. des ersparten Gehaltes ein monatlicher Schaden in Höhe von 7.700,00 Euro entstanden, wobei noch zusätzlich Inseratskosten in Höhe von 628,56 Euro für die Suche nach einem Nachfolger entstanden seien. Trotz verschiedener Bemühungen sei es nicht gelungen, für den fraglichen Zeitraum eine geeignete Ersatzkraft zu finden.
Praxisinhaber erleiden durch Arbeitsvertragsbruch Schaden
Das Arbeitsgericht Siegen gab den Praxisinhabern in vollem Umfang Recht. Gegenüber dem Assistenzzahnarzt bestünde ein vertraglicher Schadensersatzanspruch. Der Assistenzarzt habe das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos gekündigt, ohne dazu berechtigt gewesen zu sein, habe seine Arbeitsleistung fortan nicht mehr erbracht und auf diese Weise einen Arbeitsvertragsbruch begangen. Den Praxisinhabern sei dadurch ein zu ersetzender Vermögensschaden entstanden. Dieser zu ersetzende Vermögensschaden liege in dem entgangenen wirtschaftlichen Nutzeffekt der unterbliebenen Arbeitsleistung. Dieser Schaden sei dadurch entstanden, dass der Assistenzzahnarzt die von ihm vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbracht habe und dass die Praxisinhaber keine geeignete Ersatzkraft finden konnten. Der Schaden liege mithin in der aus dem Arbeitsvertragsbruch resultierenden Einkommensminderung.
Von Seiten des Arbeitsgerichtes Siegen wurde dabei auch der Einwand des Assistenzzahnarztes zurückgewiesen, dass dieser die aus seiner Tätigkeit ergebenden Umsatzzahlen nicht gekannt habe. Der Assistenzzahnarzt habe zu keiner Zeit die seitens der Praxisinhaber dargelegte Abrechnungspraxis anhand der Tagesprotokolle und auch seiner Mitwirkung in Abrede gestellt. Zudem ergebe sich aus den Gehaltsabrechnungen, dass dort jeweils ein Provisionsanteil enthalten war.
Zwischen den Parteien habe ein befristeter Arbeitsvertrag bestanden, der nach Ablauf der Probezeit nicht mehr ordentlich kündbar war. Die Praxisinhaber hätten deshalb durchaus auf die Einhaltung des Vertrages durch den Assistenzarzt vertrauen dürfen, selbst wenn dieser bereits seinen Trennungswunsch geäußert hatte. Auch unter Beachtung der Grundsätze der Privilegierung der Arbeitnehmerhaftung bestünde kein Anlass den Schaden dem Assistenzarzt nicht in voller Höhe zuzurechnen, da dieser etwaige Schadensersatzansprüche zumindest bewusst in Kauf genommen hatte.
Quelle: Kazemi & Lennartz Rechtsanwälte, Bonn, Newsletter I-05-2011