Recht 25.05.2012
Viele Mediziner tappen in die Facebook-Falle
Die freundliche Aufforderung von Facebook: „Erstelle eine Facebook-Seite, um eine engere Beziehung zu deinem Publikum oder deinen Kunden aufzubauen“, erfreut sich, auch in der Ärzte- und Zahnärzteschaft, wachsender Beliebtheit. Mit geringem Aufwand lassen sich hier neue Marketingstrategien umsetzen. Einfach und schnell kann auf diese Weise mit Patienten und Kollegen kommuniziert werden.
Mit wenigen Klicks und einigen Angaben ist die Seite fertig. Bei den Inhalten, die auf diesen sogenannten „Fanpages“ gepostet werden, handelt es sich nicht um ein eigenes „Profil“, sondern, so Facebook in seinen „Nutzungsbedingungen für Facebook-Seiten“, um „öffentliche Informationen, die für jedermann verfügbar sind“. Dabei verschwimmt oft die Grenze zwischen privater und gewerblicher Nutzung. Nun hat sich erstmalig ein Gericht (Landgericht (LG) Aschaffenburg, Urteil vom 19.08.2011, Az.: 2HK O 54/11) mit der Frage befasst, welche gesetzlichen Vorgaben für diese Seiten eingehalten werden müssen.
Der Fall
Ein Unternehmer betrieb auf Facebook ein Infoportal, auf dem er u.a. über regionale Veranstaltungen, Kultur- und Ausgehtipps informierte. Die Angaben zum eigenen Auftritt waren knapp gehalten. Lediglich die wichtigsten Daten, wie Name, Adresse, E-Mail, Telefonnummer und ULR fanden sich auf der Seite. Unter dem Reiter „Info“ hatte der Betreiber einen Link hinterlegt, der auf seine eigene kommerzielle Website führte. Erst auf dieser Seite fanden sich in einem Impressum nähere Angaben zum Anbieter. Ein Konkurrent mahnte den Unternehmer ab und bekam im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem LG Aschaffenburg Recht. Der Facebook-Auftritt verstoße, so entschieden die Richter, gegen die Impressumspflicht nach § 5 Telemediengesetz (TMG).
Die Entscheidung
Auch Nutzer von Social-Media-Portalen, wie Facebook, müssten eine eigene Anbieterkennung vorhalten, wenn diese zu Marketingzwecken benutzt werde und nicht nur eine rein private Nutzung vorliege, entschied das LG Aschaffenburg. Der Facebook-Auftritt des abgemahnten Unternehmens genüge diesen gesetzlichen Anforderungen nicht. Zwar müsse, so räumt das LG Aschaffenburg ein, das Impressum nicht unter der gleichen Domäne wie das angebotene Telemedium zur Verfügung gestellt werden. Zulässig sei es, wenn auf das Impressum der eigenen Website verlinkt werde. Allerdings erfülle der Link zum Menüpunkt „Info“ nicht die Anforderungen des Telemediengesetzes. Denn die unter dem Feld „Info“ hinterlegten Informationen seien dort für den Nutzer -entsprechend den Anforderungen des § 5 TMG- weder einfach noch effektiv optisch wahrnehmbar. Mangels Klarheit sehen die Richter einen Verstoß gegen die Voraussetzungen des § 5 TMG.
Die Bewertung
Die Social-Media-Plattform Facebook reiht sich damit in die impressumspflichtigen Telemedien wie E-Mail-Newsletter und RSS-Feeds ein. Das war zu erwarten. Dabei dürfen sich die Anbieter über ihre Facebook-Seite mit der eigenen Website verlinken. Das geht nach der sogenannten „2-Klick-Regelung“, die der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 20.07.2006, Az.: I ZR 228/03) aufgestellt hat dann, wenn der Nutzer nicht mehr als zwei Schritte benötigt, um an die erforderlichen Angaben zu gelangen. Ohne auf die 2-Klick-Rechtsprechung des BGH einzugehen, reichte den Aschaffenburger Richtern der von Facebook bereitgestellte Menüpunkt „Info“ nicht, um die Anforderungen des Telemediengesetzes zu erfüllen. Die Richter bezweifelten, dass Angaben, die in diesem Feld bereitgestellt werden, für den Nutzer leicht wahrnehmbar seien. Denn der Begriff sei, so argumentierten die Richter, ebenso wie die Bezeichnung „Nutzerinformationen“ nicht klar und eindeutig definiert. Auszugehen ist nach der Rechtsprechung immer vom „durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher“ (BGH, Urteil vom 20.10.1999, Az.: I ZR 167/97). Obwohl Facebook das Medium mit dem größten Bekanntheitsgrad ist und laut einer Online-Umfrage der Deutschen Gesundheitsauskunft von etwa zwei Dritteln der befragten Selbständigen täglich oder in unregelmäßigen Abständen genutzt wird, scheinen die Richter den Nutzern nicht allzu viel zuzutrauen. Viel Auswahl haben die Nutzer tatsächlich nicht. Sie können nur zwischen den angebotenen Menüpunkten „Pinnwand, Info, Notizen, Fotos“ wählen.
Hinweise für die Praxis
Sollte eine Facebook-Seite von Ärzten oder Zahnärzten nicht nur privat, sondern auch beruflich genutzt werden, muss in einem Impressum über den Anbieter informiert werden. Da zum jetzigen Zeitpunkt nicht sicher ist, ob die Internetpräsenz einer rechtlichen Überprüfung standhält oder ob gegebenenfalls Abmahnungen zu befürchten sind, müsste der Arzt oder Zahnarzt, um eine Abmahnung sicher zu vermeiden, seine beruflich genutzte Facebook-Präsenz abstellen. Es wird wohl noch einige Zeit vergehen bis Facebook, Google+ und Twitter so rechtssicher gestaltet werden können, dass sie auch gefahrlos für Werbezwecke genutzt werden können. Möchte der Arzt oder Zahnarzt trotzdem nicht auf die Nutzung des sozialen Netzwerkes verzichten, sind folgende Alternativen denkbar:
Es könnte ein direkter und wenn möglich mit „Impressum“ bezeichneter Link auf das Impressum der eigenen Website eingerichtet werden. Verwendet der Betreiber der Seite unterschiedliche Namen oder Firmenbezeichnungen, muss klar sein, auf welche Telemedien sich das Impressum bezieht. So kann in einem Website-Impressum angegeben werden, wer für welche Telemedien verantwortlich ist. Eine zulässige Alternative wäre auch, individuelle Fanseiten Reiter zu erstellen. Schließlich besteht die Möglichkeit, in einer dauerhaft am Rand eingeblendeten Info-Box sichtbar auf den Betreiber der Seite hinzuweisen.
Zu beachten ist jedoch, dass einige dieser Alternativen oft dann nicht mehr funktionieren, wenn der Nutzer mit einem mobilen Gerät auf die Seite zugreift, da nicht alle Anwendungen die zusätzlichen Reiter oder die Info-Box anzeigen. Das führt zu dem misslichen Ergebnis, dass sich hier wiederum die in § 5 Abs. 1 TMG verlangte „leicht erkennbare“ und „unmittelbar erreichbare“ Bereitstellung von Informationen über den Anbieter mangels ständiger Verfügbarkeit nicht mit dem Telemediengesetz in Einklang bringen lässt. Denn bei der rechtsicheren Gestaltung der Seiten muss ebenso die Abrufbarkeit durch mobile Endgeräte, wie dem Apple iPhone oder dem iPod Touch, berücksichtigt werden. So hat das OLG Hamm (Urteil vom 20.05.2010, Az.: I-4 U 225/09) entschieden, dass der Anbieter auch dann für seinen Internetauftritt verantwortlich ist, wenn er den Zugriff durch Endgeräte optimiert und zur Verfügung gestellt hat.
Den eigenen geschäftlich genutzten Auftritt in Social-Media-Portalen rechtssicher auszugestalten, ist insoweit noch nicht möglich. Die digital vernetzte Welt ist der Rechtsprechung wieder einmal mit Siebenmeilenschritten davon gelaufen. An diesem Punkt heißt es also nur, abzuwarten bis Facebook sich eine benutzerfreundliche und rechtssichere Oberfläche gibt.
Autorin: Michaela Hermes, LL.M., Sindelfingen, Rechtsanwältin, hermes@rpmed.de