Statements 01.06.2023
Bürokratieabbau & Co: Drei Fragen an Martin Hendges (KZBV)
share
Im Interview mit der ZWP Redaktion äußert sich Martin Hendges, der neue Vorsitzende der Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), zu den drängenden Themen Bürokratieabbau, Digitalisierungsreform und dem positiven Frauenzuwachs in Führungspositionen.
Herr Hendges, herzlichen Glückwunsch zur Wahl als neuer KZBV-Vorsitzender! Welche Themen stehen ganzoben auf Ihrer Agenda?
Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz mit seiner Wiedereinführung einer strikten Budgetierung war im vergangenen Jahr ein Schlag gegen die Vertragszahnärzteschaft – mit langfristigen Folgen für eine präventionsorientierte moderne Patientenversorgung. Es muss mit allen Mitteln verhindert werden, dass eine solche versorgungspolitische Fehlentscheidung perpetuiert wird. Ebenso gilt es, unsere bisherigen Erfolge zu bewahren und uns einem Systemumbau mit weiterer Entrechtung der Selbstverwaltung und Marginalisierung der Freiberuflichkeit entschieden entgegenzustellen. Das alles bedingt, die Öffentlichkeit miteinzubeziehen, unsere Patientinnen und Patienten über diese fatalen Fehlentwicklungen aufzuklären und letztendlich Druck auf die politischen Entscheidungsträger im Land und Bund auszuüben. Auch in den Prozess der „Digitalisierungsreform“ werden wir uns weiterhin konstruktiv-kritisch einbringen. Die Chancen der Digitalisierung müssen endlich genutzt und TI-Anwendungen, die die Versorgung verbessern und Praxen bürokratisch entlasten, gefördert werden. Zudem gilt es, der fortschreitenden Vergewerblichung Einhalt zu gebieten und endlich den Zugang für versorgungsfremde Investoren zu stoppen. Hierzu braucht es klare gesetzliche Vorgaben gegen die ungebremste Ausbreitung von iMVZ. Ein weiteres wichtiges Thema wird der dringend notwendige Bürokratieabbau sein. Hier ist die Politik gefordert, endlich dafür zu sorgen, dass bürokratische Lasten für die Praxen abgebaut werden und wieder der Fokus auf die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten gerichtet werden kann.
Erstmals wurde mit Frau Dr. Ute Maier auch eine Frau in den KZBV-Vorstand gewählt – Welches Signalmöchte die KZBV mit dieser neuen Besetzung nach außen tragen?
Die Selbstverwaltung zukunftsfähig zu halten, bedeutet für die KZBV nicht nur, junge Zahnärztinnen für die Niederlassung, sondern auch für ein Engagement in den Gremien der vertragszahnärztlichen und der gemeinsamen Selbstverwaltung zu gewinnen. Nur eine Selbstverwaltung, in deren Gremien sich die Vielfalt der Mitglieder widerspiegelt, kann den Anspruch erheben, für den gesamten Berufsstand zu sprechen. Für die KZBV ist es daher ein strategisches Ziel, die Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen der Selbstverwaltung zu erhöhen. Es hätte allerdings keiner gesetzlich aufoktroyierten Frauenquote bedurft, wie es sich bei der Wahl von Frau Dr. Maier gezeigt hat. Sie repräsentiert nicht nur Frauen in Führungspositionen, sondern bringt große Expertise mit und kann auf ihre langjährige Erfahrung als Vorstandsvorsitzende der KZV BW zurückblicken.
Stichwort „Agenda Mundgesundheit 2021–2025“: Welche Herausforderungen und Ziele verbinden Sie mit diesem politischen Programm?
Die politischen Fehlentwicklungen, die nicht zuletzt durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz jüngst deutlich zu Tage getreten sind, werden uns nicht davon abhalten, die in unserer Agenda Mundgesundheit festgelegten Ziele und unsere zentralen Erwartungen an die Politik mit aller Vehemenz vorzutragen und deren Umsetzung einzufordern. Wir stehen für eine kontinuierliche Verbesserung der Mundgesundheit, für eine präventionsorientierte wohnortnahe und flächendeckende Versorgung, für eine starke Selbstverwaltung und für ein duales Versicherungssystem. Um dies alles zu erhalten oder zu erreichen, müssen die Weichen von der Politik wieder in die richtige Richtung gestellt werden.
Dieses Interview ist unter dem Originaltitel „Bürokratieabbau, Digitalisierungsreform: Drei Fragen an Martin Hendges“ in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.