Statements 09.12.2021

Fortbildung Praxispersonal: Die Qual der Wahl im Fortbildungsdschungel



Fortbildung Praxispersonal: Die Qual der Wahl im Fortbildungsdschungel

Foto: stokkete - stock.adobe.com

Wer seine ZFA-Ausbildung erfolgreich beendet hat, fragt sich oft: Soll es das gewesen sein? Von wegen, jetzt fängt das Berufsleben erst richtig an und man sollte sich Gedanken zu seinem weiteren Werdegang machen.

Interessiere ich mich mehr für die Verwaltungsarbeiten, ist der Weg zur ZMF oder AZP mit Sicherheit der richtige. Wo das Herz mehr für die Prophylaxe schlägt, sollte man den Weg als ZMP, ZMF oder DH wählen. Bei der unübersichtlichen Angebotsvielfalt fällt es schwer, das Richtige zu finden – nicht zuletzt spielen die Kosten bei der Entscheidung eine nicht unerhebliche Rolle. Wohl dem, wo die Praxisleitung die Kosten gern übernimmt. Aber es gibt auch andere Möglichkeiten der Unterstützung:

Bei der ZMV oder AZP gibt es Angebote von den Kammern, aber auch von zahllosen privaten Anbietern. Beachtenswert ist der Punkt der Anerkennung vor allen Kammern, denn wenn man z. B. in Hamburg eine Aufstiegsfortbildung machen würde, die in Bayern nicht anerkannt wird, lohnen sich der Aufwand und die Kosten nicht wirklich. ZMP und AZP werden aber teilweise auch schon als Online-Fortbildung angeboten. Die wenigen Präsenztage sind dagegen meist gut mit Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Das sollte man sich genau überlegen, denn rein virtuell fehlt die Gemeinsamkeit mit den anderen Kolleginnen, der Austausch, die Gespräche. Bei Kursen in Präsenz entwickeln sich sehr oft langjährige Freundschaften. Doch auch das Basiswissen ist megawichtig – nur mit dem Wissen aus der Berufsschule funktioniert keine Aufstiegsfortbildung zur ZMV oder AZP. Belegt am besten Kurse bei diversen Seminaranbietern, damit ihr ein gutes Fundament habt. Ansonsten gilt: Vor jeder Aufstiegsfortbildung alle Details mit der Praxisleitung absprechen und – ein guter Rat – direkt die Kostenübernahme klären. Danach solltet ihr gemeinsam eine Ausbildung bei einer Zahnärztekammer bzw. einem Institut der Kammer oder einem privaten Anbieter aussuchen und euch anmelden. Und dann geht es auch schon los. Nur eines könnt ihr nicht sagen: „Ich bin ein Star, holt mich hier raus …“

Und nun kommt eure erste schwierige Aufgabe:

Ausbildung. Weiterbildung. Fortbildung. Drei Begriffe, und was ist der Unterschied?

Im Alltag werden die Begriffe oft vermischt. Kurz erklärt:

Ausbildung

Nach dem Schulabschluss die berufliche Erstausbildung oder akademische Ausbildung (Studium). Streng genommen zählt als Ausbildung die Erstausbildung im dualen System, also die Berufsausbildung mit Lernort im Betrieb und in der Berufsschule. Gerahmt wird die Ausbildung durch eine Ausbildungsordnung und einen Rahmenlehrplan.

Weiterbildung

Hier sind alle Lehrangebote und Bildungsangebote gemeint, die der individuellen Wissenserweiterung und Kompetenzerweiterung dienen. Es geht hier um persönliche Ziele. Weiterbildungen gibt es in Präsenz, Online, berufsbegleitend oder in Vollzeit. Das sind die sogenannten Weiterbildungen in Prophylaxe.

Fortbildung

Hier geht es um die berufliche Fortbildung. Seminare, Tageskurse, Wochenendkurse, um das Wissen auf den aktuellen Stand zu bringen oder spezifisch zu erweitern. Das kann z.B. ein Refresher in Hygiene sein, wenn man für die Hygiene als Beauftragte tätig ist.

Es gibt Fortbildungen, die der höheren Bildung zugeordnet werden. Diese sind im Berufsbildungsgesetz geregelt. Es gibt einheitliche Fortbildungsordnungen. Gemeint sind hier Abschlüsse wie zum Beispiel die, die als Aufstiegsfortbildungen benannt sind, so etwa Fachwirt*in, Zahnmedizinische Prophylaxeassistentin usw. Hier geht es um das berufliche Fortkommen.

Und nun? Wie bekomme ich Klarheit?

Zunächst gilt es einige Fragen für sich zu beantworten. WAS will ich?

Die Arbeit ist für den Unterhalt und die finanzielle Absicherung da. Und dass die Karriere nicht im Mittelpunkt steht, ist kein Widerspruch, sich damit zu beschäftigen. Mit einigen Definitionen haben wir uns schon beschäftigt. Ich finde noch viel spannender, die eigene Definition zu finden. Und dabei ein besonderes Auge auf die eigene Karriere zu werfen. Die verspricht einem mehr Kompetenz, ein Plus auf dem Konto oder auf dem Lebenszeitkonto. Wer sagt, dass es dabei immer um mehr Geld gehen muss? Vielleicht zahlt der Arbeitgeber dafür den Karriereweg. Vielleicht kommt am Ende eine bezahlbare 3-oder-4-Tage-Woche dabei heraus.

Was macht mich zufrieden? Hier hilft es, sich zu überlegen, was das Herz höher schlagen lässt. Wann vergeht die Zeit wie im Fluge? Wann gehen mir Arbeiten sehr leicht von der Hand? Und ganz wichtig: Worin bin ich gut? Es ist wichtig, sich auf seine Stärken zu konzentrieren, nicht zu sehr auf vermeintliche Defizite.

Wie viel Geld brauche ich wirklich? Macht euch Gedanken darüber, was ihr wirklich an Geld braucht. Am Ende vom Geld soll ja nicht mehr so viel Monat übrig bleiben. Manchmal ist Freizeit unbezahlbar und einem selber sehr viel wert.

Es geht immer um die Kohle. Wer bezahlt die Weiterbildung?

Hier lohnt es sich, die verschiedenen Fördermöglichkeiten anzusehen. Offen gesagt ist das ein kleiner Dschungel, der sich permanent ändert und in jedem Bundesland unterschiedlich ist. Einige Fördermöglichkeiten ruhen auch eine Zeit, dann sind sie wieder aktiv (weil wieder Geld reingekommen ist – z.B. von der EU oder vom Bund).

Drei Dinge sind sehr wichtig:

  1. Dringend das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und im Vorfeld schon viel Recherche betreiben.
  2. Suchen. Hartnäckig bleiben bei der Suche und beim Fragen. Wenn etwas gefunden ist, nicht gleich abwimmeln lassen, ggf. andere Ansprechpartner (eine Ebene höher) aufsuchen.
  3. Anträge für Fördergelder müssen immer VOR Antritt der Weiterbildung gestellt werden. Das erfordert manchmal Kreativität, denn bis die Anträge durch sind, braucht es Geduld. In der Zeit kann der Weiterbildungsplatz weg sein. Also, unbedingt mit dem Anbieter nach kreativen Lösungen suchen.

Ein kleiner Ausblick der Förderungen

Aufstiegs-BAföG für Arbeitnehmer*innen

Bundesweit gültig. Das war früher das „Meister-Bafög“. Es greift für Fortbildungen, die der höheren Bildung zugeschrieben werden, z.B. Meisterschüler*in, Fachwirt*in, Dentalhygieniker*in etc. Online gibt es einen Förderrechner. Hier kann vorab geprüft werden, mit wie viel Geld zu rechnen ist. Das Geld muss nicht komplett zurückgezahlt werden.

N-Bank Arbeitgeber-Förderung

Im Bundesland Niedersachsen werden Arbeitgeber*innen, die ihre Mitarbeiter*innen mit Weiterbildungen unterstützen, gefördert. Das heißt, wenn Arbeitgeber*innen die Weiterbildung bezahlen, bekommen diese einen Teil der Kosten erstattet. Gefördert werden Lehrgangsgebühren und Personalausgaben für Freistellungen. Es gibt einen nicht rückzahlbaren Zuschuss. Der Antrag muss VOR dem Start der Weiterbildung erfolgen, mind. vier Wochen vorher.

Begabtenförderung

Bundesweit gültig. Über drei Jahre stehen 8.100 Euro zur Verfügung. Wer kann diese Förderung bekommen? Alle, die jünger als 25 Jahre sind, eine abgeschlossene Berufsausbildung nach Berufsbildungsgesetz haben (zum Beispiel ZFA, MFA, TFA usw.) und im Durchschnitt mit 1,9 oder besser abgeschlossen haben. Und selbst, wer die 1,9 knapp nicht erreicht hat, hat noch Chancen, gefördert zu werden. Für die Förderung sind die jeweils zuständigen Kammern eure Ansprechpartner*innen. Direkte Informationen gibt’s direkt bei der SBB, die Stiftung Begabtenförderung gGmbh, info@sbb-stipendien.de, Tel.: +49 228 629310.

Unternehmenswert Mensch

Bundesweit gültig: Das Programm unterstützt kleine und mittlere Unternehmen dabei, eine zukunftsfähige und mitarbeiterorientierte Personalpolitik zu entwickeln. Hierzu werden Beratungen in vier Handlungsfeldern gefördert: Personalführung, Chancengleichheit & Diversity, Gesundheit sowie Wissen & Kompetenz. In diesen Bereichen erarbeiten professionelle Berater*innen gemeinsam mit der Unternehmensführung und Beschäftigten Konzepte und Maßnahmen für die Personalpolitik. Je nach Unternehmensgröße können 50 bis 80 Prozent der Beratungskosten übernommen werden. Informationen gibt es im Netz unter www.unternehmens-wert-mensch.de   

Arbeitsagentur, Deutsche Rentenversicherung, Berufsgenossenschaften

Auch diese drei bieten je nach Bedarf Unterstützung. Die Agentur für Arbeit vergibt Bildungsgutscheine und mit diesen werden bis zu 100 Prozent der Kosten gefördert. Achtung: Nicht jeder Anbieter kann diese abrechnen, denn die Anbieter müssen sich bei der Agentur für Arbeit zertifizieren lassen. Persönliche Anmerkung/Profi-Tipp: Hier gilt es, hartnäckig zu bleiben. Die Agenturen haben in der Regel zwei Wege, um zu fördern. Der erste ist über die Bildungsgutscheine. Darüber hinaus gibt es Nebenwege, Ausnahmen bei denen Weiterbildende auf andere Art gefördert werden können. Diese Kriterien sind leider nicht sehr transparent, daher der Tipp, „dranbleiben“.

Umweg Berufskrankheit

Auch eine Beratung bei der Berufsgenossenschaft kann Lichtblicke bringen, nicht jede*r ist sich im Klaren darüber, möglicherweise eine Berufskrankheit zu haben und damit vielleicht eine Chance auf Leistungen der Berufsgenossenschaft. Auf der Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin kann eine Liste der aktuellen Berufskrankheiten herunterladen werden: www.baua.de

Bildungsprämie

Bundesweit gültig. Diese können alle Angestellten und Selbstständigen beantragen, die mindestens 15 Stunden pro Woche arbeiten. Der Staat zahlt dann einen Zuschuss von 50 Prozent zu allen Weiterbildungen, maximal 500 Euro. Info: Extra-Seite des Bundesbildungsministeriums.

Den Staat nicht vergessen! Die Steuererklärung

Fort- und Weiterbildungskosten können möglicherweise in der Steuerklärung unter Werbungskosten geltend gemacht werden. Abzugsfähig sind alle Kosten, die im Rahmen der besuchten Veranstaltung anfallen, z.B: Arbeitsmittel, Computer, Gebühren, Fahrtkosten, Übernachtung, Verpflegung. Es lohnt sich, hier einen Steuerberater zurate zu ziehen.

Arbeitgeberförderung: Qualifizierungschancengesetz

Hier beteiligt sich der Staat an den Lohnkosten und an den Kosten der Weiterbildung. Die Höhe der Zuschüsse richtet sich nach der Unternehmensgröße. Info: Arbeitgeberservice der Bundesagentur für Arbeit

Bildungsurlaub

Gilt für 14 Bundesländer (Ausnahme Sachsen, Bayern). Pro Jahr stehen jedem Arbeitnehmer fünf Tage Bildungsurlaub zu. Oft kann der Anspruch ein Jahr mitgenommen werden. Infos: www.Bildungsurlaub.de

Die Stiftung Warentest hat ebenfalls eine gute Aufstellung der Fördermöglichkeiten zusammengestellt. Transparent unterteilt in:

• Geld vom Bund

• Geld vom Land

• Hilfe vom Chef

Digitalisierung

Auch hier gibt es einen bunten, unübersichtlichen Strauß an Förderungen. Hier kurz genannt:

• „Digital jetzt“ ist eine Investitionsförderung. Info: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

• Go-digital: Gefördert werden auch Weiterbildungen (läuft vermutlich zum 31.12.2021 aus)

• ERP-Digitalisierungs- und Innovationskredit: Gefördert werden unter anderem Beratungen und Weiterbildungen. Info kfw

Drei Tipps

  1. Immer erst die Förderrichtlinien lesen
  2. Förderantrag auf Förderrichtlinie abstimmen
  3. Ausgangssituation, Ziele und Maßnahmen in ein stimmiges Verhältnis bringen

Erwähnt werden soll auch, dass es etliche Firmen gibt, die einem die Antragstellung abnehmen. Und nun viel Spaß bei der Wahl der Möglichkeiten und vielleicht habt ihr nun einen kleinen Durchblick durch diesen Dschungel. Holt mich hier raus!!!

Dieser Beitrag ist in Zahnärztliche Assistenz erschienen.

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