Statements 16.10.2012

Prothetik – von konventionell bis digital



Prothetik – von konventionell bis digital

Die geplante neue Approbationsordnung (sie ist dringend nötig!) wird mehr medizinische Schwerpunkte setzen und weniger zahntechnische Arbeiten von den Studenten fordern. Die konventionelle Prothetik ist auf Kongressen kaum noch ein strittiges Thema. Umso mehr stehen dort digitale Verfahren und Implantatprothetik auf dem Programm.

Vorauszuschicken ist, dass moderne Verfahren fehlendes Können und mangelnde Erfahrung nicht ausgleichen können. Klar ausgedrückt: Wer konventionelle Abformungen nicht so durchführen kann, dass Zahntechniker auf den Modellen exakt passende Inlays, Kronen und Brücken anfertigen können, der wird auch Mühe haben, die nach seinen digitalen Scans fabrizierten Versorgungen passgenau einzugliedern. So bleibt beispielsweise das zeitaufwendige Legen von Fäden auch bei den intraoralen Scansystemen ein wesentlicher Schritt, um die Präparationsgrenze präzise abzubilden. Konventionelle Abformungen und gegossene Restaurationen haben ihre materialimmanenten Limitationen. Während gut ausgebildete Zahntechniker kurzspannige Brücken sehr exakt anfertigen können, bilden Expansion und Kontraktion von Gips und Einbettmasse beim Metallguss natürliche Grenzen der Passgenauigkeit vor allem bei weitspannigen Versorgungen. Bei Versorgungen „von Ohr zu Ohr“ haben aber auch digital gewonnene Daten durch Überlagerungsfehler der Einzelaufnahmen durchaus Grenzen der Passgenauigkeit.

Wenn nun wie bei der Bearbeitung von Zirkondioxid der Zahnersatz ohnehin digital angefertigt werden muss, dann liegt es nahe, den digitalen Workflow bis in die Mundhöhle auszudehnen und mit einem Intraoralscanner „abzuformen“. Neben dem Zeitaufwand und der behandlersensitiven Technik kommen die (noch) hohen Investitionskosten von circa 30.000 EUR hinzu. Damit „lohnt“ sich der Intraoralscanner nur für (sehr) große Praxen mit zahlreichen digitalen Abformungen, die dann auch zu viel Erfahrung und Routine des Behandlers mit dieser Technik führen sollen.

Ideal für digitale Abformungen sind natürlich präfabrizierte „Zahnstümpfe“ und damit sind wir bei der Implantatprothetik. In der Implantologie spielt seit Jahren der Begriff des „Backward Planning“ eine große Rolle und bei diesen dreidimensionalen Planungen späterer Behandlungsergebnisse am Computer ist die digitale Abformung und Versorgung mittels digitaler Verfahren natürlich besonders geeignet. Fabrikgefertigte Abutments mit bekannter Geometrie können digital erfasst, überprüft und dann passgenau versorgt werden. Prothetik auf Implantaten spielt in den Zahnarztpraxen eine immer wichtigere Rolle. Das betrifft in immer größerem Maße auch Zahnarztpraxen, in denen nicht implantiert wird. Während die Implantatchirurgie zu den fortbildungsintensivsten Bereichen in der Zahnmedizin gehört, ist die Implantatprothetik kein Hexenwerk und kann in jeder Praxis nach entsprechender Fortbildung umgesetzt werden. Sie erfordert allerdings einen interdisziplinären Ansatz: Zahntechniker, Helferinnen, Chirurgen und Prothetiker müssen zusammenarbeiten, wenn optimale Ergebnisse erzielt werden sollen. Dabei gelten nach wie vor die Grundsätze der „normalen“ Prothetik. Die Implantatprothetik ist also hervorragend geeignet, Nichtimplantologen an die Versorgung mit Implantaten und an digitale Zahnmedizin heran zuführen.

Christian Berger, Präsident des BDIZ EDI (Bundesverband der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa/European Association of Dental Implantologists)

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