Implantologie 27.01.2025

ß-TCP-Mineralien und -Salze für die Kieferkammaugmentation



ß-TCP-Mineralien und -Salze für die Kieferkammaugmentation

Foto: Dr. Manuel Bras da Silva

Dem Behandler stehen unterschiedliche Knochenersatzmaterialien zur Verfügung. Nach ihrer Herkunft können sie in drei Gruppen unterteilt werden: humane Präparate, Präparate vom Tier oder alloplastische Materialien. Mit Letzteren gestaltet sich die Behandlung insofern einfacher als mit autologem Material oder mit Tierpräparaten, als kein großer OP-Aufwand betrieben werden muss bzw. keine erweiterte Aufklärungspflicht aufgrund ihrer synthetischen Herkunft besteht.

Dabei ist es fraglich, ob die autologe Entnahme in der zahnärztlichen Praxis und in der Implantologie überhaupt noch notwendig ist, um gute Resultate zu erzielen. Tatsächlich kann in der zahnärztlichen Defektchirurgie und Implantologie auf autologe Entnahmen fast verzichtet werden, von speziellen Situationen abgesehen (Tumordefektchirurgie).

Bei dem im Fallbeispiel verwendeten Material handelt es sich um ein Biomaterial/ß-Tricalciumphosphat (ß-TCP; DentOss TCP, Demedi-Dent), das innerhalb von vier bis sechs Monaten zu einem vitalen, implantierbaren Knochen umgewandelt wird. Man kann alle Arten von Defekten, von Sockets bis hin zu komplexen Augmentationen und auch bukkalen Lamellen, wieder rekonstruieren.

Fallbericht

Eine 66-jährige Patientin, die seit über 25 Jahren mit einer Totalprothese versorgt ist, stellte sich bei uns vor (Abb. 1). Der Prothesenhalt ist aufgrund einer vorangeschrittenen Kieferkammatrophie (Abb. 2) ungenügend und der Wunsch nach einer Stabilisierung und damit Wiederherstellung der Kaufunktion groß. Die vorhandene Prothese wurde kaum getragen, da diese noch nicht mal mit Haftcreme Halt fand.

Beratung und Planung

Nach gründlicher klinischer und radiologischer Untersuchung hat man sich zu einer horizontalen und vertikalen Kieferkammaugmentation mit einer verzögerten Implantation mit vier Titanimplantaten entschieden. Vor der Planung wurde ein DVT erstellt. Im UK war eine Resthöhe und Breite intraforaminär von durchschnittlich 7 mm vorhanden (Abb. 3+4). Ziel war es, eine Augmentation von + 4 bis 5 mm zu erreichen. Im UK wurden vier Implantate mit einer Länge von 10 mm und einem Durchmesser von 4 mm (Regio 34, 33, 43, 44) geplant. Eine Versorgung mit einer Locator-getragenen Prothese wurde empfohlen/gewünscht. Präoperative Abdeckung erfolgte mit Clindamycin 600 mg alle acht Stunden zwei Tage vor dem Eingriff und bis zu fünf Tage danach und Ibuprofen 600 mg bei Bedarf. Eine Prothesenkarenz über zwei Monate muss/sollte eingehalten werden.

Vertikale Kieferkammaugmentation am OP-Tag

Es wurde ein Mukoperiostlappen nach Kieferkammschnitt mit leichten Entlastungsinzisionen nach distal gebildet (Abb. 5). Das Periost wurde mithilfe des Soft Brushing Kits gedehnt, nicht geschlitzt (Abb. 6). Eine Auffrischung des Knochens mittels Lindemann-Fräse wurde durchgeführt (Abb. 7a+b). Bei Defekten ohne ausreichende Blutung kann venöses Blut zum Augmentat hinzugemischt werden, da es dessen Stabilisierung fördert. Alternativ kann man Blut aus dem Defekt oder NaCl zum Anfeuchten nutzen, um das Einbringen zu erleichtern (Abb. 8). Zur Stabilisierung des Augmentats (2,5 g DentOss grob) wurden nach apikal versetzte Matratzennähte (Sabasorb resorbierbar 4/0) nach Simonpieri gesetzt (Abb. 9a–c). Diese ermöglichen einerseits die Verringerung der Zugwirkung/Kontraktion des Weichgewebes und die Bildung eines Zeltes ähnlich der Tent Pole Technik (aber ohne Schrauben!), um das Material spannungsfrei einheilen zu lassen (Abb. 10a). Klinisches Bild zwei Tage nach OP, mögliche Dehiszenzen wie in Regio 33/34 (Abb. 10b) sind nicht dramatisch, da das Material durch seine Eigenschaften bakteriostatisch wirkt und stabil bleibt. Die Wunde schließt sich von alleine, eine offene Einheilung/Wundheilung findet statt. Die klinische und radiologische Kontrolle (Teil-OPG) erfolgte sechs Tage nach Augmentation (Abb. 10b+11). Klinische und radiologische Kontrolle (Teil-OPG) des Heilungsverlaufs nach zwei Monaten (Abb. 12a + b). Die folgende Weichgewebeheilung verlief unauffällig.

Implantation, Freilegung und Abformung

Klinische Situation nach sechs Monaten (Abb. 13). Ein Planungs-DVT vor Implantation sechs Monate nach der Augmentation (Abb. 14a) wurde erstellt. Eine durchschnittliche Höhe von 11 mm und eine Breite von 6 bis 7 mm wurden durch die Augmentation horizontal und vertikal erreicht (Abb. 14b).

OP Implantation

Ein Kieferkammschnitt in Regio 33-34 und Regio 43-44 wurde vollzogen (Abb. 15a+b). Die durchschnittlich erreichte Breite war 6 bis 7 mm. Es wurden vier Implantate (DIO) primärstabil auf Bone Level gesetzt (Abb. 16). Zwei Implantate 3,8 x 8,5 mm Regio 34, 44, zwei Implantate 3,8 x 10 mm Regio 33, 43, Röntgenbild (Abb. 17) nach zwei Tagen, wobei vier Implantate je 10 bis 11 mm möglich gewesen wären. Wir hatten eine gute Primärstabilität von 35 bis 40 Ncm, daher wurde die Freilegung und Versorgung nach zweieinhalb Monaten geplant. Röntgenkontrolle erfolgte zwei Monate nach Implantation (Abb. 18). Die Freilegung und Sulkusformer (Abb. 19a + b) erfolgten nach zwei Wochen (Abb. 20). Die prothetische Versorgung, UK-Prothese auf vier Locatoren nach zweieinhalb Monaten (Abb. 21a + b).

Es folgten klinische und radiologische Kontrollen:

  • nach einem Jahr (Abb. 22a + b).
  • nach 3,5 und vier Jahren (Abb. 23a + b).
  • nach fünf Jahren (Abb. 24–25b).

Fazit

Der beschriebene Fall zeigt, dass sich das ß-TCP zur horizontalen und vertikalen Kieferkammaugmentation auch eines stark atrophierten Unterkiefers eignet.

Es fand keine wie bei den anderen Materialien bekannte Resorption/Abbau des Materials statt. Das Knochenaufbaumaterial wird zu Eigenknochen und eine Implantation ist dann voraussagbar mit guter Knochenhöhe und Qualität möglich.

Mit der beschriebenen Technik ist eine Augmentation horizontal/vertikal bis zu 4 mm möglich. Die Eigenschaften des Materials führten zu einer ausgeprägten Knochenregeneration, es besitzt eine hochvernetzte Porosität, welche die dreidimensionale Regeneration des Knochens steuert und die vollständige Penetration mit mesenchymalen Stammzellen und Osteoprogenitorzellen ermöglicht. Diese Eigenschaft ermöglicht ein vereinfachtes und schonendes OP-Protokoll sogar mit offener Wundheilung, d. h. keine Membran oder Titanmesh, bei großen Defekten reicht eine Papillen-Adaptationsnaht völlig aus. Durch die exponierte Einheilung stellen sich keine Infektionen, vorzeitige Resorption und/oder das Einwachsen von Weichgewebe ein. Mit den richtigen Techniken (Brushing und Nahttechnik) wird das Weichgewebe gedehnt und kann spannungsfrei adaptiert werden. Der Defektraum wird vergrößert und das Knochenaufbaumaterial kann ungestört zu eigenem Knochen umgebaut werden.

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „ß-TCP-Mineralien und -Salze für horizontale und vertikale Kieferkammaugmentation“ im IJ Implantologie Journal erschienen.

Dieser Beitrag stammt von dem Anbieter und spiegelt nicht die Meinung der Redaktion wider.
Mehr Fachartikel aus Implantologie

ePaper