Kieferorthopädie 20.10.2023
Frühbehandlung des offenen Bisses mittels Aligner-Therapie
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Über die Ätiologie des offenen Bisses erfolgten schon vielfache Beschreibungen in der Literatur. Nicht zuletzt auch in den jüngsten Ausgaben dieser Publikation wurde sehr anschaulich dargestellt, wie genetische und funktionelle Faktoren die Dentition und Gesichtsentwicklung in der vertikalen Dimension beeinflussen können (KN Ausgabe 7+8, 9/2023, B. Muselmani). Dabei haben sich – frühzeitige – logopädische und funktionelle Therapie ansätze ebenso bewährt, wie der Einsatz klassischer, kieferorthopädischer herausnehmbarer und fester Apparaturen. Noch weniger beschrieben ist bislang die Verwendung von Alignern zur orthodontischen Korrektur der vertikalen Abweichung, insbesondere bei der frühen Behandlung von Kindern.
Herausforderungen und Behandlungsmethoden
Die Therapie des offenen Bisses, sei er primärskelettaler oder überwiegend funktioneller Genese, aber auch häufig in Kombinationen vorliegend, stellt an den Behandler generell eine gewisse Herausforderung dar. Bei einem sehr ausgeprägten vertikalen Wachstumstyp mit stark divergierenden Kieferbasen sind es oftmals die biomechanischen und anatomischen Limitationen, die ab einem gewissen Ausprägungsgrad nicht nur eine rein kieferorthopädische, sondern eine kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Intervention indiziert erscheinen lassen. Dies trifft insbesondere bei erwachsenen Patienten zu, bei denen eine frühzeitige Therapie oftmals unterlassen oder nicht effizient genug durchgeführt wurde. Die Abbildungen 1a und b zeigen in der FRS-Darstellung eine solche ausgeprägte gnathisch offene Gesichtskonfiguration im prä- und postoperativen Stadium bei bimaxillärer Umstellungsosteotomie einer 34-jährigen Patientin. Diese Therapieform erfordert neben der orthodontischen Zahnbewegung durch den Kieferorthopäden immer auch eine enge Kooperation mit dem Kieferchirurgen bezüglich Planung und Therapiedurchführung. Dieser Casus wurde ausführlich in der KN-Ausgabe 7+8 / 2020 vorgestellt. Ist die Ursache des offenen Bisses primär im Vorliegen funktioneller Dysbalancen zu sehen, so ist eine möglichst frühzeitige und oftmals auch interdisziplinäre Intervention indiziert. Die aktuelle S3-Leitlinie der Fachgesellschaften definiert den idealen Behandlungszeitpunkt bei kieferorthopädischen Anomalien im Milch- und frühen Wechselgebiss, also vor dem zehnten Lebensjahr, „als Prävention sich anbahnender Kieferfehlbildungen, zur Hemmung skelettaler Wachstumsanomalien bzw. der Beseitigung manifester Anomalien mit Funktionsstörungen, die sich bei Nichtbehandlung verschlimmern könnten“.1
Hierzu sind die Fachzahnärzte für Kieferorthopädie in aller Regel für die apparative Therapie verantwortlich, während unter anderem die Fachärzte für HNO bei Obstruktionen der Atemwege und insbesondere die Logopäden und Ergotherapeuten bei Störungen der Zungenhaltung und -funktion sowie Habits und Sigmatismus interdentalis oftmals in Vergesellschaftung mit hypotoner Orofazialmuskulatur in einem abgestimmten Konzept die interdisziplinäre Frühbehandlung begleiten sollten.
Bislang erwiesen sich für den Kieferorthopäden während der frühen Gebissentwicklung klassische, „altbewährte“ herausnehmbare Apparaturen, wie Aktivatoren oder Zungengitter an aktiven Platten oder fixiert an Bändern, aber beispielsweise auch andere funktionskieferorthopädische Geräte wie den elastischen Gebissformer nach Bimler zum Abhalten der Zunge und zur positiven Beeinflussung der funktionellen Matrix als durchaus geeignete Therapiemittel. Mit vollständiger Dentition bei Jugendlichen und Erwachsenen hat sich hingegen die festsitzende Therapie mit bukkal oder lingual angebrachten Brackets durchgesetzt.
Mit Entwicklung der Aligner-Therapie subsituiert diese seit über 20 Jahren etablierte Technik aber nicht nur zunehmend die fest angebrachten Zahnspangen, insbesondere in der Erwachsenen-Behandlung, sondern ist scheinbar immer mehr dabei, auch die traditionellen herausnehmbaren Behandlungsapparaturen abzulösen.
Unter dem Produktnamen Invisalign® Teen und Invisalign® First hat einer der führenden Aligner-Hersteller seine Produktpalette bereits seit vielen Jahren auf die speziellen Anforderungen der Aligner-Behandlung in den frühen und späten Wechselgebissphasen abgestimmt.Steht bei Erwachsenen der ästhetische Aspekt und die meist geringere Einschränkung im Alltag und Beruf, was Phonetik und Erscheinungsbild betrifft, häufig im Vordergrund, sind es bei jungen Patienten insbesondere die vermutlichen Vorteile des geringeren Dekalzifizierungsrisikos während der kieferorthopädischen Behandlung gegenüber festsitzenden Apparaturen, die bei gegebener Indikation für eine Aligner-Therapie sprechen.2
Zudem hat der Autor aber auch den persönlichen Eindruck gewonnen, dass aufgrund der geringen Materialstärke von etwa 0,75 mm der transparenten Miniplastschienen die Compliance gerade bei sehr jungen Patienten deutlich verbessert ist, im Vergleich zu den oftmals mehr Platz im Mundraum einnehmenden konventionellen losen FKO-Apparaturen. Das sorgt einerseits aufgrund der längeren Verbleibzeit im Mund, nämlich auch tagsüber und während der Schul- und Sportaktivitäten, zu einer erkennbaren Effizienzsteigerung der apparativen kieferorthopädischen Einwirkungen. Andererseits, und dies ist gerade bei den funktionsbeeinträchtigten Kindern, wie es bei der offenen Biss-Therapie regelmäßig der Fall ist, ein besonders wichtiger Aspekt: Es bleibt beim Tragen von Alignern immer der Raum der Zunge, nämlich das Palatinum, unbedeckt. So können logopädische Übungen oftmals leichter und schneller, sowohl erlernt als auch in den Alltag umgesetzt werden, da anders als bei traditionellen herausnehmbaren oder festen Apparaturen es nicht zu Interferenzen von palatinalen Verbindungselementen mit der Zunge kommen kann, ausgerechnet in dem Bereich, wo sich diese idealerweise aufhalten sollte.
In letzter Zeit werden Kinderzahnärzte und Kieferorthopäden auch immer mehr mit dem Phänomen der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) konfrontiert. Bei bislang nicht vollständiger geklärter Genese weist nach einer Metastudie diese Form der Schmelzfehlbildung eine globale Prävalenz von 13,1 Prozent auf.3 Insbesondere, wenn derartige oder vergleichbare Symptome einer reduzierten Schmelzresistenz vorliegen, sollte, bei gegebener Indikation, einer besonders prophylaxefreundlichen KFO-Therapie generell der Vorzug gegeben werden.
Patientenbeispiel
Eine Mutter stellte ihre achteinhalbjährige Tochter Mitte letzten Jahres in unserer Praxis vor. Die kleine Patientin zeigte bereits äußerlich den Genotypus einer schmalen, deutlich vertikalen Gesichtskonfiguration bei einer hypotonen Orafazialmuskulatur mit angestrengtem Lippenschluss (Abb. 2a–d). Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Mädchen zu Beginn seiner zweiten Wechselgebissphase, alle bleibenden Zähne, bis auf die dritten Molaren, waren angelegt, wie im Orthopantomogramm zu sehen ist (Abb. 3a). Durch das viszerale Schluckmuster zeigten die unteren Inzisiven bei schmaler apikaler Basis eine deutliche Retroinklination, während bedingt durch die Zungeninterposition die oberen Frontzähne lückig anteinkliniert positioniert sind. Die Fernröntgenseitenaufnahme lässt bei einer skelettalen Klasse II-Relation und einem ausgeprägt divergierenden Basiswinkel die Frontzahninklinationen mit dem deutlich frontal offenen Biss gut erkennen (Abb. 3b). Noch imponierender erscheint beim klinischen Funktionsbefund der dysfunktionale Einfluss der Zunge aufgrund eines persistierenden, viszeralen Schluckmusters mit auffälliger Zungeninterposition (Abb. 4).
Zeigt der dentale Befund mit deutlich vergrößerter sagittaler Stufe sowohl bei den oberen als auch den unteren Inzisiven noch eine mildere Ausprägung einer Schmelzbildungsstörung, so lässt sich an allen vier Sechsjahrmolaren eine manifestierte Molaren-Hypomineralisation (MIH) nachweisen (Abb. 5a und b).
Dabei sind die Okklusalflächen und zum Teil auch die lateralen Wände deutlich bis in die Dentinbereiche destruiert, sodass hier die Hauszahnärztin mehrfache Versuche unternahm, mit rotem temporärem Füllungsmaterial die Kauflächen schützend abzudecken (Abb. 5c und d).
Im Sinne einer semipermanenten, stabileren Lösung wurden von uns als primäre Maßnahme alle Molaren-Kauflächen mit Kompositmaterial (Venus® Diamond Flow A2) intraoral rekonstruiert, um neben der verbesserten Haltbarkeit auch durch ein funktionell gestaltetes Höcker-/Fissuren-Relief die ohnehin eingeschränkte Kaufunktion zu verbessern. Dies führte zunächst zu einer weiteren Bissöffnung und einer nochmals vergrößerten sagittalen Stufe, entsprach aber jetzt der anatomisch korrekten klinischen Kronenhöhe der Molaren (Abb. 6a–e).
Für ein umfassendes und möglichst effizientes nachhaltiges Therapiekonzept ist es in diesem Fall unerlässlich, die frühzeitige kieferorthopädische Intervention, durch Behandlung der oben beschriebenen funktionellen Symptome, initial und parallel zu begleiten. Daher erfolgte hier von Beginn an eine entsprechende Zusammenarbeit mit Logopäden und Ergotherapeuten.
Die Wahl der geeigneten kieferorthopädischen Apparatur war bei dieser Patientin in besonderem Maß durch die sehr deutliche Manifestation der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation geprägt. Aufgrund der günstigen Hygienefähigkeit und geringen Invasivität, die Aligner im Allgemeinen aufweisen, sollte daher in diesem Fall die Behandlung mit dem Produkt Invisalign® First erfolgen (Abb. 7a und b).
Die Therapie eines frontal offenen Bisses erfordert grundsätzlich die Extrusion der Frontzähne bei idealerweise gleichzeitiger Intrusion der Molaren.
Während allein schon eine Inklinationsaufrichtung prokliniert stehender Inzisiven für eine relative Extrusion sorgt, ist in der Aligner-Therapie zur Erlangung einer realen absoluten Extrusion immer die Anbringung geeigneter Attachments als Retentionselement erforderlich. Diese speziellen voraktivierten Extrusionsattachments werden auf den zu extrudierenden Frontzähnen wahlweise in Ober- und/oder Unterkiefer automatisch durch die Software platziert, sobald eine Vertikalbewegung größer als 0,5 mm vorgesehen ist. Nur so kann bei Alignern zurzeit die klinische Umsetzung dieser vertikalen Bewegungsrichtung hier zum Schließen des offenen Bisses erfolgen, ohne dass Zusatzmechaniken wie Elastics eingesetzt werden müssen (Abb. 8a).
Mit der individuellen Verschreibung wurde bei unserer Patientin auch gleichzeitig neben der Frontzahnextrusion eine Intrusion der OK-Molaren geplant, um durch den Autorotationseffekt der Mandibula das Schließen des offenen Bisses klinisch zu unterstützen. Simuliert wird diese Wirkung bei der ClinCheck-Planung durch einen terminalen vertikalen Step, sodass in der Behandlungssimulation die Kieferbasen zwischenzeitlich weit auseinanderstehend aussehen. Gut erkennen lässt sich diese Situation hier bei Stage 34, der auch in der Seitendarstellung die geplante Intrusion der oberen Molaren zeigt (Abb. 8b und c).
Für eine adäquate Übertragung der durch Verwindung des Aligner-Materials entstehenden Rückstellkräfte auf die Zähne bei gleichzeitig ausreichender Retention der Schiene auf dem Zahnbogen sind aufgrund der meist besonders kurzen klinischen Kronen bei Kindern auf nahezu allen Zähnen möglichst große Retentionsattachments erforderlich. Dabei sind auch Milchzähne zur temporären Verankerung durchaus geeignet und sollten möglichst miteinbezogen werden (Abb. 8d).
Initial wurden 45 Aligner, jeweils für Ober- und Unterkiefer, bei einem Staging von 0,1 mm pro Step vorgesehen (Abb. 9a und b). Dabei sollen die Schienen möglichst nur zum Essen und Zähneputzen entnommen, also auch bei allen schulischen und sportlichen Aktivitäten getragen werden. Dies hat sich bei unserer Patientin, wie bei den meisten anderen Kindern dieses Alters auch, problemlos im Alltag umsetzen lassen. Selbst die logopädischen Übungen ließen sich mit den Alignern im Mund ungehindert durchführen (Abb. 10a–e). Als Wechselzeiten für die Schienen haben wir jeweils sieben Tage vorgegeben. Diese können bei Kindern aber auch auf bis zu fünf oder sogar drei Tage aufgrund ihrer schnellen Gewebsreaktion reduziert werden, wenn dies zum Beispiel in Zeiten eines sehr dynamischen Zahnwechsels erforderlich wäre.Die Begleitung der Dentition beim Übergang in die zweite Wechselgebiss-Phase stellt eine weitere Besonderheit in der Aligner-Frühbehandlung gegenüber der Erwachsenen-Therapie dar. Nicht nur die Einbeziehung von Wachstumsprozessen müssen dabei in der Planung Berücksichtigung finden, sondern auch während der Therapiedurchführung ist es zudem erforderlich, die dentalen Veränderungen genau zu beobachten.
So zeigt sich hier bei Stage 34 im Oberkiefer der zwischenzeitliche Verlust des Milchzahnes 54 bei gerade erfolgtem Durchbruch des ersten rechten Prämolaren, während im Unterkiefer der „fliegende Wechsel“ von den ersten Milchmolaren zu den ersten permanenten Prämolaren auf beiden Seiten bereits gerade vollzogen worden ist (Abb. 11a und b). Aufgrund der anatomischen Gegebenheiten, dass die Milchmolaren in ihren mesiodistalen und bukkolingualen Ausmaßen etwas größer sind als die bleibenden Prämolaren, geht das „Rennen zwischen Zahnfee und Kieferorthopäden“ erst einmal meist zugunsten des Kieferorthopäden aus. Zumindest initial passen nämlich die durchbrechenden Prämolaren oft in die Aussparung der Milchzähne im entsprechenden Aligner-Bereich, wie die Abbildungen 11c bis e zeigen.
So konnten alle 45 vorgesehenen Aligner in einer Zeit von genau zehn Monaten mit ausreichender Passgenauigkeit regulär ohne Modifikationen getragen werden. Außer der Verwendung dieser Miniplastschienen kamen keine weiteren Zusatzmechaniken wie Gummizüge oder Ähnliches zum Einsatz.
Größere Diskrepanzen ließen sich neben den Abweichungen bei den durchbrechenden Zähnen am ehesten an den oberen lateralen Schneidezähnen erkennen, wie bereits im Stadium Nummer 34 bei eingesetzten Schienen zu beobachten war (Abb. 11f). Die lateralen Inzisiven des Oberkiefers stellen aufgrund ihrer kleinen Oberfläche oftmals eine besondere Herausforderung in der Aligner-Therapie dar. Insbesondere dann, wenn vertikal ausgerichtete Kräfte sowohl bei tiefen als auch offenen Bissen effektiv übertragen werden sollen.
Etwa alle acht Wochen fand bei unserer jetzt neuneinhalbjährigen Patientin eine Kontrolluntersuchung in der Praxis statt, somit wurden vom Einsetzen der ersten Aligner bis zur Zwischenuntersuchung der ersten Frühbehandlungsphase insgesamt sieben reguläre Termine wahrgenommen. Außerplanmäßige Besuche gab es nicht. Die logopädische Therapie erfolgte begleitend im selben Zeitraum.
So zeigte sich nach 40 Wochen vorläufiger Behandlungszeit eine deutlich verbesserte Gesamtsituation. Der frontal offene Biss konnte signifikant im Bereich der zentralen Inzisiven geschlossen und eine weitgehend orthognathe Frontzahnrelation in sagittaler und vertikaler Dimension erreicht werden. Die seitlichen Schneidezähne zeigen dabei noch eine leicht offene Tendenz. Das Diastema mediale wurde vollständig geschlossen, die Frontalansicht lässt noch eine mandibuläre Mittellinienabweichung nach links erkennen. Beide Zahnbögen weisen in der Okklusalansicht nun eine deutlich gerundete transversale Ausformung auf und zeigen die fortschreitende Dentition. Auch in der lateralen Darstellung ist der Seitenzahnwechsel erkennbar, weshalb hier noch ein seitlich offener Biss bei einer weitgehend neutralen Bisslage auf der rechten Seite vorliegt (Abb. 12a–f).
Betrachtet man die Lippen- und Zungenhaltung von frontal wirkt diese deutlich ausgeglichener und physiologischer im Vergleich zur Ausgangssituation (Abb. 13a). Ebenso die extraoralen Fotos von frontal, schräg lateral und seitlich vermitteln nach der ersten Behandlungsphase bereits den Eindruck einer entspannteren muskulären Orofazialstruktur (Abb. 13b–e).
Die Panoramaschichtaufnahme der Zwischenuntersuchung weist eine reguläre fortschreitende Dentition nach und macht die Nivellierung und Angulationsänderung insbesondere der Frontzähne durch die Aligner-Behandlung in beiden Kiefern gut sichtbar (Abb. 14a). Die zum gleichen Zeitpunkt angefertigte Fernröntgenseitenaufnahme zeigt bei nach wie vor deutlich divergierenden Kieferbasen einen positiven Einfluss auf die Frontzahnrelation und den jetzt weniger gezwungen wirkenden Profilverlauf (Abb. 14b).
Es erfolgt auf Grundlage dieses Zwischenbefundes mit Anfertigung eines Intraoralscans nun die Fortsetzung der ersten Frühbehandlungsphase. Hierbei werden die aktuell hinzugekommenen Prämolaren nun in dem neu zu planenden Aligner-Satz miterfasst, während sogenannte Eruption Compensators für die noch zu erwartenden Eckzähne des Oberkiefers vorgesehen sind. Dabei ist das weitere Schließen des noch leicht offenen Bisses genauso ein Therapieziel wie die später endgültige Kieferausformung und die symmetrische, neutrale Bisslageeinstellung. Hierzu könnten ab der kommenden Phase optional intermaxilläre Gummizüge an den Alignern appliziert werden.
Schlussfolgerung
Anhand dieses klinischen Casus sollten exemplarisch die grundsätzlichen Möglichkeiten einer interzeptiven Frühbehandlung eines offenen Bisses mittels der Aligner-Therapie aufgezeigt werden.
Bei frühzeitigem Beginn zu Anfang der zweiten Wechselgebissphase unter Integration interdisziplinärer, funktioneller, begleitender Therapieansätze scheint diese Methode bei geeigneter Indikation durch den Fachzahnarzt für Kieferorthopädie als Ergänzung oder Substitution traditioneller kieferorthopädischer Apparaturen eine geeignete Behandlungsform darzustellen.
Die Vorteile einer wenig invasiven, grazilen und durch die Herausnehmbarkeit gegebene günstige Hygienefähigkeit kommen insbesondere bei sensiblen Kindern mit einer Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation- (MIH-)Anamnese zum Tragen.
So können auch Aligner mit ihrer niedrigen, nahezu friktionsfreien, intermittierenden Kraftapplikation unter Berücksichtigung der spezifischen Besonderheiten in der Anwendung bei Kindern im Sinne frühzeitiger präventiver und therapeutischer Maßnahmen als funktionskieferorthopädisches Behandlungsmittel bei offenen Biss-Strukturen in Betracht gezogen werden.
Eine Literaturliste steht hier zum Download für Sie bereit.
Dieser Artikel ist in der KN Kieferorthopädie Nachrichten erschienen.