Branchenmeldungen 01.07.2013
1. Dentista Wissenschaftspreis ging an ZÄ Angela Boll
Erstmals hat der Dentista Club seinen
neuen Wissenschaftspreis verliehen: Preisträgerin des Jahres 2013
ist ZÄ Angela Boll, Hamburg, die für ihre hervorragende Masterthese
zum Thema „Die implantologische Profession in der
Genderperspektive: Chancen und Karrierewege“ ausgezeichnet wurde.
Im Rahmen des Hirschfeld-Tiburtius-Symposiums in
Berlin erhielt sie kürzlich Trophäe und Preisgeld aus den Händen von
Dentista-Club-Präsidentin Dr. Susanne Fath und der Vorsitzenden des
Beirats Wissenschaft des Zahnärztinnen-Verbandes, PD Dr. Ingrid
Peroz, die auch die Laudatio hielt. Der Zahnärztinnenverband will
mit dem Wissenschaftspreis fundierte Studien zu Auswirkungen der
wachsenden Anzahl an Zahnärztinnen auf die zahnmedizinische
Versorgung beleuchten bzw. versorgungsrelevante wissenschaftliche
Arbeiten zum Themenfeld der Gender Dentistry in den Blickpunkt heben.
Die in diesem Jahr ausgezeichnete
Arbeit beschäftigte sich mit einem Thema, das in der
Fachöffentlichkeit oft diskutiert, bisher aber nicht fundiert
aufgearbeitet wurde, PD Dr. Peroz: „Die Zahl der weiblichen
Studenten überwiegt seit Jahren. Dies zeigt sich auch in den
Absolventenzahlen, die bereits im Jahr 2000 über 60% Frauen
auswiesen, 2009 waren es bereits 65,5%. Die Zahl der Promovendinnen
liegt bei 67,3%. Dies spiegelt sich aber überhaupt nicht in der Zahl
der weiblichen Mitglieder implantologischer Fachgesellschaften
wider.“ Dieser Situation widmete sich Angela Boll in ihrer
Masterthese zum Abschluss ihres Masterstudienganges Implantologie der
Steinbeis-Universität in Zusammenarbeit mit der Deutschen
Gesellschaft für Implantologie/DGI unter Leitung von Prof. Dr.
Günter Dhom. Peroz: „Interessant ist auch, dass das Thema zu
dieser Masterarbeit von einem männlichen Kollegen vergeben wurde,
Dr. Peter Gehrke aus Ludwigshafen.“ Dass er nicht dabei sein
konnte, als seine Masterstudentin in Berlin ausgezeichnet wurde,
bedauerte er zutiefst, da er von der Qualität der Studie schon
gleich nach Durchsicht sehr begeistert war. Die Studie wurde mittels
Fragebögen durchgeführt, die an 1200 implantologisch tätige
Zahnärztinnen und 500 implantologisch tätige Zahnärzte verschickt
wurden.
Ausschnitte aus den Ergebnissen stellte
PD Dr. Peroz in ihrer Laudatio vor: „7% der männlichen Kollegen
und 16% der befragten Zahnärztinnen sind alleinstehend. 74% der
Zahnärzte und 58% der Zahnärztinnen sind verheiratet. Interessant
ist ein Blick auf die Partner: 40% der Männer und 89% der Frauen
haben einen voll berufstätigen Partner. Ein Drittel der
implantologisch tätigen Frauen hat keine Kinder. 69% der Männer und
50% der Frauen leben in einem 3+ Personen- Haushalt. Zur
Praxisführung fand ich interessant, dass 24% der Männer, aber 35%
der Frauen alleine tätig sind.“ Bemerkenswert seien, so Peroz,
auch die Antworten zu grundsätzlichen technischen Aspekten: „Frauen
scheinen weniger vertraut im Umgang mit technischem Gerät. So haben
nur 33% der Frauen, aber 76% der Männer schon einmal eine
Bohrmaschine bedient bzw. 68% der Männer haben Fahrräder repariert,
aber nur 23% der Frauen.“ Die Studie zeigt aber auch, Zitat aus der
Zusammenfassung: „... dass die Unterrepräsentation von Frauen in
der Implantologie nicht mit handwerklichem Unvermögen zu tun hat.
Durchlaufen Frauen die implantologische Ausbildung bis zum Ende, so
sind keine Unterschiede in der chirurgischen Kompetenz
festzustellen.“
Neben den Daten wurden auch Hürden
deutlich, die auf Gründe für die geringere Präsenz von
Zahnärztinnen in der Implantologie hinweisen und damit auch Ansätze
bieten, selbige mit passenden Gegenentwürfen zu überwinden. Dazu
gehört, dass die implantologische Ausbildung sehr zeitintensiv ist,
und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine kontinuierliche
Fortbildung erschwert. Anders als bei Zahnärzten zeigt der Berufsweg
der Zahnärztinnen (fast 90% haben einen voll berufstätigen
Partner) Diskontinuitäten. Aus der Zusammenfassung der Studie:
„Zahnmedizinerinnen, die den Wunsch haben, eine Familie zu gründen
und die postgraduierte Ausbildung bis hin zum Master zu absolvieren,
sehen sich mit unterschiedlichen, widersprüchlichen
gesellschaftlichen Erwartungen konfrontiert. () Für die komplexe,
postgraduierte implantologische Ausbildung und die hohe
Techniksensibilität und Trainingsintensität des Faches ist die zu
erwartende Diskontinuität im Karriereweg der ‚Mutter’ nicht
förderlich, da sich die implantologische Ausbildung häufig in einer
Phase abspielt, in der die Kinder noch klein sind und einen hohen
Betreuungsbedarf haben.“ Ausbildung in der Implantologie und die
Ausübung des Verfahrens konkurrierten mit familiären
Verpflichtungen, die häufiger die Aufgabe der Frauen als der
überwiegend voll berufstätigen, erfolgreichen Ehemänner seien.
Kinderlosigkeit oder sogar Verzicht auf einen Partner stellten Formen
der Konfliktprophylaxe dar. Peroz: „Lösungsmöglichkeiten
bestünden möglicherweise darin, bereits im Studium implantologische
Lehrinhalte zu vermitteln.“ Dass dies, zumindest ansatzweise,
möglich sei, zeige das entsprechende Konzept der Charité. Auch
Mentorenprogramme, so die Masterthese, seien ein hilfreiches Angebot.
ZÄ Angela Boll hat bereits zuvor viel
Zeit für intensive fachliche Fortbildung aufgewandt: „Nach dem
Studium hat sie das Curriculum Endodontie belegt und nunmehr den
Master of Science in Oral Implantologie der DGI erworben. Ob sie
Implantologie belegte, weil sie sich vorher mit Endodontie befasste –
oder obwohl sie das tat?“ Eine Antwort auf die eher rhetorische
Frage von PD Dr. Peroz gab es seitens der sympathischen Preisträgerin
nicht, dafür war die Freude über den Preis viel zu groß. Angela
Boll nach der Preisverleihung: „Ich war schon etwas aufgeregt,
eigentlich fühle ich mich im Hintergrund wohler... Aber ich bin ganz
schön stolz, dass ich mit dem Wissenschaftspreis ausgezeichnet
worden bin!“
Quelle: Dentista Club e.V.