Branchenmeldungen 16.10.2025

Mein Weg ins digitale Dentallabor: Chancen und Stolpersteine



Die Zahntechnik befindet sich aktuell in einer Phase des fundamentalen Wandels. Über Jahrzehnte waren handwerkliches Geschick, ein hohes, präzises Augenmaß und die Fertigkeit mit damals gängigen Materialien die Kernkompetenzen unseres Berufs. Mit der fortschreitenden Digitalisierung ergeben sich nun völlig neue Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen.

Mein Weg ins digitale Dentallabor: Chancen und Stolpersteine

Foto: Summit Art Creations – stock-adobe.com

Als junger Zahntechniker habe ich diesen Wandel nicht nur miterlebt, sondern auch entschieden, ihn aktiv mitzugestalten – neugierig darauf, welche Potenziale sich eröffnen, aber auch voller Respekt vor den Hürden, die auf dem Weg liegen.

In diesem Beitrag teile ich meinen eigenen Weg ins digitale Dentallabor: von den ersten konkreten Schritten und Erfahrungen mit neuen Technologien über typische Stolpersteine bis hin zu Empfehlungen und einem Ausblick auf die kommenden Trends. Mein Ziel ist es, andere Kollegen zu inspirieren, den Sprung in das digitale Zeitalter zu wagen und diesen Wandel als Chance zu erkennen.

Einstieg in die Praxis

Mein Weg startete mit einer Grundsatzentscheidung: Das Labor sollte schrittweise digital modernisiert werden. Mein Vater legte den Grundstein dafür schon vor über zehn Jahren. Als ich 2018 aktiv ins Labor einstieg, trafen wir gemeinsam die Entscheidung den 3D-Druckbereich in unseren Alltag zu implementieren. Am Anfang begann ich, DLP-Drucker aus dem Hobbybereich für den Dentalbereich einzusetzen. Die ersten Ergebnisse waren weder perfekt noch hatten wir eine spürbare Prozessoptimierung, aber der erste Schritt war getan.

Mit jedem einzelnen Projekt und neuen Bereich wurde ich routinierter, lernte die Funktionen besser kennen und entwickelte ein Gefühl für die Möglichkeiten. Zudem steigerten sich meine Kenntnisse bzgl. der technischen Möglichkeiten der 3D-Drucker. 3D-Drucker ist eben nicht gleich 3D-Drucker. Fehler gehörten dazu – sie waren nicht Rückschläge, sondern Teil meiner Lernkurve, immer wieder etwas zu lernen und die Ergebnisse zu verbessern. Angefangen habe ich mit dem Drucken von einfachen Modellen mit Gingivamaske für Kronen, Brücken auf Stümpfen und/oder implantatgetragen.

Chancen der Digitalisierung

Effizienz und Prozessoptimierung

Digitale Workflows haben zahlreiche Abläufe im Labor gravierend verbessert. Die Herstellung von Modellen und Konstruktionen ist nicht nur schneller, sondern wesentlich genauer geworden. Dank CAD-Software lassen sich komplexe Arbeiten am Bildschirm in kürzerer Zeit planen und realitätsnah simulieren. Fehler fallen schon bei der Planung auf – Nacharbeiten und Materialverluste werden minimiert.

Qualitätssicherung und Transparenz

Ein großer Mehrwert ist die lückenlose digitale Dokumentation. Jeder Prozessschritt, jede Materialcharge und jede Änderung können automatisiert, exakt und patientenindividuell nachvollzogen werden. Dies sorgt für eine hohe Qualitätssicherung und ermöglicht es im Falle von Reklamationen, direkt den Ursprung etwaiger Probleme zu identifizieren. Auch für Patienten und Zahnarztpraxen steigen damit Nachvollziehbarkeit und Vertrauen in die Arbeit des Labors.

Zusammenarbeit und Kommunikation

Ein oftmals unterschätzter Aspekt: Die digitale Transformation verbessert die Kommunikation und Zusammenarbeit enorm. Datenaustausch funktioniert heute schnell und sicher, Änderungen können umgehend umgesetzt werden, und Rückfragen zwischen Praxis und Labor lassen sich mit wenigen Klicks klären. Die gemeinsame Arbeit an digitalen Unterlagen schafft Transparenz und ermöglicht es, gemeinsam die bestmögliche Versorgung für den Patienten zu erzielen.

Bild von einem Quotenzeichen
„Wir befinden uns in einem Zustand der Tradigitalität, wo wir das Beste aus beiden Welten vereinen, um den größtmöglichen Nutzen zu erzielen.“

Zusatznutzen für Zahnarztpraxen

Moderne Praxen profitieren enorm von der Digitalisierung: Sie erleichtert die Planung, erlaubt exakte Simulationen und sorgt für eine schnellere Umsetzung der Behandlungsziele. Gleichzeitig ist klar: Digitale Prozesse funktionieren nur, wenn Praxis und Labor als Team agieren und sich erneut auf den gemeinsamen Weg machen. Erst durch partnerschaftliche Zusammenarbeit und gegenseitige Offenheit werden digitale Potenziale voll ausgeschöpft.

Stolpersteine des digitalen Wandels

Technische Herausforderungen

Der Einstieg in die digitale Zahntechnik ist anspruchsvoll: Softwarekompatibilität, Updates, Systemintegration und Scans erfordern technisches Verständnis und Nerven. Die Koordination verschiedener Programme (z. B. das Übertragen von Daten vom Intra­oralscanner ins CAD-System) ist anfangs oft umständlich und kostet Geduld. Viele kleine Hürden werden nach und nach durch Erfahrungswissen und gezielte Problemlösung überwunden.

Menschliche Faktoren

Veränderung bedeutet auch Unsicherheit. Manche Teammitglieder fühlen sich durch neue Tools überfordert oder befürchten, den Anschluss zu verlieren. Es ist wichtig, diese Bedenken ernst zu nehmen, offene Kommunikation zu fördern und allen Kollegen ausreichend Zeit sowie Fortbildungsmöglichkeiten zu bieten. Besonders hilfreich sind Mentoren im Team, regelmäßige Schulungen und ein respektvoller Austausch über Fehler.

Investition und Wirtschaftlichkeit

Die Kosten für Hardware, Software, Wartung und regelmäßige Updates sind erheblich. Deshalb empfiehlt sich ein schrittweises Vorgehen: Neue Technologien werden in Pilotprojekten getestet, Fördermöglichkeiten ausgeschöpft und große Investitionen gut durchgerechnet. Leasingmodelle können dabei die Anschaffungsbelastung mindern. Ein weiterer Punkt ist der Austausch mit Kollegen, die bereits in digitale Technologien investiert haben, um Erfahrungswerte auszutauschen, bevor man investiert.

Datenschutz und IT-Sicherheit

Digitale Patientendaten erfordern einen hohen Standard an Datensicherheit. Verschlüsselte Übertragung, regelmäßige Back-ups und entsprechende Mitarbeiterschulungen sind unerlässlich, um sensible Informationen zu schützen und den gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden.

Praxiserfahrungen: Lernen im Team

Erfolgserlebnisse

Die Lernkurve bei der Nutzung von digitalen Technologien ist immens, sie ermöglicht es, unsere aktive Arbeitszeit effizient zu nutzen. Indem wir bestimmte Prozesse automatisieren und digitalisieren, schaffen wir uns die benötigten Zeitfenster, die wir für die wichtigen handwerklichen Schritte, z. B. das Veredeln der Halbfertigteile, brauchen, damit die Arbeiten funktionieren und unsere Qualitätsansprüche erfüllen.

Der folgende Fall veranschaulicht den Nutzen der digitalen Technologien, aber auch die Wichtigkeit und den Einfluss von traditionellen Materialien und Arbeitsschritten. Wir befinden uns in einem Zustand der Tradigitalität, wo wir das Beste aus beiden Welten vereinen, um den größtmöglichen Nutzen zu erzielen.

Umgang mit Rückschlägen

Natürlich gab es auch Rückschläge: fehlerhafte Passungen, Softwareabstürze ohne Back-up kurz vor dem Nesting, oder Fehler bei der Datenübertragung. Wichtig ist, diese Misserfolge als Lernchance zu sehen und gemeinsam im Team nach Lösungen zu suchen – oft entstehen daraus die effektivsten Verbesserungen und Arbeitsstandards.

Die Kraft der Teamarbeit

Die Digitalisierung ist kein Einzelsport. Nur mit einer funktionierenden Teamkultur, offenen Besprechungen, gegenseitiger Unterstützung und gemeinsam getragenem Wissen lassen sich die Herausforderungen meistern und die Chancen der neuen Technik voll nutzen. Gerade in angespannten Phasen helfen regelmäßige Meetings, Schulungen und der offene Austausch, um als Team weiter zu wachsen.

Tipps und Best Practices für Einsteiger

  • Schrittweise starten: Kleine Projekte ermöglichen einen sanften Einstieg und lassen sich leichter optimieren.
  • Gezielte Investitionen: Nur Tools anschaffen, die wirklich zum eigenen Profil passen und einen echten Mehrwert bringen.
  • Pilotprojekte nutzen: Neue Technologien im kleinen Rahmen testen, bevor der große Roll-out erfolgt.
  • Team einbinden: Alle Kollegen frühzeitig informieren, Fragen beantworten und Erfolge gemeinsam feiern.
  • Lernen und Vernetzen: Regelmäßige Weiterbildungen besuchen und Kontakte zu anderen Laboren und Kollegen mit derselben Philosophie suchen, um Erfahrungswerte auszutauschen und gemeinsam zu wachsen.
  • Fehlerkultur fördern: Fehler offen ansprechen und im Team dokumentieren, um langfristig von allen zu lernen.

Ausblick und Zukunftsaussichten

Die digitale Zahntechnik entwickelt sich rasant weiter. Mit künstlicher Intelligenz, Automatisierung und cloudbasierten Workflows werden Routinearbeiten weiter optimiert und die individuelle Patientenversorgung auf ein neues Niveau gehoben. Gleichzeitig entstehen neue, flexible Arbeitsmodelle – von Homeoffice, Remote-Arbeit bis hin zu vernetzten, internationalen Teams.
Wichtig ist, sich kontinuierlich weiterzubilden und eine positive Innovationskultur zu leben, um von diesen Entwicklungen optimal zu profitieren. Wer es schafft, neue Technologien offen aufzunehmen und in bestehende Arbeitsabläufe zu integrieren, wird langfristig erfolgreich sein – fachlich und menschlich.

Fazit

Mein Weg ins digitale Dentallabor zeigt: Mut, Offenheit und Lernbereitschaft sind der Schlüssel, um aus der Technik das Beste herauszuholen. Die Herausforderungen sind da – aber die Chancen und Möglichkeiten überwiegen bei Weitem. Wer bereit ist, gemeinsam mit seinem Team neue Wege zu gehen, wird nicht nur die eigene Arbeit auf ein neues Level heben, sondern auch maßgeblich an der Zukunft der Zahntechnik mitwirken. Die Digitalisierung bringt uns näher zusammen und eröffnet Perspektiven, die bis vor wenigen Jahren undenkbar waren. Durch die digitalen Technologien haben wir die Möglichkeit, gemeinsam die Zukunft der Zahntechnik und Zahnmedizin aktiv mitzugestalten.

ZWL Zahntechnik Wirtschaft Labor 04/25

ZWL Zahntechnik Wirtschaft Labor


Dieser Beitrag ist in der ZWL Zahntechnik Wirtschaft Labor erschienen.

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