Branchenmeldungen 27.02.2024

Sympathisch und ­hochmotiviert: Gründen, wo ­früher Schafe weideten

Sympathisch und ­hochmotiviert: Gründen, wo ­früher Schafe weideten

Foto: Adrian Bleschke / Dres. Wassmann

Das Thema Praxisgründung ist ein weites Feld, konkret greifbar und miterlebbar wird es durch individuelle Storys, wie die des Gründerpaars Dr. Alexandra und Dr. Torsten Wassmann. Beide haben groß und mutig gedacht und ebenso investiert – für ihre ganz eigene Niederlassungs-Version. Ein tolles, laufendes Beispiel für ein visionäres Gründen!

Angefangen hat unser „Zahnzentrum an der Aue“ vermutlich als fixe Idee auf der Rückfahrt eines bei Freunden verbrachten Wochenendes – wir hatten uns lange über deren Gründungsprojekt ausgetauscht und waren beeindruckt von ihrem Tatendrang. Irgendwann stand dann im Raum: „Okay. Das machen wir auch!“ Gefühlt ist das eine Ewigkeit her und in der Retrospektive wird uns die Tragweite der Entscheidung langsam klar. Wir haben das Projekt „Gründung“ anfangs nicht mit ganzer Kraft verfolgt, unser Sohn war gerade geboren und unsere Jobs in Universitätsklinik und Fachzahnärztlicher Praxis sind klasse, und wir sind dankbar für die jeweils großartigen Teams, in denen wir arbeiten dürfen. Vielmehr haben wir uns hin und wieder nach Feierabend im Internet die Karten und Praxen der Gegend angesehen und überlegt, wo ein „guter“ Platz für uns sein könnte.

Knapp vorbei an Übernahme

Die ursprünglich bevorzugte Option war nicht die Neugründung, sondern die Übernahme einer Praxis einige Dörfer weiter, die wir in guter Erinnerung hatten. Zudem kannten wir den Inhaber und diese Praxis stellte sich nach Recherche als die für uns einzige Übernahmeoption dar. Die Gespräche mit dem Inhaber zogen sich mehrere Monate, letztlich waren sie aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen jedoch nicht erfolgreich. Hinzu kam, dass die mehrfach erweiterte Praxis im Grunde räumlich nicht zu dem passte, was wir vorhatten. Massive und teure Umbau­arbeiten wären zum Kauf von Praxis und -gebäude dazugekommen. In diesem Zusammenhang haben wir erfahren, wie bedeutend die professionelle Beratung durch unsere Partner in betriebswirtschaftlichen Fragen war, und raten deshalb grundsätzlich, rechtzeitig erfahrene Profis hinzuzuziehen.

Bereits während der Gespräche mit unklarem Ausgang suchten wir nach möglichen Baugrundstücken, ohne jedoch fündig zu werden. Schließlich traten wir an Samt­gemeinde sowie Gemeinde heran und baten um Unterstützung. So wurde der Kontakt zu einem in Ebergötzen ansässigen Landwirt hergestellt, der uns letztlich einen halben Hektar seines Ackerlands verkauft hat. An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an Samtgemeinde, Gemeinde und natürlich besonders an „unseren“ Landwirt!

Vom Ackerland zum Bauland

Mit der sicheren Kaufoption starteten wir auch die Entwicklung des Grundstücks: Der Weg vom Ackerland zu Bauland führte über die Änderung des Flächennutzungsplans und den Bebauungsplan. Das heißt konkret, das Grundstück wurde vermessen, ein Planungsbüro hinzugezogen, ein Architekturbüro eingebunden, ein dentaler Fachplaner und ein Fachanwalt an Bord geholt, die Gemeinde, die Samtgemeinde und der Landkreis wurden kontaktiert, ebenso alle Versorger … In vielen kleinen Schritten wurde aus dem Acker schließlich das Gebiet „Herzberger Straße Nord“ (der Name hat sich als Praxisname dann irgendwie nicht durchgesetzt). Auf diesem Weg wurden wir in steiler Lernkurve mit illustren Fachbegriffen wie GRZ, VEP, Durchführungsvertrag und den Unterschieden zwischen Unterer Wasserbehörde und Oberster Wasserbehörde sowie Details über Versickerungsfähigkeit und sogenannte frühzeitige Beteiligung und und und vertraut (das kommt so im Studium nicht vor!).

Das große Ganze vor Augen: Die architektonische Skizze zeigt die Einbettung des Baus am Standort und die Details, die den Unterschied ausmachen. © Adrian Bleschke / Dres. Wassmann 


Dres. Wassmann:

„Momentan stehen als nächste Meilensteine die Finalisierung von Marketingstrategie und Architektenplanungen an. Gemessen am Weg bis hierher, erwarten uns schöne und kreative Arbeiten, die zwar viel Zeit kosten, aber auch viel Freude bereiten! Baubeginn ist dann in der frostfreien Zeit ab zweitem Quartal 2024, und bis dahin ist noch viel zu tun!“



Team ist alles!

Wie wichtig ist ein gutes Team? Ganz klar: Ohne geht einfach nichts. Da jedoch keiner nur aus Spaß arbeitet, haben wir zur Vorfinanzierung einen privaten Kredit aufgenommen. Dieser diente den Ausgaben bis zur Entscheidung „Übernahme vs. Gründung“. Uns war bewusst, dass beide Optionen jederzeit hätten ins Leere laufen können. Der Kreditrahmen für dieses „once in a lifetime“ war daher entsprechend kalkuliert und hatte eine klare Schmerzgrenze. Zur Veranschaulichung: Von dem Betrag hätten wir auch unser Wohnhaus mit Photovoltaikanlage und Wärmepumpe ausstatten können.

Let’s talk money

Nach Zerschlagung der Übernahme waren wir zwar getroffen, aber die Richtung war nun klar. Die Grundstücks­entwicklung lief nach Plan, ging aber auch ins Geld … Um die weiteren Schritte beauftragen zu können, war da­her die Sicherung der Finanzierung fällig. Mithilfe unserer Partner erstellten wir einen Businessplan und unterbreiteten diesen verschiedenen Banken. Am Ende wurde es zwar zu Recht die klassische Bank, jedoch haben uns die Vorsprachen bei anderen Banken geholfen, Konditionen zu vergleichen, und die kritischen Fragen zu unserem Businessplan waren übrigens nie identisch. Das Projekt und wir sind deshalb an diesen Prüfungen nochmals gewachsen.

Transparenz leben

Als die Bank mit für uns guten Konditionen schließlich eine Zusage erteilte, haben wir noch vor dem Unterschrifts­termin bei unseren Chefs vorgesprochen. Mit offenem Visier unsere Pläne vorzustellen, war uns dabei wichtig. Wir haben tolle Teams, in denen wir arbeiten dürfen, und unsere Chefs haben auf die denkbar beste Art und Weise reagiert! Wir danken euch an dieser Stelle ausdrücklich dafür und für vieles mehr!

Zeigen, wer man ist – Poster vor Ort bringen die entstehende Praxis ins Gespräch und wecken Interesse. © Dres. Wassermann

Volle Fahrt voraus …

Die Unterschrift unter den Kreditvertrag zu setzen, hatte etwas von einer Mondlandung: „Eine kleine Unterschrift für einen Menschen …“, aber Spaß beiseite: Das war eine große Nummer und wir haben mehr als eine Nacht nicht geschlafen. Dazu kam dann noch das Gespräch beim Notar für die Eintragung der Grundschuld für den Fall der Fälle. Danach ging vieles schnell und unser gedankliches Konzept nahm endlich Formen an: Gemeinsam mit unserer Marketingagentur wurden Logo und CI entwickelt und eine erste Webvisitenkarte erstellt. Parallel dazu gossen die Architekten unsere etwas laienhaften Zeichnungen in ein passendes Gebäudekonzept und setzten dabei unsere Ideen und Vorstellungen großartig um. Es sieht nun einen eingeschossigen, barrierefreien Bau auf unserem wirklich großen Grundstück vor, es gibt genügend Platz für Parkplätze für Autos und Fahrräder, wir erzeugen selber Strom, Gründächer und Obstbaumwiese betten die Praxis harmonisch in die Landschaft ein, es gibt Ter­rassen für die Patienten und das Team, alle Behandlungsein­heiten öffnen sich großzügig ins Grüne … So haben wir uns das vorgestellt! Das Unternehmenslogo zu sehen, auf der eige­nen Homepage zu surfen oder die ersten Renderings der Architekten zu sehen, das Gefühl lässt sich kaum ­beschreiben!

Regelmäßige Updates zum Bauvorgang in Ebergötzen gibt es hier: www.instagram.com/zahnzentrum.anderaue/

Dieser Beitrag ist im ZWP Spezial erschienen.

Autoren: Dr. Alexandra Wassmann und Dr. Torsten Wassmann

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