Branchenmeldungen 17.07.2023
Zahnarztpraxis gründen – Checkliste für Existenzgründer
Direkt nach dem Studium die eigene Praxis aufmachen – klingt nach einem Traum vieler Zahnärzte. Und wird es erstmal bleiben. Viele Absolventen der Zahnheilkunde entscheiden sich für eine Fachzahnarzt-Ausbildung, die mehrere Jahre in Anspruch nimmt.
Es sprechen aber auch praktische Aspekte dagegen, es mit der eigenen Praxis – die Übernahme der elterlichen Praxis mal abgesehen – nicht zu schnell zu haben. Die Entscheidung ist ein finanzielles Risiko. Aus diesem Grund muss sie nicht nur abgewogen werden. Eine eigene Zahnarztpraxis ist auch die Entscheidung für einen bestimmten Standort – und muss deshalb zu 100% stimmen. Was steht noch alles auf der Checkliste für die eigene Praxis als Zahnarzt?
Der richtige Standort
Zahnarztpraxen laufen nicht von allein, ohne Patienten wird sich kaum ein tragfähiges Konzept entwickeln. Wer sich als Zahnarzt mit seiner eigenen Praxis selbständig machen will, braucht für die Standortwahl den richtigen Riecher. Hier hilft keine Bauchentscheidung, nur harte Fakten spielen eine Rolle.
- Zielgruppe: Hierauf sollte auch das Behandlungskonzept zugeschnitten werden
Gibt es überhaupt die richtigen Patienten. Demografische Merkmale spielen eine große Rolle, wie Alter, Einkommen, Bildungsniveau und Gesundheitsbedürfnisse. Menschen mit höheren Einkommen tun oft sehr viel mehr für ihre Gesundheit – auch der Zähne.
- Konkurrenzanalyse: Wie viele Zahnärzte gibt es sonst noch im Umfeld?
Es ist selten der Fall, wirklich der erste Zahnarzt im Ort zu sein. Welche Zahnarztpraxen in den verschiedenen Spezialdisziplinen bestehen, beeinflusst die Entscheidung für den Standort. Um es mit einer neuen Praxis nicht zu schwer zu haben, darf die Konkurrenz nicht zu groß sein.
- Erreichbarkeit: Ein nicht zu unterschätzender Faktor
Wie gut Patienten eine Praxis erreichen, entscheidet immer mit, ob das Angebot auch angenommen wird. Parkmöglichkeiten, die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuß – ein wichtiger Faktor für die Praxisgründung.
- Ausstattung der Praxis: Welches Equipment benötige ich?
Sind ein Strom- und Wasseranschluss sowie gängige Kommunikationsdienste verfügbar? Die zweite Frage betrifft den Platz in den Praxisräumen, die wegen der technischen Geräte auf keinen Fall zu knapp bemessen sein dürfen.
- Miet- oder Kaufkosten: Was passt ins Budget?
Die Standortwahl hat auch eine finanzielle Komponente. Nicht jede A-Lage lässt sich finanzieren. Wie diese ins Budget passen und sich langfristig entwickeln, muss an dieser Stelle eine Rolle spielen.
- Zahn-Dienstleistungen: Welche Synergieeffekte lassen sich nutzen?
Das Zahnlabor und die Apotheke in direkter Nachbarschaft sind extrem wichtige Einflussfaktoren. Der Aufbau eines Netzwerks und gute Zusammenarbeit entwickeln schnell Vorteile und bieten Synergie-Effekte.
Wie entwickeln sich Makro- und Mikrolage in Zukunft? Diese Frage muss sich jeder Unternehmer stellen, der auf „Laufkundschaft“ angewiesen ist. Entwicklungspotenziale der Umgebung wie Bevölkerungswachstum, Stadtentwicklungspläne und geplante Infrastrukturprojekte spielen in der Standortwahl eine Rolle.
Das Behandlungskonzept als Nische
Wer das Telefonbuch aufschlägt, findet schon in größeren Gemeinden einen Zahnarzt. In Städten gibt schnell hunderte Praxen. Allein Dresden als Landeshauptstadt Sachsens verzeichnete 2021 gut 635 niedergelassene Zahnmediziner (ohne Unterscheidung nach Fachrichtungen). Im gesamten Bundesland sind es laut Statistikbehörde mehr 3.800 Zahnmediziner.
Heißt: Gerade in den Ballungszentren sind Nischen gefragt. Das eigene Behandlungskonzept entscheidet bei Erfolg bzw. Misserfolg mit. Es geht einerseits um die Frage nach der konkreten Fachrichtung (etwa im Hinblick auf die Kieferheilkunde) als auch konkrete Spezialbehandlungen.
- Angstpatienten: Es gibt verschiedene Zahlen zum Thema Zahnarztangst. Je nach Befragung liegen die Antworten zwischen 20 Prozent bis 50 Prozent, wenn es um ein ungutes Gefühl beim Zahnarzt geht. Eine ausgewachsene Phobie haben wahrscheinlich bis zu 10 Prozent der Bevölkerung. Mit einer Spezialisierung auf diese Nische kann eine sehr erfolgreiche Gründung einhergehen.
- Kinderzahnarzt: Anders als in der Humanmedizin gibt es keinen spezialisierten Kinderzahnarzt. Um sich auf die Behandlung kleiner Patienten zu spezialisieren, braucht es Einfühlungsvermögen, eine sehr ruhige Art und Geduld. Viele Eltern sind dankbare und treue Patienten – die sich oft auch selbst behandeln lassen.
- Hypnose/Lachgas: Inzwischen gibt es – um Patienten die Behandlung so angenehm wie möglich zu machen – verschiedene Ansätze. Einer basiert auf dem Einsatz von Hypnose, andere Zahnärzte setzen auf Lachgas. Beides hebt die eigene Praxis aus der Masse heraus.
- Anästhesie: Gerade in der Behandlung diagnostisch schwieriger Patienten oder von Menschen mit einer sehr starken Angststörung gibt es nur noch einen Weg: Vollnarkose. Diese Form der Behandlung wird von jedem Zahnarzt übernommen. Eine Spezialisierung kann daher durchaus sinnvoll sein.
Es gibt einige besondere Behandlungskonzepte, welche der eigenen Praxis auf die Sprünge helfen. Wichtig ist, beim Know-how und der Expertise immer auf dem Laufenden zu bleiben. Eine Kooperation mit Hochschulen zahlt sich an dieser Stelle schnell aus.
Persönliche Absicherung
Auch Zahnärzte müssen sich mit der Fragen nach einer grundlegenden Absicherung und Vorsorge beschäftigen. An dieser Stelle geht es um drei wichtige Bereiche:
- Krankheitskosten
- Berufsunfähigkeit
- Altersabsicherung
Für die Krankheitskosten steht die Krankversicherung ein. Hier ist eine Mitgliedschaft nach dem VVG-Pflicht. Denkbar ist die Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse oder über private Vollversicherungen.
Letztere hat den Vorteil eines sehr frei gestaltbaren Leistungsumfangs. Kostenbewusste Zahnärzte haben trotzdem einen gewissen Einfluss auf den Beitrag – etwa mit Selbstbehalten und Beitragsrückerstattungen. Aber: Jedem Zahnarzt muss die Beitragsstruktur der privaten Tarife klar sein. Es besteht eine Gefahr deutlicher Steigerungen, wenn beispielsweise die vorausberechneten Rückstellungen nicht mehr erzielt werden. Die Private Krankenversicherung und ihre Kosten sollten also vorher genau unter die Lupe genommen werden.
Die Erwerbsfähigkeit wird mit einer BU-Versicherung finanziell geschützt. Kann ein Zahnarzt nicht mehr praktizieren, springt die BU-Versicherung mit einer Rentenzahlung ein. Wichtig: Risikoeinstufung und Alter haben großen Einfluss auf den Beitrag.
Die Altersvorsorge basiert auf zwei Säulen: Einer Absicherung im Rahmen der Versorgungswerke und auf dem privaten Aspekt der Altersvorsorge. Letztere kann unterschiedliche aufgebaut werden, sollte Risiken – etwa aus dem Besitz von Aktien – mit sicheren Sparanlagen und Immobilien mischen.
Finanzkonzept für die Praxis
Die eigene Praxis kostet Geld – meist nicht zu knapp. Wer sich dafür entscheidet, eine bestehende Praxis auszulösen, braucht schnell richtig viel Geld, es sind sechsstellige Summen im Spiel Aber auch eine neue Praxis muss mit modernem Gerät und teurem Equipment eingerichtet werden. Allein für eine Behandlungseinheit sind schnell 45.000 Euro bis 50.000 Euro ausgegeben.
Eigene Ersparnisse sind bei dieser Größenordnung schnell erschöpft. Förderungen und Gründerdarlehen lassen sich aus unterschiedlichen Quellen akquirieren. Ohne Geschäftsplan und saubere eigene Finanzen geht’s hier aber nicht.
Parallel kann auch an private Kapitalgeber oder Crowdfunding nachgedacht werden. Statt überall ins Blaue die Angel auszuwerfen, ist an diesem Punkt eine professionelle Beratung sicher die beste Lösung.
Ausstattung
Eine leere Praxis verdient kein Geld. Jede Gründung braucht eine Ausstattung. Bei Übernahme einer Praxis wird diese in der Regel abgelöst – und ist ein Kern der Übernahmesumme. Natürlich kann es nötig sein, in die Jahre gekommene Ausstattung zu ersetzen.
Richtig teuer wird es dagegen bei einer kompletten Neueinrichtung der Praxis. Hier werden neben den Behandlungseinheiten auch die Einrichtung von Anmeldebereich und Wartezimmer sowie die sanitären Einrichtungen gebraucht. Jeder Zahnarzt und jede Zahnärztin, die ihre eigene Praxis aufmachen will, muss diesen Punkt auf seiner Liste stehen haben. Und sollte bedenken, dass es immer auf die angebotenen Behandlungen ankommt.
Und dafür ist wahrscheinlich auch ein riesiger Anteil der Kosten in der Startphase verplant. Aber: Jeder angehende Praxisinhaber muss auch die laufenden Kosten auf dem Radar haben – für Gehälter, Strom und Miete. Posten, die sich schnell summieren.
Fazit: Bei der Praxisgründung auf Details achten
Als Zahnarzt mit der eigenen Praxis starten – klingt ein wenig nach der Lizenz zum Geld drucken. Ist aber ganz sicher nicht so einfach. Wer sich als Zahnmediziner niederlassen will, muss sehr viele Punkte berücksichtigen. Dazu gehören Standortwahl und Einrichtung der Praxis genauso wie das Thema der Finanzierung oder welche Behandlungen angeboten werden. Unterm Strich kommt eine lange Liste heraus, die Schritt für Schritt abgearbeitet wird – und bei der es auch auf Details ankommt.