Branchenmeldungen 15.12.2021
Was macht gute Dentalfotografie aus? Vor allem Übung
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Katrin Zeidler aus Überlingen am Bodensee ist passionierte Fotografin. Ob Porträts, Landschaften, Konzerte, Essen: Sie weiß, wie man etwas von der besten Seite zeigt. Ebendies wird auch im zahnmedizinischen Alltag besonders wichtig – nämlich sobald Zahnarztpraxis und Dentallabor gemeinsam Versorgung nach Patientenwunsch herstellen wollen. Aus diesem Grund hat sich Frau Zeidler u. a. mit Zahnärztin Dr. Ha Vy Hoang-Do aus Tuningen und ZFA Stephanie Günther aus Watterdingen zusammengetan. Gemeinsam reisen sie regelmäßig zu Zahnarztpraxen und Dentallaboren, um den Teams vor Ort in Hands-on-Workshops die Dentalfotografie näherzubringen. Dabei stellen alle drei klar: Es geht nicht (nur) um gutes Equipment – es geht vor allem darum, was man daraus macht.
Frau Dr. Hoang-Do, wie hilft die Dentalfotografie der Verständigung zwischen Patient, Zahnarzt und Zahntechniker?
Dr. Hoang-Do: Die Dentalfotografie ist ein Tool, um die Kommunikation zwischen Zahnärzt*in, Patient*in und Zahntechniker*in zu bestärken. Das gesagte Wort gewinnt besser an Vorstellungskraft, wenn man es bildhaft darstellt. Nicht umsonst sagt man „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“. Wenn man dem Patienten beispielsweise verschiedene Zahnersatzmöglichkeiten aufzeigen möchte, ist es hilfreich, von seinem eigenen Portfolio Bilder aufzuzeigen, die als Behandlungsmöglichkeit infrage kommen. So kann der Patient sich besser vorstellen, was er für sich am besten abwägen kann.
Gleichzeitig sieht der Patient, wie die Arbeiten des Zahnarztes bzw. Zahntechnikers aussehen. Das hat dann wiederum einen Marketing-Effekt. Nach Beendigung einer erfolgreich abgeschlossenen Arbeit wirkt ein Vorher-Nachher-Foto direkt nebeneinander gedruckt beeindruckend auf den Patienten. Denn oftmals haben sie ziemlich gleich nach Eingliederung der definitiven Arbeit vergessen, wie ihr Ausgangsbefund war, und sehen den Wert der Veränderung erst im direkten Vergleich. Entweder zeigen Patienten diese Bilder im Familien- oder Freundeskreis oder können mit großer Überzeugung die Zahnarztpraxis weiterempfehlen. Mundpropaganda ist allerdings nicht mehr das einzige Mittel einer Weiterempfehlung.
Welchen Stellenwert kann Dentalfotografie also im Beruf einnehmen?
Dr. Hoang-Do: In Zeiten von Social Media gewinnt Dentalfotografie einen besonders hohen Stellenwert. Gerade in der Coronazeit verbrachten und verbringen immer noch viele Menschen ihre Zeit im Netz. Bilder, die dort veröffentlicht werden, sind Vorbilder in den Köpfen unserer Patienten. Als ich merkte, dass die ästhetischen Vorstellungen einer Patientin und mir auseinandergingen, gab sie mir ein Instagram-Foto eines Lächelns. Da wusste ich, dass ich ohne dieses Foto ihre Veneers ganz anders gestaltet und ihre Erwartungen nicht erfüllt hätte. Dieses eine Foto war dann für meine Zahntechnikerin äußerst wichtig, denn mit ihrer Meisterleistung stand oder fiel der Erfolg der Arbeit. Dank des Fotos konnten wir der Erwartung der Patientin gerecht werden.
Dentalfotografie geschmeidig in den Arbeitsalltag integrieren – aber wie?
Es gibt strukturierte Abläufe, die sich bewährt haben. Hier ein möglicher:
- Das Equipment immer am selben Ort im Schrank aufbewahren.
- Tägliche Kontrolle der Akkuladestände (mittels Liste), ggf. Nachladung durch beauftragte Person.
- Verantwortliche Person für die Sortierung der Bilder sowie die Archivierung über eine Programmsoftware definieren.
- Kommt ein Patient, werden zuerst Fotos gemacht (Porträts und orale Aufnahmen).
- Nach der Präparation eventuell noch einmal Fotos anfertigen. Der Grund: Oft sind die Stümpfe stark verfärbt – es kann fatal sein, wenn vollkeramische Versorgungen am Ende platzen, weil sie zu dunkel sind.
- Nach definitiver Versorgung Endergebnis in Fotos festhalten.
- Nicht vergessen: Für Veröffentlichungen immer Einverständnis von den Patienten einholen!
Empfohlene Einstellungen der digitalen Spiegelreflexkamera:
Porträtaufnahmen: Programmautomatik und Autofokus
Orale Aufnahmen:
- Brennweite: 200–250 mm
- Blende: f 29–32
- Lichtempfindlichkeit: ISO 100
- Weißabgleich: manuell.
- Tipp: Mit Styroporplatte festlegen!
- Autofokus: aus
- Blitzeinstellung: manuell mit Lateral- oder Ringblitz. Diesen solange einstellen, bis optimale Belichtung erreicht ist.
Schlussendlich dienen dentale Fotos aber auch zur Dokumentation. Gerade bei irreversiblen Veränderungen im Mundraum eines Patienten sind Fotos aus forensischer Sicht nicht mehr wegzudenken. Deshalb ist es wichtig, dass das Fotografieren von mehreren Kräften beherrscht wird, sei es wegen einer Zahnfarbbestimmung, Festhalten von Zuständen nach Traumata oder Kontrollen von pathologischen Schleimhautbefunden. Für das Fachpersonal lockert das Fotografieren den Alltag etwas auf und manch einer entdeckt seine schlummernden Talente in der Fotografie.
Frau Zeidler, was unterscheidet nun eine Dentalfotografie von anderen Aufnahmen genau? Was macht sie aus?
Frau Zeidler: Eine Dentalfotografie ist gut, wenn sowohl Schärfe und Farbe als auch die Perspektiven stimmig sind. Dazu zählen nicht nur orale Nahaufnahmen, sondern auch Porträts der Patienten, um die mediale Mitte, die Zahnachse, die sagittale und die transversale Ebene zu ermitteln.
Um eine gute Dentalaufnahme zu erzeugen, benötigt es erst einmal gutes Equipment, sprich Kamera und Blitz. Damit sind dann vor allem die richtige Handhabung und Haltung der Kamera, die Einstellung – Blende, Verschlusszeiten, ISO, Optimierung mit externem Ring- oder Lateralblitz – elementar. Zum Beispiel kann ein Zahntechniker mit einem falschen Weißabgleich die Zahnfarbe nicht korrekt definieren. Vielen Praxen fällt das in Fällen, in welchen Versorgungen hergestellt werden müssen, auf die Füße. Ein großes Problem, das zudem oft in unseren Kursen hervorsticht: Viele können die Schärfe nicht durch den Sucher erkennen. Das üben wir deshalb gezielt, bevor es zu den praktischen Übungen am Patientenstuhl geht. Wir motivieren die Teilnehmenden aber nicht mit technischem Know-how rund um eine neue Kamera. Wir trainieren, das vorhandene Equipment so einzusetzen, dass es für die Dentalfotografie geeignet ist. Die Teams, die uns für einen Kurs buchen, haben oft eine Kamera, jedoch häufig wenig Verständnis für deren Einstellung und Anwendung.
Frau Günther, worauf sollten Laien besonders achten? Wie lassen sich typische Fehler vermeiden?
Frau Günther: Personen, die noch nicht so geübt im Umgang mit Kamera und Zubehör sind, sollten vor allem auf die richtige Lagerung und den richtigen Umgang mit Abhalter und Spiegeln achten. Wenn man mit seinem Material nicht richtig umgehen kann, wird es für den Patienten unangenehm. Vor dem Fotografieren ist es deshalb gut, sich mit dem Equipment auseinanderzusetzen und ggf. im Team aneinander zu üben, bevor man dies am Patienten macht. Dadurch werden die Handgriffe schneller und besser – dies wiederum sorgt für Sicherheit bei den Patienten.
Gerade die Lagerung der Patienten, das richtige Abhalten und das Positionieren der Spiegel bedarf etwas Übung. Gerade bei der Lagerung machen es sich die meisten schwer. Dann wird das Fotografieren anstrengend, weil man sich selbst in einer unbequemen Position halten muss, um ein gutes Bild zu bekommen.
Diese Fehler lassen sich mit etwas Übung leicht beheben. Mir fällt immer wieder auf, dass die Kursteilnehmenden auch Berührungsängste haben. Sie möchten den Patienten beim Fotografieren keine Schmerzen zufügen. Daher ist die Übung untereinander ein gutes Hilfsmittel – so weiß man selbst, wie es sich anfühlt, wenn Abhalter und Spiegel im Mund sind und was ggf. auch schmerzen kann. Am Ende macht die Übung die Meister.
Vielen Dank für den Einblick!
Dieser Beitrag ist in der aktuellen Zahntechnik Wirtschaft Labor erschienen.