Wissenschaft und Forschung 27.08.2013
Krebshemmendes Molekül wirkt zielgenau
Wie gelangt ein Krebsmedikament an die
richtige Stelle im Körper, wo es die gewünschte Wirkung entfalten
kann? Diesem Ziel sind Forscher vom Institut für Chemie der
Universität Zürich näher gekommen. Sie haben erstmals zeigen
können, dass ein zylinderförmiger, krebshemmender Metallkomplex
eine bestimmte Stelle der Ribonukleinsäure erkennt.
Bei der Erforschung neuer Medikamente
ist neben der Wirksamkeit vor allem auch wichtig, dass die
Medikamente im Körper überhaupt an den Wirkungsort gelangen. Denn
Medikamente, die die Wirkung direkt am Krankheitsherd entfalten,
können niedriger dosiert werden und haben dadurch oft weniger
Nebenwirkungen. Prof. Eva Freisinger, Prof. Roland Sigel und ihre
Mitarbeiter vom Institut für Chemie haben gemeinsam mit Forschern
der Universität Birmingham erstmalig zeigen können, dass ein
synthetisches, zylinderförmiges Molekül sehr spezifisch eine ganz
bestimmte Stelle der Ribonukleinsäure (RNS) erkennt.
«Die RNS ist der Schlüssel zu
unzähligen Prozessen in der lebenden Zelle», erklärt Prof. Roland
Sigel. Eine wesentliche Funktion der RNS in der Zelle ist die
Umsetzung von genetischer Information in Proteine. Dies macht sie zu
einem interessanten Ziel von medikamentösen Wirkstoffen. Eine
charakteristische Struktur von RNS-Molekülen ist die sogenannte
3-Wege- oder Y-Gabelung. «Wir konnten zeigen, dass dieses
zylinderförmige Molekül perfekt in solch eine 3-Wege-Gabelung passt
und diese dadurch stabilisiert», so Prof. Eva Freisinger. Somit
konnte erstmals bewiesen werden, dass eine häufige RNS-Struktur,
nämlich die 3-Wege-Gabelung, als Ziel für die Erkennung eines
konstruierten Metallkomplexes dienen kann.
Diese struktur-basierte Erkennung
bietet grosses Potenzial, denn dieser zylinderförmige Metallkomplex
besitzt möglicherweise krebshemmende Eigenschaften. Er reduziert die
Aktivität der Mitochondrien, der sogenannten Kraftwerke der Zellen,
hemmt dadurch den Zellzyklus und erhöht die Absterberate der Zellen,
ohne dabei das Erbgut zu schädigen. Die Verwendung solcher
Verbindungen, die die RNS beeinflussen können, eröffnen auch grosse
Möglichkeiten in der Therapie weiterer Krankheiten. So ist es zum
Beispiel dringlich erforderlich, bei Autoimmunerkrankungen oder auch
bei Wirkstoffresistenzen neue Angriffspunkte für Wirkstoffe zu
finden.
Literatur:
Siriporn Phongtongpasuk, Susann Paulus,
Joachim Schnabl, Roland K. O. Sigel, Bernhard Spingler, Michael J.
Hannon, and Eva Freisinger. Binding of a Designed Anti-cancer Drug to
the Central Cavity of anRNA Three-Way Junction. Angewandte Chemie,
Int. Ed. 2013. Doi:10.1002/anie.201305079
Quelle: Universität Zürich