Wissenschaft und Forschung 07.10.2024
Zahnschmelz und Gesundheit: Sind Immunproteine der Schlüssel?
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In einer kürzlich im Journal of Archaeological Science veröffentlichten Studie der University of Alaska Fairbanks stellten Forscher eine neue Methode zur Analyse zweier Immunproteine im Zahnschmelz vor.
Bei diesen Proteinen handelt es sich um Immunglobulin, einen Antikörper, der Infektionen bekämpft, und um das C-reaktive Protein, das bei Entzündungen im Körper vorkommt. Bei den Untersuchungen wurden drei Personengruppen miteinander verglichen, um Rückschlüsse auf die (Zahn-)Gesundheit und mögliche Krankheiten in der Vergangenheit zu ziehen. Dies ist möglich, weil sich der Zahnschmelz in verschiedenen Entwicklungsphasen bildet und so die gesundheitliche Entwicklung eines Menschen über lange Zeiträume verfolgt werden kann.
Drei verschiedene Personengruppen geben Aufschluss
Die Studie, geleitet von Assistenzprofessorin Tammy Buonasera, analysierte gespendete Weisheitszähne von heutigen Militärkadetten sowie von europäischen Siedlern aus dem 19. Jahrhundert und von indigenen Menschen des späten 18. Jahrhunderts, deren Skelettreste gefunden wurden.
Die Untersuchungen der Studie ergaben unter Berücksichtigung der damaligen Lebensumstände, dass die indigene Personengruppe unter extremem Stress und vielen Infektionskrankheiten litt. Dies spiegelte sich in besonders hohen Konzentrationen der beiden Immunproteine im untersuchten Zahnschmelz wider, da die Werte deutlich höher als bei den beiden Vergleichsgruppen lagen, die insgesamt weniger Stress und Krankheitserfahrungen hatten. So wurde das C-reaktive Protein bei 55 Prozent der indigenen Personen nachgewiesen, während es nur bei 17 Prozent der europäischen Siedler nachweisbar war. In den Zahnschmelzproben der Militärkadetten wurde das Protein hingegen gar nicht gefunden. Besonders auffällig waren zwei indigene Personen mit Zahnhypoplasien, die die höchsten Werte der Immunproteine aufwiesen. Bei einer dieser Personen wurden zudem Anzeichen einer chronischen Tuberkuloseinfektion festgestellt. Diese Ergebnisse bestätigen die Annahme der Forscher, dass höhere Werte der Proteine mit chronischen Erkrankungen und emotionalem Stress assoziiert sind.
Die Studie legt nahe, dass Immunproteine im Zahnschmelz wertvolle Informationen über das Immunsystem und gesundheitliche Belastungen in der Vergangenheit liefern können. Zähne entwickeln sich, beginnend im Mutterleib, bis in das frühe Erwachsenenalter und können somit konkrete Einblicke in die Gesundheitszustände aufzeigen. Anders verhält es sich mit Knochen, die keine sichtbaren Spuren von Krankheiten nachweislich speichern. Insbesondere der langsamere Abbau von Zahnschmelz, im Vergleich zu anderen Körpergeweben, ermöglicht es Wissenschaftlern, jahrtausendalte Zähne zu analysieren, um daraus zu lernen.
„Ohne die Dinge zu sehr zu übertreiben, könnte die Untersuchung von Stress und Immunreaktionen früherer Populationen Anhaltspunkte für einen Vergleich mit modernen Lebensstilen liefern, was besonders wertvoll sein kann, da man über eine so lange Zeitspanne verfügt“, sagt Tammy Buonasera abschließend.
Diese Untersuchung ist die erste ihrer Art, die Immunproteine in archäologischem Zahnschmelz analysiert, und hebt das Potenzial hervor, individuelle Krankheitsgeschichten über lange Zeiträume hinweg zu rekonstruieren.
Quelle: ScienceDaily