Abrechnung 05.08.2014

Die Zufälligkeitsprüfung



Die Zufälligkeitsprüfung

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Das Jahr 2014 scheint das Jahr der Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu sein. Es vergeht keine Woche, ohne dass mich Hilferufe von Praxen erreichen, die „Einladungen“ erhalten haben und aufgefordert sind, zwischen 30 und 400 Karteikarten einzureichen.

Der Aufwand, 400 Karteikarten über mehrere Quartale hinweg zu prüfen und für eine Einreichung aufzubereiten, ist enorm, und ich werde immer wieder gefragt: „Kann ich mir nicht die ganze Arbeit sparen – nichts einreichen – und auf einen Vergleich hinarbeiten?“ Die Antwort ist leider ein klares NEIN, denn eine solche Einladung kommt nicht „umsonst“, sondern weil die eingereichten Abrechnungen auf systematische Abrechnungsfehler und Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot durchleuchtet werden sollen. Befasst sich der Zahnarzt nicht mit den inhaltlichen Problemen seiner Abrechnung, so wird er dieselben Fehler perpetuieren und folglich ein Dauergast der Prüfkommission sein, die immer wieder wegen der gleichen „Vergehen“ Honorarkürzungen vornimmt. So heißt es im Kürzungsbescheid eines Zahnarztes, der seine zweite Kürzung um ca. 13.000 EUR hinnehmen musste: „Regelmäßig wurde die BEMA-Pos. 105/Mu in derselben Sitzung neben der BEMA-Pos. 107/Zst in Ansatz gebracht. Aus Ihrer Dokumentation ging nicht hervor, dass es sich um eine von der Zahnsteinentfernung unabhängige Mundschleimhautbehandlung gehandelt hat. Die BEMA-Nr. 105/Mu beinhaltet eine lokale medikamentöse Behandlung von Schleimhaut, Aufbringung von auf der Mundschleimhaut haftenden Medikamenten oder Behandlung von Prothesendruckstellen, je Sitzung. Im Anschluss an eine Zahnsteinentfernung ist eine einmalige Mundschleimhautbehandlung nicht wirtschaftlich, da die Beseitigung des Zahnsteins als Reizfaktor eine Gingivitis simplex spontan zur Ausheilung bringen kann.“

Das bedeutet nun nicht, dass Mu und Zst niemals zusammen abgerechnet werden dürfen, sondern dass dokumentiert werden muss, dass es sich um eine von der Zahnsteinentfernung unabhängige Mundschleimhautbehandlung bei einer Mundschleimhauterkrankung gehandelt hat. Wichtig ist also die Dokumentation der Indikation, und wer nur ein BEMA-Kürzel in die Kartei einträgt, hat im Sinne des Wortes „schlechte Karten“. In einem anderen Fall betrug die Kürzung fast 12.000 EUR – allerdings wurde ich erst hinzugezogen, als es zu spät war, der Zahnarzt seine patientenbezogene Stellungnahme zu den Behandlungsabläufen bei ca. 120 Karteikarten bereits selbst erstellt hatte und die Entscheidung der Prüfstelle nun vorlag. Ich zitiere aus dem Prüfbescheid: „Die Leistungen BEMA 10, 105, 106 werden zum Teil durch eine Prophylaxeangestellte im Rahmen einer professionellen Zahnreinigung durchgeführt. Bis auf wenige Ausnahmen erfolgt in der Kontrollsitzung durch die Angestellte die Behandlung größerer Bereiche der Gingiva mit Chlorhexidingel oder Dontisolon, was dann als Mu (105) abgerechnet wird. Gleichzeitig wird an einem Zahn immer eine sK (106), sogar bei Jugendlichen und an angeblich scharfen Fissuren, abgerechnet. Dieser Maßnahme folgt regelmäßig eine Fluoridierung, die als üZ (10) abgerechnet wird. Prophylaktische Fluoridierungen zum Zwecke der Schmelzhärtung sind nicht nach der Gebührennummer 10 abrechnungsfähig, da es sich hierbei um eine vorsorgliche Maßnahme und nicht um eine therapeutische Maßnahme zur Behandlung einer Überempfindlichkeit handelt. Eine bestehende Gingivitis heilt nach einer professionellen Zahnreinigung ohne weitere medikamentöse Maßnahmen ab. Ein generelles Touchieren mit CHX-Gel ist daher nicht notwendig. Eine Mu (105) bezieht sich in der großen Mehrzahl der Fälle auf lokale Krankheitsprozesse der Schleimhaut, die ohne medikamentöse Behandlung nur schlecht oder langsam heilen würden ...“

Wichtig ist auch, zu wissen, dass die Kürzungen aus der Stichprobe auf die Gesamtzahl der behandelten Versicherten hochgerechnet werden. So wurde im obigen Fall ein konkret festgestellter „unwirtschaftlicher Aufwand“ von ca. 3.000 EUR auf ca. 15.000 EUR hochgerechnet, was nach Abzug eines Sicherheitsabschlags den erwähnten Kürzungsbetrag ergab.

Dies zeigt, wie wichtig eine ernsthafte Beschäftigung mit den einzureichenden Karteikarten und die Stellungnahme zu den Behandlungsabläufen ist. Nach einem solchen Schlag ins Kontor wird dem Zahnarzt auch klar, dass ER SELBST für die korrekte Dokumentation und Abrechnung verantwortlich ist und nicht seine Angestellten. Ich werde von meinen Seminarteilnehmern immer wieder ausgelacht, wenn ich darauf hinweise, dass der Zahnarzt seine Karteieintragungen persönlich vornehmen sollte, aber – wer zuletzt lacht, lacht am besten – nicht wahr? Und ich freue mich schon auf die nächste Wirtschaftlichkeitsprüfungsberatung, wo ich dem Klienten in Sanftmut den Kopf waschen und ihm vermitteln kann, dass es mit dem Aufschreiben von BEMA-Kürzeln und ein paar Materialien nicht getan ist.

Dabei ist es doch so einfach, wenn man sich bei jedem Karteieintrag an ein paar simple Regeln hält:

  • 1. Diagnose, Vorgehensweise, Behandlung aufschreiben (z.B. Aphthe Regio 48, Dontisolon appl.).
  • 2. Dokumentation der Gebühr mit Angabe von Zähnen auch da, wo dies nicht vom BEMA gefordert wird (z.B. 48 Mu).
  • 3. Dokumentation der Patientenaufklärungen: Diagnoseaufklärung, Behandlungsaufklärung, Sicherungsaufklärung ...

Hat der betroffene „Kassenzahnarzt“ dann verstanden, dass er das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten hat und nicht alles in den BEMA „stopfen“, sondern der Kasse nur das berechnen darf, was notwendig ist und sich mit den Richtlinien und Bestimmungen des BEMA deckt – dann kann er getrost der Prüfung entgegensehen – wie eine meiner Klientinnen, die letzte Woche mit einer Kürzung von 300 EUR aus der Prüfung ging.

Weitere Informationen zu Praxisberatungen, insbesondere auch zu einer automatisierten Patientenaufklärung, findet man im Internet unter www.synadoc.ch

Wirtschaftlichkeitsprüfung – Reichweite von Dokumentationsmängeln
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