Finanzen 04.12.2013
Die Wahrheit ist manchmal schmerzhaft
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Wer sich die Wertentwicklung von offenen Immobilienfonds ansieht, dem fällt auf, dass es zwei Gruppen von Immobilienfonds gibt. Die eine Gruppe zeigt einen stetigen Wertzwuachs über alle Finanzkrisen hinweg. Die zweite Gruppe zeigt den gleichen Wertzuwachs bis 2009 und dann dreht sich die Kurve plötzlich nach unten und fällt zum Teil rapide ins Minus.
Die Fonds, bei denen die positive Performance in 2009 abriss, haben eines gemeinsam: Sie wurden geschlossen und werden liquidiert. Das heißt, der Immobilienbestand wird verkauft und die Anleger können die Fondsanteile nicht mehr an die Gesellschaft zurückgeben. Die Fonds, bei denen die Kurve stetig nach oben zeigt, sind weiter „offen“.
Anleger könnten jetzt zu dem Schluss kommen, dass die Fonds mit fallendem Kursverlauf die schlechten sind und bei denen es deshalb auch nicht verwunderlich ist, dass sie geschlossen werden mussten. Dem ist wahrscheinlich nicht so. Nach meiner Einschätzung ist es viel eher so, dass die Anteilseigner der geschlossenen „offenen“ Immobilienfonds gerade mit der Realität des (Gewerbe-)Immobilienmarktes konfrontiert werden, während die anderen sich noch der Illusion hingeben, sie hätten in eine werthaltige, risikoarme und sichere Anlage investiert.
Solange die „problematischen“ offenen Immobilienfonds (OI) so wie heute noch die „offenen“ OF mit wenigen Anteilsrückgaben konfrontiert und liquide waren, funktionierte das System OI prima. Die Gutachter bewerteten die Immobilien im Bestand jährlich und auf wundersame Weise kamen sie Jahr für Jahr zum Ergebnis, dass der Wert der Immobilien gleich geblieben oder etwas gestiegen war. Nur in seltenen Ausnahmefällen musste der Wert einer Immobilie geringfügig niedriger angesetzt werden als im Vorjahr. Da die Fonds einen steten Mittelzufluss erlebten, konnten sie die Anteilsrückgaben fast immer aus der liquiden Reserve bedienen und mussten dafür fast nie ein Objekt verkaufen. So erzielten sie unabhängig vom realen Markt jahraus und jahrein einen stetigen Wertzuwachs und die, die nicht gestorben sind, können das Spiel weiter so treiben, weil sie durch die neuen gesetzlichen Regelungen vor allzu plötzlichen und heftigen Anteilsrückgaben geschützt sind.
Die Anleger, die in den geschlossenen OI festsitzen, erleben jetzt, welchen Wertschwankungen Immobilien in Wirklichkeit unterworfen sind und wie schnell sich die Werte mal kurz ändern. Der 28%ige Wertverlust einer Immobilie in „bevorzugter Bürolage“ von Paris in nur zwei Jahren wird dann z.B. wie folgt begründet: „Die Gutachter berücksichtigen im aktuellen Gutachten neben den zuvor genannten Kosten für die Umbau- und Instandhaltungsmaßnahmen auch die im Rahmen einer Anschlussvermietung deutlich geringeren Mieten als marktüblich erzielbar.“
Ich kann jetzt nicht glauben, dass nur die „geschlossenen“ OI Probleme mit „niedrigeren Anschlussmieten“ und „weiterhin angespannter Marktsituation“ am betrachteten „Teilmarkt“ haben. Genauso wenig kann ich glauben, dass nur an den Standorten der Objekte der „geschlossenen“ OI die Wirtschaft weiterhin in einer „tiefen Rezession“ steckt, die Binnennachfrage „stark eingebrochen“ ist und Mieter deshalb insolvent werden oder, um Kosten zu sparen, die angemieteten Büroflächen reduzieren. Ich halte es auch für unwahrscheinlich, dass nur die „geschlossenen“ OI Immobilien an Standorten besitzen, an denen „das Mietniveau allgemein gesunken“ ist.
Nein, ich glaube vielmehr, dass die Gutachter der immer noch „offenen“ OI schlicht und einfach alle diese Faktoren weitgehend außer Acht lassen, weil die Fonds kein Liquiditätsproblem haben und das Fondsmanagement keine Angst haben müssen, mit der Realität des Marktes beim Objektverkauf konfrontiert zu werden. Ein bisschen erinnert mich das an die Containerinvestments, über die ich in der ZWP-Ausgabe 9/2013 geschrieben habe. Wie mir scheint, funktionieren diese auch prima, so lange kein Schock das System schüttelt, zumal die Anbieter bislang in einem weitgehend intransparenten System die Preise der Container und die Mieteinnahmen beliebig „hinrechnen“, bis es für alle Beteiligten passt.
Welche Schlüsse und Lehren habe ich aus der Misere der „geschlossenen“ OI für mich gezogen?
- Auch die jetzt noch offenen OI sind nicht unbedingt eine stabile und werthaltige Sachwertanlage, sondern teilweise „gutachterabhängige“ Papierwerte.
- Die Probleme, die die illiquiden OI jetzt treffen, müssten in gleichem Maße auch die von vornherein „geschlossenen Immobilienfonds“ treffen. Nur merken es die Anleger meist nicht, solange die Miete fließt und das Objekt nicht verkauft wird. Wenn dann aber die Mietverträge auslaufen und plötzlich die Miete sinkt oder gar ein Anschlussmieter fehlt, dann wird der Katzenjammer groß werden. Einen Vorgeschmack auf die Desaster, die hier auf viele Anleger noch zukommen, haben die einstmals hoch gelobten „Holland Fonds“ des Bankauses Wölbern gegeben.
- Auch scheinbar absolut sichere Top-Standorte wie München und Hamburg schützen nicht vor Verlusten, wenn Sie Immobilien verkaufen müssen. Diese Erfahrung haben viele scheidungsgeschädigte Eigenheimbesitzer bereits hinter sich.
- Europaweit herrscht offensichtlich Rezession und der große Boom ist noch ganz weit weg. Ich frage mich, was in diesem Umfeld die Rekordstände der Börsen rechtfertigt und ob so mancher Optimist hier auch bald von der harten Realität eingeholt wird.